Pirates are cool. Nicht etwa, weil ihnen zur Zeit die Enterhaken einfrieren. Nein. Die globale Durchschnittstemperatur hat sich in Besorgnis erregendem Ausmass erhöht. Das wird mir bei diesen Aussentemperaturen zwar niemand glauben, aber es ist wahr. Und die einzige Ursache für die globale Erwärmung ist die sinkende Zahl von Piraten seit Beginn des 19. Jahrhunderts. Das ist empirisch erwiesen. Diese Grafik veranschaulicht die Korrelation auf eindrückliche Weise:
Leute, wir müssen handeln! Wenn wir nicht sofort etwas tun, wird mit dem Tod der letzten 17 Piraten das Thermometer vor Hitze bersten! Oder fehlt da etwa der kausale Zusammenhang?
Noch ein Versuch. Wer wusste schon, dass in Grossbritannien zehn Jahre nach Abschaffung der Buchpreisbindung etliche Buchhandlungen eingegangen sind? Es liegt auf der Hand: Unseren Buchläden wird es gleich ergehen, wenn wir nicht schleunigst die Buchpreisbindung wieder einführen! Oder könnte auch das ein Trugschluss sein?
Nachdem ich damals Statistik mit einer 4 abgeschlossen hatte, war ich froh, dieses Fach endlich hinter mir zu haben. Doch etwas ist mir geblieben: Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität. Wenn ein Ereignis eintritt und ein anderes folgt, geschieht das eine noch lange nicht wegen dem anderen. Die Erde wurde nicht wärmer, weil es heute kaum mehr Piraten gibt. Und die britischen Buchläden gingen nicht zu, weil die Buchpreisbindung abgeschafft wurde. Zumindest konnte bis heute noch kein Befürworter den kausalen Zusammenhang schlüssig erklären.
Sascha Erni schreibt in seinem Blog dazu:
Dass in Großbritannien seit 2005 viele Buchhändler aufgeben mussten stimmt. Aber auch hier fehlt ein Beleg dafür, dass es direkt mit der Deregulierung des Buchmarktes zehn Jahre zuvor zusammenhängt – und nicht zum Beispiel mit radikalen Veränderungen der innenpolitischen Landschaft und der damit verbundenen Ansätze zur Besteuerung von Kleinunternehmen. Und, wieder: Der Einfluss des technologischen Wandels wird von den Befürwortern nicht in Betracht gezogen.
Als Kurzgeschichtenschreiber und Texter weiss er, wovon er schreibt. Seine Beispiele leuchten ein. Natürlich hat der Reiseführer-Handel mit der Existenz zu kämpfen, seit in jedem Handy ein GPS-Chip eingebaut ist. Und warum sollte ich mir den Duden kaufen, wenn ich die Wörter bequem online nachschlagen kann? Mein Interesse, Enzyklopädien zu kaufen, hält sich auch in Grenzen, wo Wikipedia doch umfangreicher und aktueller ist. Es gibt viele Faktoren, warum es einer Buchhandlungen schlecht gehen kann. Der Buchpreis ist da wohl die kleinste Sorge. In einem Interview (unbedingt lesen!) erklärt Sasha, wie sich die Abschaffung der Buchpreisbindung in Schweden sogar positiv ausgewirkt hat:
Dass Schweden bereits 1970 die Buchpreisbindung abgeschafft hat, wird von den Unterstützern meines Wissens mit keinem Wort erwähnt. Die schwedische Buchbranche war damals in einer tiefen Krise, deshalb wurde den Händlern die Möglichkeit gegeben, die für sie notwendigen Preise zu verlangen. Auch wurden die direkten Fördermittel ausgebaut. Mit Erfolg; alleine zwischen 1985 und 2001 wuchs die Anzahl der Verlage von 700 auf über 1000.
Der Zusammenhang zwischen der Buchpreisbindung und dem Ladensterben ist alles andere als klar. Remo Conoci, Texter und Autor, wagt einen Vergleich:
Bäckereien und Metzgereien gingen auch nicht deshalb zu, weil die Migros und der Coop günstigeres Fleisch anbieten, sondern weil sie gegenüber den Multis keine bedeutend bessere Qualität bieten konnten. DAS muss das Ziel sein: Gute Beratung, interessante Vielfalt, gemütliches Ambiente in den Läden, Qualität und Persönlichkeit in den Büchern. Der Markt ist da, man muss sich nur bemühen und nicht auf Monopole – oder in diesem Fall Preisbindungen – setzen.
[…]
Eine Tasse Kaffee kostet im Sprüngli am Paradeplatz Fr. 7.50 und trotzdem findet man dort kaum mal einen freien Platz. Meine Wörter kosten 5mal mehr als in Deutschland und trotzdem finde ich Abnehmer. Der Preis richtet sich nach Qulität und NachfrageAls Nachfrage im (mikro)ökonomischen Sinn wird allgemein di....
Er hat sich in einem Blogbeitrag noch etwas ausführlicher mit diesem Thema beschäftigt. Seine Schlussfolgerung: «Falls also tatsächlich bald sämtliche kleinen Buchläden, mit oder ohne Buchpreisbindung schliessen müssen, könnte das auch daran liegen, dass sich die Gesellschaft gewandelt hat und ganz einfach keine Nachfrage mehr für Qualität und Beratung besteht. Wetten, dass das aber nicht passieren wird?»
Also noch einmal: In Grossbritannien wurde die Buchpreisbindung abgeschafft und es mussten in letzter Zeit viele Buchhandlungen schliessen. Doch a priori hat das eine mit dem anderen nichts zu tun. Die Behauptung, dass Buchhandlungen ohne Buchpreisbindung aussterben, ist mit England nicht belegt. Du glaubst mir nicht? Dann gibt es nur noch eine logische Schlussfolgerung: Wähle Piraten und rette damit die Erde!
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Kommentare anzeigen Hide commentsDie Geschichte vom Buchverkauf beginnt ja mit dem Mönch der ein Buch schreibt, viele Mönche schreiben viele Bücher für die gehobene Gesellschaft. Dann wurden Bücher gedruckt, viele Leute die es sich leisten konnten, konnten Bücher kaufen. Die Industrialisierung bewirkt einen rasanten Wachstum, noch mehr konnten sich die Bücher kaufen. Es gab die edel gebundenen für die Oberschicht und die Paperbacks für jeden. Nun sind noch billigere Alternativen vorhanden im Netz und sogar die Paperbacks sind zu teuer, denn diese Preise wurden mit einer Selbstverständlichkeit beibehalten die in keinem Fall den Umständen rund ums gedruckte Buch entsprechen. Dank “Preisabsprachen” ist dies möglich, nur wenn die Nachfrage einbricht nutzt dies natürlich nichts mehr. Statt neue Wege zu suchen, das gedruckte Buch aktuell zu halten in unseren Köpfen, haben sie mit Buchpreisbindung ein exclusives Ding daraus gemacht welches die Mehrheit nicht mehr zur Kenntnis nimmt.
So geht es auch der Musikindustrie, sie winden sich noch, saugen das letzte den Urheberrechtsbrechern aus den Rippen, schliessen Plattformen, verhängen Strafen. Aber auch dies wird sie nicht retten. Denn der Fan möchte den Künstler wieder echt sehen an einem Konzert, der Konsument hört den ganzen Tag irgendwo her Musik. Etwas kaufen, das ist Luxus und füllt nur den Musikkonzernen die Kassen, daher wird auch dieses lukrative Geschäft in den Boden wachsen.
Zu Migros und Coop, sie machten die Kleinmetzger kaputt, das ist richtig, nun sind Aldi und Lidl am Zug, nein nicht nur, auch die kleinen Türkenmetzgereien die zum halben Preis Rindfleisch bester Qualität verkaufen können. Warum? Weil Fleisch direkt kaufen und direkt verkaufen, billiger ist, als wenn es ein grosser Fleischbetrieb aufbereitet, Vakuum verpackt, und in teurer Umgebung an bester Lage verkauft. So entstehen nun auch wieder kleine Metzgereien.
So lange es für teure Wahren, überteuerte Artikel, überflüssige Trendartikel Käufer gibt, gibt es auch Lieferanten, Geschäfte, Organisationen, Konzerne die darüber jammern, dass nicht jeder so blöd ist, ihre Produkte zu kaufen.
Der Chart ist geklaut von venganza.org… furchtbar diese Urheberrechtspiraterie die hier betrieben wird 😉
Jep :).
Gehört Plagiarismus ohne Quellenangabe zum Parteiprogramm der Piraten? 😯
Ich glaube nicht, dass man so den Urhebern (als Gegensatz zu den Abzockerkonzernen und Verwertungsgesellschaften) hilft.
Tja, das passiert jedem mal. Habe vergessen, den Autor zu erwähnen, ist nachgeholt.
Freue mich schon auf Ihren nächsten Artikel, mit dem Titel:
“Kopierst Du noch oder plagiarisierst Du schon?”
(mit einem Vorwort von Baron zu Guttenberg)
😉
Das wäre wirklich ein interessanter Beitrag, mit Twitter und co. passieren Urheberrechtsverletzungen am laufenden Band. Habe mal irgendwo einen spannenden Artikel darüber gelesen :).
Naja, du wolltest ja nicht wirklich behaupten, dass die Statistik von dir ist… Zudem ist sie so berühmt, dass sie bei mir in der Küche hängt ^^
Richtig :). Dennoch hat Christoph Reuss recht, dass die Grafik CC-BY-lizenziert und eine Namensnennung somit zwingend ist.