1. Bildung & Forschung

Interview zum Thema Jugend und Politik

Einführung:

Im Rahmen eines Schulprojektes im Fach „politische Bildung“ habe ich ein Interview gemacht.

Ich habe meine Fragen zum Thema „Jugend und Politik“ an die Parteipräsidentinnen und Präsidenten der Basler Parteien geschickt, weil es mich interessiert, wie sie zum Thema Jugend und Politik stehen.

Die folgenden Antworten basieren auf einem Mail-Interview mit den Parteivorsitzenden.

D​​​​ie Antworten sind gekürzt und von mir interpretiert.

Hier​​​​ die Fragen und die Antworten:

1. In den Medien kann man immer wieder lesen, dass sich die heutige Jugend nicht für Politik interessiert.

1a. Welcher Meinung sind Sie und warum?

Grünliberale​​​​: Die Jugend interessiert sich für politische Themen, hat aber zu wenig Wissen, um sich bei Abstimmungen und Wahlen eine konkrete Meinung zu bilden und an die Urne zu gehen. Ausserdem wird im Unterricht, die Wichtigkeit des Stimmrechts, zu wenig deutlich thematisiert.

FDP: Meiner Meinung nach, engagieren sich Junge mehr für einzelne Themen/Abstimmungen, als in den Parteien. Daher kann dieser Eindruck entstehen.

Grünes Bündnis: Ich bin überzeugt, dass die Jugend heutzutage genauso interessiert ist an Politik wie in früheren Generationen.Es gibt jedoch immer vereinzelte Ereignisse, die ein vermehrtes Interesse wecken können.

CVP: Das kann man so nicht sagen. Wir haben in der CVP eine sehr aktive junge Gruppe, und viele ältere Menschen kümmern sich nicht um Politik.

SVP: Ich glaube nicht, dass sich die heutige Jugend weniger für Politik interessiert als früher.

SP: Das kommt sehr auf die Jugendlichen an. Ich sehe da keinen grossen Unterschied zum Rest der Bevölkerung. Wenn Politik als kompliziert und abgehoben wahrgenommen wird, dann ist die Schwelle zu hoch, um sich damit auseinanderzusetzen. Aber Politik betrifft alle.

LDP: Ich glaube nicht, dass sich die Jugend nicht für Politik interessiert, denn auch in den Schulen wird viel über Politik geredet. Ich finde es aber auch nicht beängstigend, wenn sich nicht alle Jugendlichen für Politik interessieren. Schliesslich stellt es fast die Ausnahme dar, wenn die Stimm- oder Wahlbeteiligung der Erwachsenen einmal höher als 50% ist. Bei den Erwachsenen interessieren sich also leider auch nicht alle für Politik.

Fazit: Mehrheitlich denken die Parteien, dass sich die heutige Jugend nicht generell nicht für Politik interessiert. Als Grund geben sie zum Beispiel an, dass viele politische Themen zu komplex sind und dass die Jugendlichen nicht abstimmen, weil sie die Unterlagen nicht wirklich verstehen oder dass nur vereinzelte Ereignisse/Themen ver​mehrtes Interesse bei den Jugendlichen wecken.

1b. Wenn​​​​ ja: Was machen Sie (Ihre Partei), damit die Jugend sich mehr für Politik interessiert und aktiv wird?

Grünliberale: Seit 2016 gibt es schweizweit und auch kantonal Jungparteien der GLP. Die Jungen fühlen sich in einer solchen separaten Jungsektion besser verstanden und besser aufgehoben. So sind seit 2016 im Vorstand der Kantonalpartei auch immer mindestens ein Mitglied der JGLP dabei, um die Sichtweise der Jungen einfliessen zu lassen.

FDP: Auch wenn ich nicht dieser Meinung bin, unternehmen wir trotzdem einiges, um Junge anzusprechen und auch für die klassische politische Arbeit zu gewinnen. Wir haben mit den Jungfreisinnigen, eine sehr aktive Jungpartei, welche jugendspezifische Themen anspricht und z.B. mit der Volksinitiative für obligatorische Staatskunde in der Schule ein wichtiges Projekt lanciert hat.

Grünes Bündnis: Auch wenn ich oben ausgesagt habe, dass ich die Aussage eher verneine, will ich hier darauf hinweisen, dass wir uns für die Jugendlichen und ihre Möglichkeiten in der Politik engagieren. Zudem nehmen wir regelmässig an Politikveranstaltunge​​​​n von oder für Jugendliche teil, beispielsweise beim Jungen Rat. Zu guter Letzt machen wir Politik auch für die Jugendlichen, indem wir darum besorgt sind, dass es die folgenden Generationen auch noch so gut haben wie wir.

CVP: Wir übergeben Verantwortung, stehen aber auch zur Seite. Die Politik von heute schafft die Zukunft von morgen, also das Leben der Jungen. Man muss sie lassen, dann kommen sie auch.

SVP: Wir haben eine sehr aktive Jungpartei, die Junge SVP Basel-Stadt, welche sich insbesondere um die Anliegen der Jugend kümmert.

SP: Die SP integriert ihre Jungpartei JUSO in alle Parteigremien (Vorstand, Delegiertenversammlun​​​​g), damit auch die Stimme der Jugend zur vernehmen ist. Die Jungpartei wird auch finanziell unterstützt.

LDP: Mit denen pflegen wir eine enge Zusammenarbeit mit unserer Jungpartei (der Präsident der Jungliberalen ist nämlich auch Vizepräsident der LDP Basel-Stadt).

Faz​​​i​t: Alle Parteien haben eine Jugendsektion, welche sich um die Miteinbeziehung von Jugendlichen kümmert. Bei einigen Parteien (wie bei den Grünliberalen, der SP und der LDP) können diese bei den Mutterparteien mitreden.

2. In Basel gibt es viele Diskussionen im Zusammenhang mit dem Bildungsabbau.

2a. Wa​​​​s ist Ihre Meinung (die Meinung ihrer Partei) zum umstrittenen Bildungsabbau?

Grünli​​​​berale: Die GLP Basel ist gegen den Lehrplan 21, den neuen Fremdsprachenunterric​​​​ht und die Durchführung von Leistungschecks, weil diese Dinge Geld kosten, welches dann an der Front fehlt.

FDP: Die Bildungsausgaben wachsen seit Jahren und befinden sich auf Rekordniveau. Daher kann weder für Basel-Stadt noch für den Bund von einem Bildungsabbau die Rede sein.

Grünes Bündnis: Die Grünen wehren sich gegen alle Abbauvorschläge. Sei es bei der Volksschule, den weiterführenden Schulen, den Lehrlingsausbildungen​​​​ oder den Hochschulen (Universität oder Fachhochschulen.

CVP:​​​​ Wir sind strikte gegen jeglichen Bildungsabbau.

SVP: Die Ausgaben für die Bildung, sind in den letzten Jahren, zu stark angestiegen.

SP: Das Thema Bildungsabbau ist in Basel-Stadt im Gegensatz zu anderen Kantonen zum Glück nicht so dramatisch. Es gab in den letzten Jahren keine grösseren Sparmassnahmen. Bildung ist sehr wichtig. Wenn Basel-Stadt einmal wirklich sparen müsste, dann sicher zuletzt bei der Bildung.

LDP: Wir haben wahrscheinlich die höchsten Bildungsausgaben der Schweiz pro Schüler und Schülerin. Bedauerlich ist, dass wegen der Finanzlage des Kantons Basel-Landschaft auf dessen Antrag bei der Universität Basel und bei der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) enorm gespart werden soll. Die LDP wehrt sich gegen Kürzungen der Budgets in der Bildung, wenn es um Inhalte geht.

Fazit: Einige Parteien finden, es gäbe keinen wirklichen Bildungsabbau in Basel. Alle wiederum finden Bildung wichtig und die einen wollen die Bildungsausgaben nur eindämmen (z.B. die SVP, bei vereinzelten Punkten auch die GLP) und die anderen (wie z.B. die LDP und die CVP) sagen explizit, dass sie strikte gegen Kürzungen des Budgets im Bereich der Bildung sind.

2b. Was würden Sie am System ändern und was würden Sie so lassen wie es ist?

Grünliberale: Das Geld muss weiterhin in die Bildung gesteckt werden. Fest steht aber, dass es nicht wie momentan in Umstrukturierung, Bürokratie und Evaluation, gesteckt werden soll.

FDP: Wir haben grundsätzlich ein sehr gutes Bildungssystem. Ich würde jedoch Leistungen der Schulen untereinander vergleichen, die zunehmende Verakademisierung von Berufen (d.h. dass man für immer mehr Berufe einen Bachelor- oder Master-Abschluss braucht) abbremsen und ausserdem eine freie Schulwahl unterstützen.

Grünes Bündnis: Generell sind wir für harmonisierte Bildungssysteme zwischen den Kantonen, wo aber auch immer Platz für neue Wege bestehen. Die Tendenz, dass immer mehr Jugendliche den Weg zum Studium suchen anstelle eine Lehre zu beginnen, beurteile ich als problematisch.

CVP: Ich würde mir Ganztagesschulen, kleinere Klassen und eine individuellere Betreuung für alle (also für begabte, normale und weniger begabte Kinder) wünschen. Gut finde ich die breite Allgemeinbildung.

SVP​​​​: Man sollte nicht einfach die Ausgaben in einem Bereich der Bildung immer mehr steigern.

SP: Aus meiner Sicht muss noch mehr darauf geachtet werden, dass Bildung für alle soziale Schichten zugänglich ist und auch Jugendliche aus unteren Schichten die Chance wahrnehmen können, die ihnen unser gut ausgebautes Bildungssystem bietet.

LDP: Änderungen braucht das System nicht. Dem System muss jetzt jedoch Zeit gelassen werden, um alle Reformen in Ruhe umzusetzen.

Fazit: Die meisten Parteien sind mit dem Bildungssystem, wie es jetzt ist, zufrieden. Es gibt jedoch bei einigen, Änderungsvorschläge z.B. von den Grünliberalen, der CVP, der FDP und der SP.

3. Am 12.2.2017 wurde die Initiative, die eine erleichterte Einbürgerung für junge Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation befürwortet, vom Schweizer Stimmvolk angenommen.

3a.1. Waren Sie bei dieser Abstimmung dafür oder dagegen?

3a.2. Warum waren Sie dieser Meinung?

Grünlibera​​​​le: Wir waren dafür, weil man die betroffenen Jugendlichen, die hier aufgewachsen sind, miteinbeziehen, in alle Rechte und Pflichten eines Schweizer Bürgers, soll.

FDP: Wir waren dafür, weil Junge Menschen, die hier geboren, aufgewachsen und zur Schule gehen, ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft sind. Die Schweiz ist auch ihr Zuhause und deshalb soll ihnen die Einbürgerung erleichtert werden, damit sie darüber mitbestimmen können, was in unserem Land bzw. Kanton politisch entschieden wird.

Grünes Bündnis: Wir waren klar dafür, weil wir finden, dass möglichst viele Einwohnerinnen und Einwohner an der Gestaltung von Basel oder der Schweiz teilhaben sollten. Dies gilt noch viel mehr für alle Jugendlichen die hier geboren wurden und das ganze Leben hier verbracht haben.

CVP: Dafür, weil es auch hier darum geht, die Jungen in die Verantwortung zu nehmen, sie gleichzeitig aber auch einzubeziehen.

SVP: Dagegen, weil die Einbürgerung meiner Meinung nach der letzte Schritt der Integration ist. Es sollten deshalb nur Personen eingebürgert werden, die integriert sind. Nicht alle Ausländer der dritten Generation sind integriert.

SP: Dafür, weil wer hier lebt und arbeitet auch die gleichen Rechte haben soll, wie alle anderen, welche sowieso hier aufgewachsen sind.

LDP: Wir waren dafür, weil unsere Mitglieder davon überzeugt waren, dass junge Leute, die hier aufgewachsen sind, bestens integriert sind und deshalb erleichtert eingebürgert werden sollen, falls sie das wünschen.

Fazit: Ausser der SVP, sind alle Parteien für eine erleichterte Einbürgerung der Ausländer dritter Generation. Die meisten nennen als Gründe, die Tatsachen, dass diese jungen Menschen hier aufgewachsen sind und somit bei Veränderungen miteinbezogen werden sollen, welche sie ja auch betreffen. Ausserdem sagen Parteien, wie z.B. die LDP und die SVP, dass es aber wichtig sei, dass diese Jugendlichen integriert sind. Dies ist ihrer Meinung nach ein wichtiger Aspekt, der berücksichtigt werden muss, bei einer Einbürgerung.

3b. W​​​​ie denken Sie, müsste Basel in Zukunft mit Einbürgerungen umgehen?

Grünliberale​​​​: Es war eine Motion von den Grünliberalen, die in Basel dazu geführt hat, dass die Einbürgerung von jungen Ausländern bis zum 19. Lebensjahr kostenlos ist. Das hilft hoffentlich, um noch mehr junge Erwachsene zu diesem Schritt zu bewegen.

FDP: Es muss sichergestellt werden, dass die Eingebürgerten mit unseren Sitten und Gebräuchen vertraut sind. Deshalb ist uns die Integration in die Gesellschaft wichtig.

Grünes Bündnis: Alle Jugendlichen sollen, sobald sie mündig sind (ab 18 Jahren) das Bürgerrecht einfach erhalten können. Dies gilt nicht nur für die dritte, sondern auch für die zweite Generation.

CVP: Ich finde die derzeitige Regelung ok.

SVP: Bei den Einbürgerungen sollte man weniger auf Formalien abstellen (Dauer des Aufenthalts in der Schweiz etc.), sondern auf die Tatsache, ob jemand integriert ist oder nicht.

SP: Grosszügig. Diese Menschen gehören dazu.

LDP: Wir von der LDP sind der Meinung, dass Integration, die dann in der Einbürgerung mündet, auch Anstrengungen der Leute erfordert, die Schweizerinnen und Schweizer werden möchten, man muss also auch sehen, dass sie sich bemühen, gut integriert zu sein. Wir haben ein gutes Einbürgerungssystem und finden nicht, dass etwas geändert werden sollte.

Fazit: Die Meinungen zu dieser Frage sind verschieden. Die linken Parteien sind für eine offene, erleichterte Einbürgerung und die bürgerlichen Parteien möchten nur integrierte Jugendliche erleichtert einbürgern lassen.

4. Wenn Sie sich noch zusätzlich kurz zum Thema äussern möchten, können Sie dies gerne hier tun.

Grünliberale: Ich wünsche mir, dass in Zukunft noch mehr junge Menschen wählen/abstimmen gehen, mitbestimmen, mitreden und sich selbst zur Wahl stellen. Wir brauchen die Jugend und ihre Meinung.

FDP: Mein Appell an die Jugend: Engagiert euch, denn es geht um eure Zukunft und wenn ihr nicht mitentscheidet, entscheiden andere für euch!

Grünes Bündnis: Ich danke sehr dafür, dass Sie sich für Politik interessieren.

CVP: Wer etwas bewirken und mitreden möchte, muss sich einbringen. Dazu muss er etwas leisten, und man muss ihm Vertrauen schenken und ihn machen lassen. Das gilt eigentlich nicht nur in der Politik.

Die restlichen Parteipräsidentinnen und Präsidenten haben keinen Kommentar mehr dazu gegeben.

Schlussbem​​​​erkung:

Ich habe auch noch drei Fragen an die Präsidentinnen und Präsidenten der Jungparteien geschickt. Leider haben mir nur Michael Hug von den Jungliberalen Basel-Stadt, Balint Csontos vom Jungen Grünen Bündnis und Marco Natoli von der JCVP zurückgeschrieben. Vielen Dank an euch, an dieser Stelle. Trotzdem konnte ich mir kein wirkliches Bild davon machen, wie die Meinungen der Jungparteien zum Thema „Jugend und Politik“ sind. Deshalb kann ich den von mir geplanten Vergleich der Meinungen von den Jungparteien und den Mutterparteien, nicht ziehen.

Abschliessend​​​​ kann ich aber sagen, dass ich es interessant gefunden habe, die verschiedenen Meinungen und Auffassungen zu lesen und dass ich auch finde, dass die Jugend besser über Politik informiert werden sollte. Dies ist auch der Grund, wieso ich dieses Projekt gewählt habe.

Ich möchte noch meinen Dank aussprechen an alle, die mitgemacht haben und sich die Zeit für mich genommen haben.

Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
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Comments to: Interview zum Thema Jugend und Politik
  • Juni 3, 2017

    Politik muss sich für staatspolitische Bildung einsetzen!

    Viele Politikerinnen und Politiker setzen sich heute vehement für die Musik-, Sport-, Kultur- und Gesundheitsförderung unserer Jugend ein. Von der Förderung der staatspolitischen Bildung, vom Wecken des Interesses an der Politik hört man hingegen aus Politkreisen wenig. Muss man erst alt werden, um in der Politik, wo die wesentlichen Weichenstellungen für unsere Gesellschaft getroffen werden, kompetent mitreden zu können? Hat man Angst vor einer ungestümen, politisch aktiven Jugend?

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  • Juni 4, 2017

    Das ist ein sehr interessantes Interview einer Schülerin! Die Antworten spiegeln die Meinung der Parteien wieder. Das jeweilige Fazit aus der Sicht einer jungen, interessierten ist sehr interessant.
    Schade haben nicht mehr Jungparteien geantwortet, der Vergleich zwischen den Jung- und den Mutterparteien hätte mich sehr interessiert.

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