1. Finanzen & Steuern

Aufgaben und Ausgaben des Kantons herunterfahren

 

Der Kanton St.Gallen muss sparen. Es ist zu erwarten, dass ohne Sparmassnahmen oder Erhöhung der Steuern das Eigenkapital in wenigen Jahren aufgebraucht sein wird. Also hat die Regierung ein Sparpaket geschnürt. Verzichtsplanung heisst das Ding. Insgesamt 54 Massnahmen sind darin enthalten. Sie sollen die Rechnung des Kantons um 100 Millionen Franken entlasten. Die Debatte im Parlament war heftig, geändert hat sie wenig. Einmal mehr hat sich ein Szenario durchgesetzt, dem man im Parlament immer wieder begegnet: Es ist schwierig, eine Mehrheit dafür zu finden, eine einzelne Massnahme aus einem Gesamtpaket herauszubrechen. Zu gross ist die Befürchtung, ein solches Vorgehen könnte eine Lawine auslösen und das ganze Geschäft zu Fall bringen.

 

Die Regierung hat mit ihren Massnahmen aber nicht nur auf Dinge verzichtet, vor allem hat sie Kosten einfach auf die Gemeinden abgewälzt. Das ist den Gemeindepräsidenten sauer aufgestossen. Einmal mehr ist deshalb eine Diskussion entstanden über die Frage, welche Aufgaben der Kanton und welche die Gemeinden zu tragen und damit auch zu finanzieren haben. Das Parlament hat darum der Regierung den Auftrag erteilt, in Zusammenarbeit mit den Gemeinden die Aufgabenteilung zu durchleuchten mit dem Ziel, Kosten einzusparen. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass eine Aufgabe vor allem dann kostengünstig erfüllt wird, wenn sie diejenige Staatsebene bezahlen muss, die sie anordnet. Unbefriedigendes Beispiel bei den Schulbauten: Der Kanton schreibt genau vor, wie gross ein Klassenzimmer sein muss, wie viele Gruppenräume ein Schulhaus haben muss. Bezahlen aber muss die Gemeinde. Der Grundsatz „Wer zahlt, befiehlt“ gilt hier nicht.

 

Die Regierung hat vom Parlament einen weiteren Auftrag erhalten. Nämlich im Finanzplan 2013 aufzuzeigen, wie mit weiteren Massnahmen zusätzliche 50 Millionen Franken pro Jahr gespart werden können. Diesmal allerdings ohne dass die Gemeinden einfach Kosten des Kantons zu übernehmen haben. Ein sicher nicht einfaches Unterfangen. Zwangsläufig muss ich einen Vergleich mit der Situation machen, als sich die Gemeinden vor drei Jahren mit dem neuen Finanzausgleichsgeset​z abfinden mussten. Von einem Tag auf den anderen waren die Voraussetzungen für die Gemeinden ganz anders als zuvor. Laut Modellrechnungen des Kantons drohten Steuerfusserhöhungen.​ Die Gemeinden haben mit der neuen Situation arrangiert, konnten ihre Steuerfüsse gar senken. Ähnlich flexibles Verhalten erwarte ich nun auch vom Kanton.

Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
Kommentare anzeigen Hide comments
Comments to: Aufgaben und Ausgaben des Kantons herunterfahren
  • März 19, 2012

    Ich stimme grundsätzlich zu, dass nicht einer die Ausgaben eines anderen diktieren kann. Ich finde aber, der Vorschlag hier geht viel zu wenig weit. Die Schweiz hat gerade mal einen Drittel der Einwohner Pekings, selbst Europäische Städte haben gut halb so viele Einwohner wie die Schweiz. Bei so einer kleinen Gruppe von Menschen 3 Hierarchie-Ebenen zu unterhalten, ist sinnlose Geldverschwendung und führt zu gewaltiger Ineffizienz bei der Koordination.
    Zur Zeiten der Landsgemeinden machte es Sinn, kleine Verwaltungsgebiete zu haben. Damals umfassten auch grosse Unternehmen selten mehr als 50 Mitarbeiter. Nach 100 Jahren Telekommunikation hat sich aber die optimale Koordinationsgrösse völlig verändert. Ideal wäre eine Schweiz mit 5-6 Kantonen und rund 10-20 Gemeinden pro Kanton. Solche Gemeinden hätten zwar lokales Referendums- und Initiativrecht, aber nur einen Gemeinderat und kein Parlament.
    Dadurch könnte man den Staat richtig entlasten, Kosten dort einsparen wo sie sinnlos sind. Der Nebeneffekt wäre bessere Koordination und mehr Kohäsion im Land. Die Schweiz ist ein sehr reiches Land. Aufgrund der Mini-Strukturen lassen sich aber grosse, zukunftsweisende Projekte kaum realisieren.

    Kommentar melden

Kommentar schreiben

Neuste Artikel

  1. Finanzen & Steuern
NEIN zur Individualbesteuerung: Splitting-Modell ist tauglicher zur Abschaffung der Heiratsstrafe. Die Heiratsstrafe gehört zwar endlich abgeschafft – aber nicht via Individualbesteuerung. Die Individualbesteuerung ist extrem kompliziert und bestraft den Mittelstand. Die Individualbesteuerung würde auf einen Schlag 1.7 Millionen zusätzliche Steuererklärungen auslösen, die alle bearbeitet und kontrolliert werden müssen. Damit wären in der ganzen Schweiz weit mehr als 2’000 neue Steuerbeamte nötig, die keine zusätzliche Wertschöpfung bringen, aber die Staatsquote zusätzlich erhöhen würden. Doch auch auf anderen Ämtern würde der administrative Aufwand stark steigen. Hinzu kommt: Die Individualbesteuerung privilegiert die Aufteilung der Erwerbstätigkeit zu je 50%. Ehepaare, die eine andere Aufteilung wählen, werden durch die Progression steuerlich massiv benachteiligt. Dies wäre ein Angriff auf den Mittelstand. Die Individualbesteuerung ist nicht praxistauglich. Mit dem SPLITTING haben wir eine Lösung, die sich bereits in zahlreichen Kantonen bewährt hat. Sie ist unkompliziert und schafft keine neuen Ungerechtigkeiten. Diese Lösung zur Abschaffung der Heiratsstrafe kann problemlos auch bei der direkten Bundessteuer eingeführt werden.
  1. Wirtschaft
Warum so viele Beschwerden gegen Planungen und Baugesuche? Um das Bauen in der Schweiz voranzutreiben, hat der Bund via Raumplanungsrecht die Vorgaben an die für die Raumplanung zuständigen Kantone so verschärft, dass diese gezwungen sind, diesen Druck via Richtplanung an ihre Gemeinden weiterzugeben. Diese müssen dann die kantonalen Vorgaben in ihrer Ortsplanung umsetzen. Wer sich gegen Bauvorhaben erfolgreich wehren will, muss dies heute auf der Ebene des Baugesuchs tun. Das wird leider von offizieller Seite dann einfach als Querulantentum abgetan. Warum so viele Beschwerden gegen Planungen und Baugesuche? Um das Bauen in der Schweiz voranzutreiben, hat der Bund via Raumplanungsrecht die Vorgaben an die für die Raumplanung zuständigen Kantone so verschärft, dass diese gezwungen sind, diesen Druck via Richtplanung an ihre Gemeinden weiterzugeben. Diese müssen dann die kantonalen Vorgaben in ihrer Ortsplanung umsetzen. Wer sich gegen Bauvorhaben erfolgreich wehren will, muss dies heute auf der Ebene des Baugesuchs tun. Das wird leider von offizieller Seite dann einfach als Querulantentum abgetan.

Bleiben Sie informiert

Neuste Diskussionen

Willkommen bei Vimentis
Werden auch Sie Mitglied der grössten Schweizer Politik Community mit mehr als 200'000 Mitgliedern
Tretten Sie Vimentis bei

Mit der Registierung stimmst du unseren Blogrichtlinien zu