1. Ausländer- & Migrationspolitik

Ignoranz aus den geheizten Wohnzimmern.

Quer durchs Band der bürgerlichen Par­teien wird den so­ge­nann­ten Wirtschaftsflüchtling​en aus den nord­afri­ka­ni­schen​ Ländern  Faulheit at­tes­tiert.  War der Tu­ne­si­er, der sich auf­grund Per­spek­tiv­lo­sig­k​eit und der dar­aus re­sul­tie­ren­den Ver­zweif­lung ver­brannte und damit das Fass zum überlaufen brachte auch ein­fach ein fau­ler Tau­ge­nichts? Sind Wirtschaftsflüchtling​e ein­fach faule Men­schen die sich aus der Ver­ant­wor­tung steh­len und des­halb eine Reise auf sich neh­men, die viele nicht überleben, die sie oft­mals erst noch mehr als ein Jah­res­ge­halt kos­tet? Nein, si­cher nicht. Diese Men­schen sind ver­zwei­felt und perspektivlos. 

Da wird gefordert sie sollen nun ihr Land aufbauen. Das ist ja schön und gut. Aber es ist falsch zu glauben, dass sich jetzt alles auf einen Schlag ändert.

Der Westen unterstützte die Despoten und pflegte freundschaftliche Beziehungen. Auch Gaddafi wurde als notwendig erachtet. Besitzt sein Land doch viele Bodenschätze und er war ein Garant für eine gewisse Stabilität im Lande. Er war auch so nett aufgrund Abkommen mit dem Westen, Flüchtlinge die über Libyen in den Westen reisen wollten in der Wüste auszusetzen.

Nicht zu vergessen sind auch die hohen Lebensmittelpreise, welche ein wesentlicher Faktor dieser Aufstände sind. Die Lebensmittelpreise hängen direkt mit unserem Fleischkonsum (1kg Fleisch =  bis ca. 15kg Weizen/Soja), dem Verbrauch von Biodiesel und der Börsenspekulationen zusammen. Ebenfalls wurden in Ägypten abertausende Arbeiter auf die Strasse gesetzt, im Zuge aufgezwungener Restrukturierungsmass​nahmen durch den IWF und die WTO.

Es ist also heuchlerisch von faulen Flüchtlingen zu reden, wenn der Westen, der sich die Freiheit und Unabhängigkeit auf die Fahne geschrieben hat, aus Eigennutz in den Armen Ländern Despoten unterstützt und die wirtschaftliche Selbstbestimmung dieser Länder mit Füssen tritt.

Der Westen muss sich nun aktiv und ehrlich an den Demokratisierungsproz​essen in diesen Ländern beteiligen, ohne allerdings seine eigenen politischen und wirtschaftlichen Interessen durchsetzen zu wollen. Das ist der einzige Weg, um Flüchtlingsströme in der Zukunft zu vermindern.


 

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