Die Staatsfinanzen stellen die Einnahmen des Staates (Steuern und Sozialversicherungsabgaben) den Staatsausgaben (Finanzierung öffentlicher Güter, Bildung und Forschung, etc.) gegenüber. Seit der letzten Finanzkrise 08/09 stiegen die Schulden bei vielen europäischen Staaten wie Griechenland und Italien stark an. Diese öffentlichen Schulden, die vom Bund, den Ländern/Kantonen und den Gemeinden aufgenommen werden, werden Staatsverschuldung genannt. Die zunehmende Verschuldung der Staaten geht einher mit einem schwachen Wirtschaftswachstum. Dieser Text befasst sich mit den Elementen der Staatsfinanzen sowie mit den wirtschaftlichen Massnahmen eines Staates in einer Wirtschaftskrise.

Staatseinnahmen

Seit 1990 haben sowohl die Staatseinnahmen wie auch die Staatsausgaben in der Schweiz kontinuierlich zugenommen. Staatseinnahmen beinhalten alle Einnahmen, die durch den Bund, die Kantone und die Gemeinden eingenommen werden. Im Folgenden werden die Einnahmen des Bundes näher erklärt.

Als wichtigste Einnahmequellen dienen dem Bund die Steuern. Es gibt verschiedene Arten von Steuern. Verbreitet sind Steuern auf Einkommen, Vermögen, Konsum, Erbschaft, Immobilien und die Kopfsteuer. Den grössten Anteil bezieht der Bund aus der direkten Bundessteuer und der Mehrwertsteuer. Direkte Bundessteuern werden auf das Einkommen von Personen und auf den Gewinn von Unternehmen erhoben. Die Mehrwertsteuer hingegen besteuert den Konsum. Wie sich die Einnahmen des Bundes zusammensetzen, wird in Abbildung 1 dargestellt.


Abb. 1: Bundeseinnahmen 2014

Staatsausgaben

Steuern sind nötig, damit der Staat Einnahmen hat, um Güter für die Bevölkerung bereitzustellen. Es gibt vier Gründe, weshalb ein Staat (Bund, Länder/Kantone und Gemeinden) eine Aufgabe übernehmen sollte.

  • Öffentliches Gut: Alle Personen profitieren gleichermassen von einem öffentlichen Gut. Es ist nicht möglich eine Person davon auszuschliessen (bspw. Landesverteidigung oder saubere Umwelt). Der Staat bemüht sich, dass ein öffentliches Gut so genutzt wird, dass es im Interesse der Allgemeinheit liegt.
  • Natürliche Monopole: In gewissen Sektoren würde sich im freien Markt ein Monopol bilden, weil das grösste Unternehmen den tiefsten Preis anbietet und dadurch andere Anbieter aus dem Markt verdrängen kann. Wenn das Monopol etabliert ist, kann das Unternehmen extrem hohe Preise verlangen. In diesen Fällen kann es für den Staat Sinn machen, den Service selbst anzubieten (bspw. die Post).
  • Externe Effekte: Gewisse Güter haben positive externe Effekte, von welchen die Bevölkerung als Ganzes profitiert. Beispielsweise profitiert jeder einzelne von der eigenen Bildung, aber auch von der Bildung der Mitbürger. Wenn solche positive externe Effekte auftreten, kann der Staat das Gut anbieten, um dessen Verbreitung zu fördern (bspw. soziale Wohlfahrt).
  • Fiskalpolitik und Wirtschaftsförderung: In wirtschaftlich schlechten Zeiten kann der Staat seine Ausgaben erhöhen und die Steuern senken, um damit die eigene Wirtschaft anzukurbeln und das Wachstum zu fördern.

Es lässt sich feststellen, dass die meisten Ausgaben des Bundes im Bereich der sozialen Wohlfahrt, Verkehr und Bildung und Forschung getätigt werden (siehe Abbildung 2).


Abb. 2: Bundesausgaben 2014

Zu beachten ist, dass die Staatsfinanzen von der aktuellen Wirtschaftslage abhängen. So hat die Finanzkrise 08/09 viele Staaten schwer getroffen, so dass ihre Staatsausgaben ihre Einnahmen überstiegen und sie sich somit stark verschulden mussten. Die Schuldenquote, welches die Schulden im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) setzt, ist damit angestiegen. Die Schweiz weist gegenüber anderen europäischen Ländern tiefere Fiskal-, Schulden- und Staatsquoten auf, wie die Abbildung 3 illustriert.

Neben den Einnahmen und Ausgaben des Staates beeinflusst auch die Fiskalpolitik die Staatsfinanzen. Im Folgenden wird näher auf die Fiskalpolitik in der Krise eingegangen.

Staatliche Massnahmen in der Krise

Um die Wirtschaft in einer Krise anzukurbeln, hat der Staat die Möglichkeit, im Bereich der Fiskalpolitik einzugreifen. Fiskalpolitik beinhaltet alle finanzpolitischen Massnahmen eines Staates, um den Wirtschaftsverlauf im eigenen Land zu steuern. Die Wirkung der Fiskalpolitik ist jedoch nicht ganz unumstritten. So existieren Theorien, die die Effektivität dieser Massnahmen anzweifeln.

Antizyklische Fiskalpolitik

Die Theorie, die eine antizyklische Fiskalpolitik unterstützt, geht auf den Britischen Ökonomen John Maynard Keynes zurück. Demnach soll der Staat während eines wirtschaftlichen Abschwungs die Staatsausgaben erhöhen und die Steuern und Abgaben senken, um damit die Wirtschaft anzukurbeln. Durch den zusätzlichen Konsum des Staates würde die Wirtschaft im Land um ein Vielfaches der zusätzlichen Ausgaben wachsen. Dieses Phänomen beschreibt der Multiplikator-Effekt (siehe Kasten Einfach erklärt). Durch die Antizyklische Fiskalpolitik erhofft man sich, grosse Schwankungen im Wirtschaftsverlauf zu vermeiden. Durch die Senkung der Steuern und Abgaben würden Anreize geschaffen, um Investitionen zu tätigen, den Konsum zu fördern und somit den wirtschaftlichen Aufschwung zu verlängern.

Kritik an der Fiskalpolitik

Die antizyklische Fiskalpolitik kann in einigen Punkten kritisiert werden. Bei der antizyklischen Fiskalpolitik werden die Steuern in wirtschaftlich schlechten Zeiten gesenkt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Jedoch lässt sich eine Steuererhöhung nach einer wirtschaftlichen Tiefphase nur schwer wieder durchsetzen. Des Weiteren steigen durch die staatlichen Investitionen die Zinsen für Kredite, da die Nachfrage nach Geld steigt. Durch die hohen Zinsen werden private Investoren verdrängt. Zuletzt werden die staatlichen Massnahmen immer mit einer zeitlichen Verzögerung wirksam. So kann es zum Beispiel vorkommen, dass der Staat im Sinne des antizyklischen Ansatzes die Steuern in einem wirtschaftlichen Abschwung senkt, die darauf folgenden Reaktionen aber erst in einem wirtschaftlichen Aufschwung wirksam werden. Trotz dieser Kritik verfolgt die Schweiz eine antizyklische Fiskalpolitik. Daneben besteht in der Schweiz die Schuldenbremse, um den Schwierigkeiten der antizyklischen Fiskalpolitik (Steuern erhöhen und Defizite abbauen) entgegenzuwirken.


Abb. 3: Vergleich der Entwicklung der Schuldenquote

Schuldenbremse in der Schweiz

Die Schuldenbremse wurde 2003 eingeführt. Das Ziel der Schuldenbremse besteht darin, dass die Schulden des Staates nicht übermässig ansteigen. Die Hauptregel der Schuldenbremse lautet: Die Ausgaben dürfen über die Phasen eines wirtschaftlichen Aufschwungs sowie des nachfolgenden Abschwungs hinweg die Einnahmen nicht übersteigen. Allerdings lässt die Schuldenbremse im Sinne einer antizyklischen Fiskalpolitik Defizite in wirtschaftlich schwachen Zeiten zu. Die Schulden müssen aber in wirtschaftlich guten Zeiten wieder abgebaut werden. Das Modell der Schuldenbremse hat sich bis jetzt als sehr erfolgreich erwiesen und wird auch im Ausland als gutes Beispiel herangezogen. Daneben haben auch die EU-Staaten gemeinsame verbindliche Richtlinien betreffend der Staatsverschuldung getroffen. Diese Vereinbarungen sind in den Maastricht-Regeln verfasst (siehe Kasten Einfach erklärt).

Fazit

Die Staatsfinanzen sind ein wichtiges Indiz für die wirtschaftliche Lage in einem Land. Die Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben ermöglicht einen Überblick über die finanzielle Lage eines Staates. Durch die Steuern und die staatlichen Ausgaben kann ein Staat abhängig von der jeweiligen Fiskalpolitik zu einem gewissen Grad auf die Schwankungen im Wirtschaftsverlauf im eigenen Land einwirken.

Literaturverzeichnis

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Gärtner, M. (2013).Macroeconomics. 4th edition. Pearson Education.

GeVestor (2013).Prozyklische Fiskalpolitik einfach erklärt.Gefunden am 14.11.2014 unter Link

NZZ (2012).<Erfolgsmodell Schuldenbremse-ein Exportschlager?.Gefunden am 14.11.2014 unter Link

Staatsverschuldung (2012).Maastricht: Der Europäische Stabilitätspakt. Gefunden am 14.11.2014 unter Link

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