Als 1999 der Euro lanciert wurde, sorgte man sich hierzulande um den Schweizer Franken. In der aktuellen europäischen Wirtschaftskrise scheinen sich die alten Ängste zu bestätigen. Zu Recht oder nicht, ist hier die Frage. Eine Antwort von Peter Malama, Nationalrat und Direktor Gewerbeverband Basel-Stadt.
Die Krise der europäischen Gemeinschaftswährung wird auch im Nicht-Euro-Land Schweiz aufmerksam verfolgt. Unternehmen und Private sorgen sich um eine übermässige Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro. Nicht ohne Grund: Der Wert des Frankens zum Euro hat vor Wochenfrist den höchsten Wert seit der Einführung des letzteren erreicht. Und viele Ökonomen gehen davon aus, dass der Eurokurs im Vergleich zum Franken noch weiter fallen wird. Für die Schweizer Exportindustrie und den Tourismus sind das keine guten Nachrichten. Die exportorientierte Wirtschaft hat sich längst auf einen Kurs von Fr. 1.50 eingestellt.
Franken schwächen: Kein Problem
Bisher hat die Schweizerische NationalbankDie Schweizerische Nationalbank (SNB) ist die Zentralbank (o... die eigene Währung zu schwächen versucht, weil sie eine schlimmere Wirtschaftskrise mit DeflationUnter Deflation versteht man in der [[Volkswirtschaftslehre]... – einem über mehrere Quartale sinkenden Preisniveau – verhindern wollte. Noch gilt offiziell die Politik, dass eine übermässige Aufwertung verhindert werden soll. Doch Marktbeobachter meinen zu erkennen, dass sich die NationalbankDie Schweizerische Nationalbank (SNB) ist die Zentralbank (o... nicht mehr so sehr an einer Verteuerung des Frankens stört wie auch schon. Neu rücken Sorgen um eine steigende InflationUnter Inflation (auch Teuerung) versteht man in der [[Volksw... in den Vordergrund; zudem vertraut sie offenbar auf einen genügend starken Aufschwung der Weltwirtschaft, die für die Schweizer Exportwirtschaft wichtiger ist als der Frankenkurs.
Die Debatte wiederholt sich
Trotzdem hat die Eurokrise Ängste neu geweckt, die in der Schweiz schon vor der Einführung des Euro zu Debatten geführt haben. Befürchtet wurde schon damals, dass eine Krise der neuen Währung zu einer dramatischen Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro oder mindestens zu starken Ausschlägen bei den Wechselkursen führen könnte. Damals allerdings verflogen die Sorgen um einen schwachen Euro rasch: Ab 2003 setzte die Gemeinschaftswährung zu einem Höhenflug an, und bald wurde statt der Stärke des Schweizer Frankens dessen ausgeprägte Schwäche debat-tiert, als der Euro zeitweise gegen Fr. 1.70 tendierte. Jetzt wird die Beziehung des Frankens zum Euro wieder von der Angst dominiert, der Schweizer Franken könnte zu teuer werden. Dabei geht gerne vergessen, dass eine starke Währung auch ein Vorteil ist. Die KaufkraftDie Kaufkraft gibt an, wie viel mit einer bestimmten Menge G... des Frankens ist höher, ausländische Güter, Ferien oder Einkäufe im Ausland sind günstiger, das Land wird reicher.
Der Euro: Nur eine Währung von vielen
Der Euroraum ist nach wie vor der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt für Schweizer Produkte. Doch seine Bedeutung nimmt ab. Beim Wachstum überwiegen die aufstrebenden Volkswirtschaften. Blickt man nicht alleine auf das Verhältnis des Frankens zum Euro und bezieht auch andere für die Schweiz wichtige Währungen und die Güterpreise mit ein, erhält man den sogenannten «handelsgewichteten» Wechselkurs. Und so gemessen ist, nach Aussage der Ökonomen der Bank Sarasin, der Franken heute sogar günstiger als 2003.
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Kommentare anzeigen Hide commentsIst der Euro wirklich nur eine Währung von vielen? Ich denke – Nein!
Die zur Staatenkrise ausufernde Finanzkrise erinnert an die Geburtsfehler einer unvollendeten, auf halbem Weg stecken gebliebenen, politischen Union. In einem Wirtschaftsraum von kontinentalem Ausmass entsprang ein gemeinsamer Markt gekoppelt an eine – teilweise – gemeinsame Währung, ohne dass, auf europäischer Ebene die dafür notwendigen Kompetenzen eingerichtet worden wären, mit denen die Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten wirksam koordinierten werden konnten. Es entstand eine Währung, der Euro, ohne Staat.
Und jetzt? Wie lautet eigentlich das Rezept der EU gegen das Euro-Debakel? Mehr Europa, weniger Freiheit und weniger Marktwirtschaft. In einem grossen Interview mit der “Süddeutschen Zeitung” erklärte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass sie “die Märkte” rigoroser regulieren, also an die Leine legen wolle. Was aber sind denn die Märkte? Die Märkte sind wir, die Menschen, die wir jeden Tag persönliche Entscheidungen treffen, was wir kaufen, verkaufen oder sparen wollen. Wer die Märkte beherrschen möchte, will die Leute kontrollieren, staatlichem Zwang aussetzen, ihre Souveränität und Freiheit einengen, ihnen am Ende die Entscheidungsgewalt über ihre finanziellen Mittel wegnehmen, um sie statt dessen selber auszuüben. Die Planwirtschaft führt zwangsläufig in die politische Unfreiheit. Vor 5 Jahren trat Angela Merkel als Kanzlerin einer grossen Koalition in Deutschland an, um “mehr Freiheit zu wagen”, wie sie in ihrer ersten Ansprache verkündete. Den Beweis dafür blieb sie uns schuldig.
Die Krise des Euro entlarvt sich in Wahrheit auch als eine Krise des europäischen Gesellschaftsmodells. Besonders die Babyboom-Generation hat über ihre Verhältnisse gelebt. Die gesättigten Demokratien des Westens und ihr Hang, die Gegenwart auf Kosten der Zukunft auszubeuten, legen ein tiefgreifendes Problem bloss.
In der Euro-Krise entblösst sich das ganze Versagen der europäischen Politik!
Herzlichen Dank für Ihre Reaktion. Ich habe Ihren Kommentar mit Spannung gelesen.
Trotz tausenden von gut entlöhnten Beamten in Brüssel scheint Europa und ihre Währung nicht zu funktionieren. Wo ist die kontrollierte Einhaltung der Maastricht Ktiterien? Sind die Kriterien falsch? Oder werden sie von den Kontrolleuren nicht verstanden? Offenbar kontrolliert die Politik die Kontrolleure und beerdigt damit den Europäischen Traum.
Lieber Herr Malama
Das ist doch etwas sehr allgemein formuliert. Dabei kann ich nicht mal sagen, dass Sie unrecht hätten. Recht allerdings auch nicht. Für viele KMU’s ist es sehr wohl von Bedeutung ob der Euro 1.50 oder 1.35 ist. Global Players oder Grossunternehmen können damit besser umgehen.
Dass der EU-Raum an Bedeutung verliert, stimmt für die KMU’s wiederum nicht.
Die REchnung ist einfach. Sie sind ein Werkzeughersteller (oder egal was), Ihr wichtigster Kunde sitzt in Deutschland, Sie verkaufen Ihre Sendung X für CHF 10’000.– bei einem Kurs von 1.50 = € 6666.66. Bei einem Kurs von 1.35 würde es den deutschen Partner € 7407.–, also 11,2 % mehr kosten. Das wird er kaum verkraften und weiterhin für € 6666.66 einkaufen wollen. Die Differenz geht zu Ihren Lasten und könnte höchstens noch dadurch gelindert werden, wenn Sie Rohmaterialien durch den Kursverlust günstiger einkaufen können. Mit der Bruttomarge allerdings bezahlen Sie die Löhne und zwar in CHF.
Als Gewerbedirektor (den ich übrigens sehr schätze) sprechen Sie nicht den KMU’s aus den Herzen. Den Nestlé’s und Novartis’ dürfte ein €-Kurs von 1.35 keine schlaflosen Nächte bereiten, den anderen allerdings schon.
Auch der Ökonom der Bank Sarasin hat natürlich recht. Es stünde mir auch nicht zu, das in Frage zu stellen. Das ist ebenso allgemein, wie Vieles mit dem man nicht so viel anzufangen weiss.
Es ist ja auch so, dass jede CH-Familie 1,43 Kinder hat (weiss nicht ob die Zahl stimmt). Trotzdem habe ich noch nie eine Familie getroffen, die dem entspricht. Man hat 1 Kind, 2 Kinder oder mehr und entfernt sich damit immer weiter von der Wahrheit, die gar keine ist.
Sehr geehrte Herr Malama,
Wird die Euro-Zone überleben und – wenn ja – wie? Kein Rettungsschirm verhindert, dass sich die Volkswirtschaften in Europa sehr unterschiedlich entwickeln und bei misslichen Fundamentaldaten die Insolvenz droht. Stöbern wir etwas in den Währungsgeschichten, dann fällt es uns wie Schuppen von den Augen, dass, auch in der Vergangenheit, Regierungen den Geldwert immer wieder untergruben, vor allem dann, wenn die Staatsverschuldung aus dem Ruder lief: Das Drucken von neuem Geld war (und ist) politisch verlockender als das Einstellen der Zahlungen. Weil Regierung und Wahlvolk vom Schuldenmachen nicht lassen wollen oder können, wird der Euro dem Entwertungsschicksal kaum entrinnen können. Das muss nicht unbedingt heissen, dass die Währungsunion auseinanderbricht, aber eine Inflationsgemeinschaft wird sich wohl herauskristallisieren.