Sozialabbau auf Zürcher Art

 

Ganze 1,9 Milliarden Franken will der Regierungsrat mit dem SAN10-Paket im Kanton Zürich sparen. Von der bürgerlichen Sparpolitik betroffen sind einmal mehr vor allem tiefe und mittlere Einkommen. Statt den Staatshaushalt mit Steuererhöhungen wieder in Fahrt zu bringen, planen die Bürgerlichen munter weitere Steuergeschenke für Kapitalbesitzer und verschärfen damit den gesellschaftlichen Graben.

 

Nachdem der Sozialabbau in den letzten Monaten eine Reise durch ganz Europa gemacht hat, ist er jetzt in Zürich angekommen. Der Regierungsrat des Kantons Zürichs hat unter dem Namen San10 (Sanierungsprogramm 10) ein Sparpaket zusammengestellt, das 252 Einzelmassnahmen beinhaltet. Insgesamt 1,9 Milliarden Schweizerfranken will der bürgerlich dominierte Regierungsrat damit sparen und damit eine „namhafte Verbesserung des Staatshaushaltes in den Jahren 2011 bis 2014“ bewirken.

„Verbesser​t“ sollen damit vor allem die Bereiche Gesundheit und Bildung. Nachdem den Fachhochschulen schon letztes Jahr das Budget gekürzt wurde, dürfen sie sich mit den Universitäten Sparmassnahmen im Wert von 144 Mio. teilen. Wie und wo gespart werden sollte ist noch ziemlich unklar, sehr beliebt ist aber zurzeit die Forderung nach höheren Studiengebühren für ausländische Studierende. Konkreter wird es dann bei der Gesundheit. Dort will man den rund 400 000 Zürcherinnen und Zürcher, dir ihre Krankenkasse nicht allein zahlen können, die Prämienverbilligungen​ um ganze 20% kürzen. 126 Mio. sollen auf die Weise auf ihre Kosten gespart werden und mit einem neuen Spitalfinanzierungsge​setz (Sparpotenzial: 273 Mio.) ergänzt werden. „Weitere Verbesserungen in der Höhe von 273 Millionen Franken werden durch Lohnmassnahmen bewirkt“, was übersetzt heisst, dass den Staatsangestellten keine zusätzliche Gelder für Lohnerhöhungen zur Verfügung gestellt werden und sie auf 2012 auf einen Teuerungsausgleich verzichten dürfen. Gespart wird des Weiteren auch bei der Aidsprävention, der Einbürgerung und der Bildung im Strafvollzug.

 

Chr​onischer Pessimismus der Finanzdirektion

 

E​ntstanden ist das Sanierungsprogramm mit dem Budget 2010 als man mit einem voraussichtlichen Minus von rund 500 Mio. rechnete. Schlussendlich erwies sich der Wirtschaftsstandort jedoch als „krisenresistent und standhaft“, denn er generierte ein Plus von 200 bis über 300 Mio. Franken. Das Abbaupaket wurde aber daraufhin nicht abgeblasen, sondern lediglich in einigen Punkten angepasst, indem man zum Beispiel die Volksschulen und Gymnasien von den geplanten Massnahmen verschonten.

Die Unterbewertung des Budgets hat bei der Zürcher Finanzdirektion Tradition. Seit Jahren ist sie unfähig brauchbare Planzahlen zu liefern und prognostiziert in regelmässigen Abständen den Absturz der kantonalen Finanzen. Dieses bürgerliche Schreckgespenst dient immer wieder als Rechtfertigung für vorauseilende Sparmassnahmen führt zu Unmut bei linken Regierungsräten, für welche die Finanzdirektion „jegliche Glaubwürdigkeit verspielt haben“.

 

San10 als Umverteilung von oben nach unten

 

Wie kommt es denn überhaupt dazu, dass der Schweiz als eines der reichsten Länder der Welt und dem Kanton Zürich als ihre Finanzmetropole das Geld für grundlegende Bedürfnisse ihrer Bevölkerung fehlt? Für die SVP ist in erster Linie „das übersetze Ausgabenwachstum“ das grösste Problem, die FDP rechtfertigt San10 durch „nervöse Finanzmärkte“.
Fakt jedoch ist, dass in erster Linie die bürgerliche Steuerpolitik dem Staatshaushalt zugesetzt hat. Seit 1998 werden den Spitzenverdienern und Grosskonzernen jährlich ein Milliarde Franken in Form von Steuergeschenken ausgeschüttet. Aber noch nicht genug: 2012 rechnet man beim Budget bereits wieder mit einem starken Ertragsrückgang, da dann die geplante Steuergesetzrevision ansteht. Neben der Streichung der 13. Progressionsstufe plant man ebenfalls eine Teilabschaffung der Kapitalsteuer.

 

Wi​derstand regt sich

 

Gegen den Klassenkampf von oben wehren sich mehrere linke Gegenprojekte, die in nächster Zeit realisiert werden sollen. Mit der „Steuergerechtigkeits​-Initiative“ will die SP Schweiz den schädigenden Steuer-Wettbewerb zwischen den Kantonen bekämpfen, indem sie hohe Einkommen stärker besteuert. Der geplanten drastischen Verkürzung der Prämienverbilligungen​ steht eine Volksinitiative der AL gegenüber, die diese um 15% anheben will. Der VPOD konnte bereits die geplanten Kürzungen an den Volksschulen erfolgreich bekämpfen und hält weiterhin an seiner Forderung nach 100 Franken mehr Lohn pro Monat für das nächste Jahr fest.

Allgemein wird dem Regierungsrat von diverser Seite mit Referenden gedroht, würden sie SAN10 so durchbringen wollen. Es wird jedoch kaum möglich sein, jede der 252 Einzelmassnahmen mit Referenden zu bekämpfen.   

 

 

Erschienen Dez. 2010 im “Funken”

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Comments to: Sozialabbau auf Zürcher Art
  • Januar 28, 2011

    “Das einzige, das Sozialisten vom Geld verstehen ist, dass sie es von anderen haben wollen”, meinte seinerzeit Konrad Adenauer. Stimmt.

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    • Januar 31, 2011

      Demnach ist es für sie Diebstahl, wenn ein Arbeitnehmer seine Angestellte richtig entlöhnen muss.

      Ist ja auch eine Frechheit, dem seine Gewinnmarge solch einen Schlag zu verpassen.

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    • März 15, 2011

      Das war ja nicht die Aussage Herr Tsering!
      Die Aussage ist, ich helfe ihnen zu verstehen, dass die Leute von der SP und den Grünen das Geld, das wir Arbeiter mit harter Arbeit verdienen, mit vollen Händen zum Fenster rauswerfen, was mich als Handwerker zur Verzweiflung bringt.

      Wenn ich die Aussagen von SP-Leuten höre, wenn gefragt wird wie das finanziert werden soll: “Es hat ja genug Geld!”. Das das Geld zuerst von uns Arbeiter verdient sein will wissen die Genossen anscheinend nicht, wahrscheinlich sind sie in der Annahme, man schüttelt den Geldbaum und das Geld liegt dann am Boden!

      Es sind immer wir, wenn es um das Bezahlen geht, man holt das Geld bei den Angestellten, da sind auch die SP-Genossen ganz gross! Darum für uns Arbeiter: “Gott behüt uns vor den SP-Abzockern!”.

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  • Februar 28, 2011

    Ist mir schon klar, dass die “ewigen Studenten” keine Freude an der Erhöhung der Studiengebühren haben. Sind es doch diese und die ausländischen Studenten, die im Massen mit schlechter Schulbildung (die meist nicht mal unsere Sek bestehen würden) unseren Arbeiter- und Arbeitnehmerkinder die Studienplätze wegnehmen. Da müssen die Studiengebühren massiv erhöht werden, damit die unterprivilegieten Schichten auch wieder Chance auf höhere Bildung haben!

    Dies ist die Realität und nicht wegzudiskutieren!

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  • März 3, 2011

    Sehr geehrter Herr Tsering,

    Ihr ganzer Artikel ist, weil von Unverstand strotzend, grundsätzlich und in der
    Gesamtheit abzulehnen. Einem Grossverdiener gewisse Konzessionen zu machen
    ist kaufmännisch richtig; auf diese Weise kann seine Niederlassung bei uns gesichert werden, und man hat einen sehr willkommenen Steuerzahler gewonnen. Für so etwas ist die Juso völlig verständnislos; sie pocht auf idiotische Gerechtigkeit, obwohl die gesamten Steuereinkünfte schliesslich erheblich kleiner ausfallen, wenn der Grossverdiener wegen Ihres Gerechtigkeits-fetisc​hismus eben wegzieht. Ärgerlich ist, wenn Sie schreiben, dass „…eine Milliarde Franken in Form von Steuergeschenken ausgeschüttet“ werde, was insinuiert, dass der Staat an die „Beschenkten“ förmlich Geldbeträge ausbezahlt. Nebenbei: Wo einem Steuerzahler etwas weniger entrissen wird, dann wird das ihm Belassene von Ihnen als „Geschenk“ bezeichnet; einfältiger und indoktrinierender könnte Ihre Rabulistik nicht sein.

    Sie sind angehender Sekundarlehrer und werden wohl bei uns Schule geben wollen.
    In Ihrer zweisätzigen Replik an Herrn Markus Saurer finde ich im ersten Satz einen Orthografiefehler, der zwar ein blosses Versehen sein kann, doch der zweite Satz enthält eine dermassen holprige Wendung, dass Sie Glück haben, wenn dies Frau Regine Aeppli nicht entdeckt; sie müsste dann nämlich trotz gemeinsamen Parteibüchleins Ihr Bildungsniveau überprüfen und Sie gegebenenfalls von der Fachhochschule relegieren lassen. Ihren Aufsatz haben Sie wohl vom Juso-Sekretariat bezogen und tel quel übernommen.

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    • Juli 18, 2021

      @Herr Gassmann
      Danke, danke für Ihren Hinweis. Wie sie am Ende vermerkt sehen, habe ich diesen Artikel für eine Zeitung geschrieben und musste gerade feststellen, dass ich die Rohfassung upgeloadet habe. Kleines Missgeschick, aber inhaltlich hat sich an der Endversion natürlich nichts geändert.

      Was unser Steuersystem betrifft: Das Problem ist ja eben gerade, dass Grossunternehmen und Grossverdiener keine gute Steuerzahler sind, wenn man dies mal auf eine qualitative Weise betrachtet. Der Teil des Geldes, der nicht auf einer exotischen Insel versteckt wird, wird von Steuernberater aufs mindeste reduziert und dieser Rest dann durch ständig neue Steuerreduzierungen entlastet.

      Oder wie erklären sie sich ein System wie die Pauschalbesteuerung, die Abschaffung der Erbsteuer (ich darf aber weiterhin für meine Mutter aufkommen, wenn sie nicht mehr für sich selber sorgen kann) oder dass Grossbanken keinen Rappen Steuern zahlen, dafür Millionenboni ausschütten?

      Wir streichen also dem Vermögenden die höchste Progressionsstufe, meinem Vater die Ergänzungsleistungen und mir die Prämienverbilligung. Hat uns also allen etwas gebracht, oder?

      Die Vasellas und Ospels verschanzen sich in Steuerparadiesen, mich schmeisst man nach 20 Jahren aus der Wohnung raus, damit man die Mietpreise verfünfachen kann, die Vermögensschere klafft auseinander wie noch nie und sie sprechen von “idiotischer Gerechtigkeit”? Sie nehmen mir die Wörter aus dem Mund.

      Statt Argumente mit Beleidungen zu verwechseln, dürften sie sich ruhig eine differenziertere Sichtweise leisen.

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    • Juli 18, 2021

      Sehr geehrter Herr Tsering,

      zuallerer​st stelle ich fest, dass wir dieselben Ziele haben, nämlich unseren Mühseligen und Beladenen unter die Arme zu greifen. Ich vermute, Sie seien dermassen auf Ihre Ideologie und deren Lehre fixiert, dass Ihnen die Empfänglichkeit für eine andere Betrachtungsweise einfach abgeht. Deshalb sehe ich mich zu einem Gleichnis veranlasst, wie es unser Herr und Heiland zu tun pflegte:

      Vor vielen Jahren unterlag der Sekt in Deutschland einer hohen Luxussteuer. Die Steuereinnahmen daraus waren ziemlich spärlich. Man kam dann darauf, die Sektsteuer massiv zu reduzieren, und der Erfolg war, dass die Steuereinnahmen sich um ein X-faches anhob. Das ist ein Beispiel dafür, dass mit Steuersenkungen
      mehr​ gewonnen werden kann. Wie würden Sie nun in finanzpolitischer Hinsicht das Verhalten derer bezeichnen, die sich gegen die vorgenannte Steuersenkung ausgesprochen haben?

      In der Schweiz zahlen 3% (die Reichsten) die Hälfte aller Steuereinnahmen. Wenn wir mit diesen nicht pfleglich umgehen, also z.B. die höchste Progressionsstufe streichen, so laufen wir Gefahr, dass sich vielleicht ein Drittel der Reichsten nach einem anderen Wohnsitz mit besseren Bedingungen umsehen. Dann würde die Schweiz einem Finanzloch von über 15% entgegensehen; Ergänzungsleistungen und Prämienverbilligungen​ wären erst recht nicht mehr möglich. Wie würden Sie das Verhalten derer bezeichnen, die einen Goldesel vergraulen wollen?

      Meines Wissens haben die Grossbanken die längste Zeit erkleckliche Abgaben geleistet,um die wir alle froh sein müssen. Wegen der kurzen Wirrnisse erfolgte ein kleiner, bereits
      überwundener Unterbruch, doch gerade diesen heben Sie nun plakativ hervor und wollen glaubhaft machen, die Grossbanken zahlen (in der Regel) keinen Rappen Steuern. Wenn ein Unternehmen, wie Sie schreiben, Kapital versteckt, so ist es auch Schwarzgeld, und die Buchhaltung muss dafür strafrechtlich relevant gefälscht worden sein. Es wird Ihnen als dereinstiger Steuerzahler unbenommen sein, in der Steuererklärung von
      legalen Abzügen keinen Gebrauch zu machen. Sie müssten tolerieren, dass weite Kreise der Ansicht sind, Erbschaftssteuern als ein Unding anzusehen; einmal wurde der
      Wert als Einkommen versteuert und hierauf alljährlich mit Vermögenssteuern behelligt, und beim Erbgang soll er erneut beschnitten werden!

      Es ist fast belustigend, wenn Sie einzelnen Bonibezügern (die übrigens ihre Einkünfte voll versteuern) praktisch noch vorwerfen, dass sie sich nicht in Steuerhöllen niederlassen. Wenn es Sie stört, dass es immer mehr Superreiche gibt, so soll Ihnen zum Trost dienen, dass diese ihr Geld auch nicht fressen können.

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  • März 12, 2011

    Ein Mensch verbreitet eine Lüge, und hundert andere verbreiten sie
    als Wahrheit.

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