1. Sonstiges

Von der Demokratie, Body Checks und Bandagen

Staunend darf man heute le­sen, die Schweiz sei de­mo­kra­ti­sches Mit­tel­mass. Hin­ter lau­ter Ländern, in denen ein Mall alle vier Jahre gewählt wird, wenn die Re­gie­rung so lange hält. Hin­ter Ländern, die ein Mal in vier Jah­ren manch­mal eine höhere Stimm­be­tei­li­gung hin­be­kom­men als wir vier Mal pro Jahr.

Aus den Reihen der Projektleitung hören wir, Deutschland habe „beispielsweise eine bessere Gewaltenkontrolle als die Schweiz. So gibt es in der Schweiz keine Möglichkeit, einen Bundesrat abzuwählen oder Neuwahlen ausrufen zu lassen. In Deutschland greift diese Kontrolle besser.“ – Wer so argumentiert, hat erstens einmal die jüngere Vergangenheit verpasst. Es wurde unter anderem ein in seinen Reihen äusserst populärer Bundesrat abgewählt.

Und zweitens lässt diese Sicht schlicht ausser Acht, dass die Schweiz von Grund auf ein auf Konsens angelegtes und vom Konsens ausgehendes System besitzt. Die Denke, „die da oben“ alle vier Jahre auszuwechseln, wo möglich mit institutionalisiertem​ Misstrauen vorher schon zu entsetzen, um kurz darauf selbst dasselbe Schicksal zu erleiden, ist uns fremd.

Die demokratische Idee Suisse ist es, gemeinsam voranzukommen. Deswegen wird das Volk – der Souverän – regelmässig konsultiert. Was plebiszitäre Übungen erspart, denn die Volksabstimmung zeigt der Regierung alle drei Monate, ob sie richtig liegt.

In der indirekten quasi-Demokratie unserer Nachbarländer erinnern mich die viel besungenen Checks and Balances eher an Body Checks und Bandagen, direkte Legitimation vor dem Souverän ist äusserst selten. Lassen wir uns bloss nicht irre machen! Die Macht geht im Kern der Schweiz seit über 700 Jahren in weit stärkerem Mass vom Volke aus als rund herum. Wir können immer besser werden, aber Häme haben wir nicht nötig.

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Comments to: Von der Demokratie, Body Checks und Bandagen
  • Januar 28, 2011

    Die Studie zeigt nur eins. Wir könnten uns noch verbessern.
    Da ist erstens die undurchsichtige Parteienfinanzierung.​ International gesehen wird das als Korruption bezeichnet.
    Zweitens wäre ein Verfassungsgericht zwingend. Bei uns können sich zum Beispiel Kantone weigern Bundesrecht umzusetzen. Sprich die Umsetzung dauert Jahrzehnte.

    Das die Beteiligung tief ist, ist bedauerlich aber nicht beeinflussbar.

    Dei Schweiz hat funktioniert weil sich alle an die Grundwerte unserer Demokratie gehalten haben. Das sehe ich immer weniger. Falls wir so weitermachen reiten wir unsere direkte Demokratie in den Abgrund. Demokratie ist mehr als Abstimmen. Aber wir haben keinen institutionellen Rahmen der uns die Demokratie garantiert.

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    • Januar 28, 2011

      Die Parteifinanzierung ist mickrig im Vergleich zu D und den USA, selbst bei der SVP. Zudem kann das Volk dank direkter Demokratie, ziemlich alles beinflussen und überall ein Veto einlegen. Das Verfassungsgericht ist die Volksabstimmung.

      N​ur weshalb emigrieren so viele in die Schweiz? Vielleicht weil die anderen Demokatien das Volk gleicharm machen?

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    • Januar 29, 2011

      Die Höhe der Parteienfinanzierung spielt doch dabei keine Rolle. Ich will einfach wissen woher das Geld stammt. Da ich sonst das Abstimmungsverhalten nicht kontrollieren kann. Stimmt der Politiker wofür ich ihn gewählt habe oder stimmt er für seinen Spender?

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    • Januar 29, 2011

      Hans Meier,

      Wäre es nicht besser zu wissen, was die Volksvertreter so abstimmen. Würde man die Abstimmungen im Ständerat publizieren, könnten man vergleichen, ob die kandidierenden Vertreter auch so abstimmen wie sie politisieren.

      Und glauben Sie, dass die Firmen mit ihren Lobbysten es nicht fertig bringen über verschachtelte Vereinskonstrukte, die Finanzierung zu verheimlichen? In der Pharma sieht man gut, wie der Werbeverbot mit Sponsoring von Selbsthilfegruppen umgangen wird. Und bei den NGOs sind die Roten und Grünen mindest so gut wie die FDP und SVP. Nein, noch besser, den sie nehmen das Geld für diese NGO’s direkt von den Steuerzahlern.

      Ich​ wäre schon froh, wenn die Executive (Städte, Kantone, Bund) nicht mit meinen Steuern Abstimmungskämpfe durchführt.

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    • Januar 29, 2011

      Nachtrag: Gehören die Gelder an die AUNS auch zur Parteienfinanzierung der SVP, auch wenn da viele mitmachen, welche nicht zur SVP gehören? Gehören die Gelder der Caritas zur Parteienfinanzierung dazu, da sie hauptsächlich die Anliegen der SP vertreten?

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    • Januar 29, 2011

      Die Abstimmungen im Ständerat gehören eigentlich längst publiziert.
      Bei NGO’s oder AUNS sind die Geldgeber +- bekannt, oder zumindest die Spendesumme.

      Im Prinzip würde ich sogar noch weiter gehen und die Spenden auf pro Spender auf einen gewissen Betrag begrenzen. Was natürlich zum Ausland grundlegend anders ist, sind die Abstimmungen. Wo natürlich die betroffenen Branchen, NGO’s etc.. viel mehr Geld haben als die Parteien und entsprechend Investieren. Der Betrag müsste ebenfalls ausgewiesen werden.

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    • Januar 31, 2011

      Gelder können immer anonym gespendet werden…

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  • Januar 28, 2011

    Ach, was soll die Aufregung. Da haben ein paar kluge Leute ein paar Kriterien zusammengestellt und ihnen Werte und Skalen zugeorddnet. Dann haben Sie ein paar Verfassungen analysiert und ihnen ihre Massstäbe angelegt. Und dann kommt die Schweiz vielleicht gut, vielleicht schlecht dabei weg. Was soll der Vergleich? Wovon soll er uns abhalten? Wenn im Land etwas nicht stimmt, wird darüber diskutiert und – falls überhaupt – vielleicht in ein paar Jahren etwas daran geändert. So what?

    Ein Satz wie “Das die Beteiligung tief ist, ist bedauerlich aber nicht beeinflussbar.” ist allerdings in mehrerlei Hinsicht falsch. Wir können daran etwas ändern. Und das sollten wir auch. 1) jede/r für sich 2) alle miteinander. Die Aussage “Ich bin politisch nicht interessiert” stimmt hierzulande genau so lange, wie die Geschäfte einen nicht betreffen (oder nicht zu betreffen scheinen). Wird die Prämienverbilligung gestrichen, merken Herr und Frau A, wie sie die Faust im Sack machen. Dies ist der beste Augenblick, diese Leute darüber hinaus für Politik zu sensibilisieren.
    Der​ Staat sind wir. Das andere heisst “Staatsapparat” und gemeint sind damit Institutionen und Beamte, die notabene oft jene Arbeit machen, die wir vernachlässigen und die wir anderen überlassen.
    Aber wir alle sind Bürger dieses Staates an 14. Stelle – dank tiefer Stimmbeteiligung und Politverdrossenheit. Und da sitzen wir nun und trauen unseren Augen und Ohren und vor allem den Politikern nicht. Aber sich deshalb der Stimme enthalten ist bestimmt die falsche Konsequenz.
    Jede Stimme zählt – auch jene, die schweigt.

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    • Juli 18, 2021

      “Jede Stimme zählt – auch jene, die schweigt” – So ist es!

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    • Juli 18, 2021

      Ich interessiere mich für die Wahlen. Aber die Stimmabgabe fällt mir dennoch schwer. Eigentlich stimme ich nur damit die SVP nicht noch stärker wird.
      Bald haben sind in ZH Wahlen. Für den Regierungsrat stellen sich nicht viel mehr Kandidaten zur Verfügung als Plätze vorhanden sind. Das wird wahrscheinlich sein SVP 2, FDP 2, SP2 CVP 1, Grüne 1, GLP 1 und das für 7 Sitze. Das traurige dabei ist, dass die selben Versprechen wie vor vier (und wie vor acht) Jahren gemacht werden. Das ist Grotesk. Vier Jahre sind verstrichen und keins alten Versprechen gehalten (nicht einmal versucht). Leute die nicht einmal versuchen ihre Versprechen zu halten will ich nicht mehr wählen. Aber das kann ich ja nicht, da ich keine Auswahl habe.
      Das zweite ist der Kantonsrat. Im Prinzip haben wir drei Blöcke SVP-(FDP,GLP,CVP)-(SP​,Grüne) und daran wird sich nichts ändern. Das heisst Blockadepolitik. Wer sich ein bisschen mehr dafür interessiert und sieht woran Neuerungen scheitern. Ist das nur noch lächerlich. Hauptsache die reine Parteidoktrin. Warum soll jemand für dieses Kasperlitheater die Urne gehen.

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    • Juli 18, 2021

      Ich erhoffe mir da einiges von den Möglichkeiten der neuen Kommunikationswege. Anders als noch vor wenigen Jahren hat heute jede interessierte Wählerin und jeder Wähler die Möglichkeit, problemlos mit “ihren” / “seinen” Deputierten in Kontakt zu bleiben. Und erfahrungsgemäss ist der Eindruck aus dem direkten Kontakt mit dem Souverän nicht selten stärker als die Macht der Doktrin.

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  • Januar 28, 2011

    Die Uni Zürich hat mit Prof. Bruno S. Frey einer der weltweit bekanntesten Glücksforscher. Seine Studien zeigen, dass die direkte Demokratie und die dezentralisierten Staatsstrukturen wesentlich zum Glück ihrer Bürger beiträgt. Prof. Freys Arbeiten sind immer sehr gut fundiert und nicht ideologisch geprägt.

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  • Januar 30, 2011

    * Demokratisches System recht gut – Umsetzung weit von Regeln entfernt *

    Das demokratische System unseres Landes ist meines Erachtens recht gut. In den letzten vier Jahren wurde aber in der Ausführung immer wieder gegen die Grundregeln der Demokratie verstossen.

    Als Teil der Bevölkerung spüre ich, dass sich die Themen des Parlamentes weit von den aktuellen Themen in der Bevölkerung entfernt haben. Zusätzlich steht sehr oft das Faust-Recht im Vordergrund und nicht das juristische Recht. Das heisst, diverse Regeln wurden aufgrund des Drucks einer Gruppierung angepasst und nicht aufgrund von Überzeugungen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis die Bevölkerung genügend Druck aufbaut, damit die Politiker wieder vermehrt ihre Volksvertretung wahrnehmen.

    Somit bin ich mit dem Resultat der Studie einverstanden. In unserer Demokratie besteht Verbesserungspotentia​l und andere Länder schneiden auch besser ab.

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    • Januar 31, 2011

      In der Tat, es gibt Beispiele, da “die Politik” weit an “der Realität” vorbei zu schwadronieren scheint. Vieles davon hat, so mein Eindruck – und bei allem Respekt vor den Leistungen der altgedienten Grössen der Politik – etwas mit jener Betriebsblindheit zu tun, die immer einsetzt, wenn dieselben Leute zulange dasselbe tun. Was daraus folgt, ist klar…

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    • Februar 2, 2011

      Geschätzter Herr Saxer

      Es freut mich, dass ihre Gedanken mindestens zu einem Teil mit meiner Äusserung übereinstimmen. Hier noch ein paar Worte zu ihrer Partei. Es ist nicht meine Meinung, dass Sie das Verhalten zu verantworten haben. Ich sehe bei ihnen aber den Willen für Veränderungen in diesen Themengebieten.

      Di​e Abweichungen von den demokratischen Prinzipien auf die Betriebsblindheit zu reduzieren ist meiner Ansicht eine zu einfache Schuldzuweisung. Als Gegenbeispiel möchte ich hier das demokratische Verhalten vom Schlichter bei Stuttgart 21 (Herrn Geissler) erwähnen. Die Handlungsweise und den Entscheidungsraum der politischen Persönlichkeiten werden durch diverse Einflussfaktoren bestimmt.

      Unmöglic​h ist es, wenn eine politische Partei wie die CVP zu grosse Widersprüche erklären will. Zu oft wird dabei als Basis für die Argumente eine Intelligenz eingesetzt, die gegenüber der Intelligenz des Durchschnittsbürgers weit im Rückstand ist. So können die folgenden Positionen nicht widerspruchsfrei erklärt werden:

      1. Familienfreundlich zu sein und gleichzeitig die politischen Ursachen für Lohndumping, Nötigung sowie Verdrängung am Arbeitsplatz zu unterstützen. Da kann man noch so viel versuchen zu erklären, welche Zusammenhänge Gültigkeit haben sollen und welche nicht. Denn jede Universität stuft in der Ökonomie-Ausbildung diese Zusammenhänge als Basiskenntnisse ein.

      2. Familienfreundlich zu sein und die Ursachen für tiefe Produktionspreise in der Landwirtschaft zu unterstützen ist ebenfalls unmöglich. Denn auch in der Landwirtschaft gibt es zahlreiche Familien und ein enormer Anteil der Bevölkerung hat Verwandte und Bekannte in dieser Branche. Es ist schlichtweg undenkbar, dass eine solche Politik von der denkenden Bevölkerung mitgetragen wird.

      Daneben gilt es zu bedenken: «Eine familienfreundliche Politik trägt sehr viel zu einem landesinternen Bevölkerungswachstum bei.»

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  • Januar 31, 2011

    Hallo Marc

    Ich meine mich zu entsinnen, dass sowohl Blocher als auch Metzler nicht abgewählt, sondern einfach nicht wiedergewählt wurden. Ich bin zwar nicht der Jurist hier, doch meine ich, hier einen kleinen, aber feinen Unterschied zu erkennen. 😉

    Wie eine saubere Gewaltentrennung in der Schweiz funktioniert oder eben in der Praxis nicht funktioniert, können wir z.B. hier nachlesen: http://www.abgott.ch/​misc/?p=342

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  • Februar 11, 2011

    In vielen vorherigen Beiträgen wird die schlechte Stimmbeteiligung angesprochen. Um dies zu ändern müsste der Stimmbürger wieder vermehrt sehen können, dass seine Entscheidungen in die weitere Entwicklung des Landes miteinbezogen werden. Leider hat man manchmal das Gefühl, dass Entscheidungen des Souveräns, welche nicht in die Politik unserer Politikerelite passen, halbherzig umgesetzt werden.

    Hier noch eine Idee welche man weiter verfolgen sollte:
    Um das Intresse des Bürgers an der Politik zu steigern, könnte der Souverän vermehrt in die Entscheidungsfindung miteinbezogen werden.

    Wie soll dies geschehen:
    Bald sind wir so weit, dass der Informationsaustausch​ über das Internet sicher sein wird. Was spricht nun dagegen, diesen Umstand zu nutzen und das Volk vermehrt selber entscheiden zu lassen. Rein theoretisch könnte man es so weit treiben und die Parlamente könnten abgeschafft werden. Jeder Schweizer setzt sich am Abend an seinen Computer und stimmt über die verschiedenen anstehenden Geschäfte ab.

    Verstehen sie mich nicht falsch: Ich bin dagegen, dass es so weit getrieben wird. Es geht nur darum die Möglichkeiten aufzuzeigen. Ich bin aber der Meinung, dass es heute Möglichkeiten gibt, die es erlauben würden, die direkte Demokratie weiter auszubauen. Und dies sogar recht kostengünstig. Was spricht dagegen, dies vermehrt zu nutzen.

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    • Februar 12, 2011

      Natürlich ist Ihr Vorschlag ein “Langschuss” – aber in der Stossrichtung stimme ich Ihnen 100% zu! Es scheint mir geradezu ein Imperativ, die ICT zur Stärkung der Demokratie zu nützen, und nicht etwa nur zur Schwächung lokaler (Sozial-) Gesetzgebungen via “Globalisierung”…​

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  • Juni 15, 2011

    Auch die direkte Demokratie hat Ihre Gefahren!

    Dass die meisten Länder weitgehend auf direktdemokratische Instrumente verzichten, hat schon seine Gründe. Parlamentarier sollten politische Eliten sein, die ihre Entscheide abwägen und wohl begründen können. Das kann man vom Stimmvolk nicht behaupten. Umfragen zeigen, dass bei etwas komplexeren Fragestellungen der grösste Teil des Volkes nicht sagen kann, worum es im Kern der Sache geht. Es entscheidet vielfach aufgrund von Parteiparolen und Schlagworten.

    Bild​ungsferne Schichten wählen sehr oft emotional. Im Glücksfall erkennen sie, welche Parteien ihre persönlichen Interessen vertreten (Parteien mit sozialen Forderungen). Wenn es aber anderen Parteien (z. B. SVP) gelingt, Angst und Ressentiments über Themen von kleiner realer politischer Bedeutung zu wecken (z. B. Minarett-Abstimmung),​ ist es schon möglich, dass sie auch bei Wahlen solche Parteien wählen, die höchstens vorgeben, soziale Anliegen zu vertreten.

    Ganz kritisch wird es aber für diejenigen Parteien, welche bestreiten, dass politische Fragen von grosser realer Bedeutung (EU-Beitritt, Personenfreizügigkeit​, Ausländerkriminalität​) die Unterprivilegierten in ihrem schon heute kritischen Status noch stärker gefährden oder bedrohen könnten. Diese Parteien dürfen sich nicht wundern, wenn ihr aus ideologischen Gründen gepredigter Internationalismus bei Unterprivilegierten nicht ankommt und sie im Zweifelsfall ihrer Angst und Wut folgen und jene Parteien wählen, die ihnen Stabilität und Sicherheit versprechen.

    Beide Effekte wirken sich auch auf die Stimmbeteiligung aus. Wehe wenn sich jene an Abstimmungen beteiligen, die sich bisher aus prinzipiellen oder intellektuellen Gründen nicht am politischen Betrieb beteiligen wollten oder konnten. Wenn diese Schichten auch noch emotional gereizt werden, werden Abstimmungen noch manche Überraschungen bringen. Einen kleinen Anschauungsunterricht​ bezüglich emotional geführten Debatten und entsprechenden Abstimmungsergebnisse​n bieten übrigens auch Gemeindeversammlungen​.

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    • Juli 8, 2011

      Lieber Herr Schneider – wir werden uns wohl nie finden. Ich kann Ihrer Kritik an der direkten Demokratie in keinem Punkt zustimmen. Natürlich ist es so, dass die hochkomplexen Zusammenhänge der Moderne alle und jeden überfordern. Aber eben alle und jeden, auch die so genannte “politische Elite”. Und just deswegen schätze ich das Korrektiv des kumulierten Bauchgefühls, so unfassbar es quantitativ auch sein mag, sehr. Gerade Gemeindeversammlungen​ und Landsgemeinden sind oft glänzende Beispiele harten Streits aber im ganzen vernünftigen Entschlusses.

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