1. Politik Aktuell

Die Schweiz im globalen Handel

Wie die meisten Staaten weltweit will auch die offizielle Schweiz (Bundesrat, Verwaltung und Parlament) den freien Handel fördern, um den Wohlstand zu steigern. Weil Freihandel aber nicht nur Gewinner sondern auch Verlierer schafft, steht der Abbau von Handelsbeschränkungen auch immer wieder in der Kritik. Dieser Text zeigt auf, mit wem die Schweiz handelt und womit, welche Trends es gibt, welche Hauptargumente für und gegen den Freihandel vorgebracht werden und gibt eine Übersicht über die aktuellen Freihandelsabkommen der Schweiz.

Idee und Umfang des Handels

Unternehmen spezialisieren sich zunehmend auf diejenigen Arbeitsschritte, in denen sie besser bzw. günstiger sind als Andere und kaufen den Rest ein. Dank dieser Spezialisierung können insgesamt mit gleichem Aufwand mehr Produkte hergestellt und diese günstiger angeboten werden. Um diese Wohlstandsgewinne voll auszuschöpfen, sollten die Unternehmen ihre Produkte untereinander frei austauschen können. Dies ist heute jedoch oft nicht möglich, weil viele Länder durch Zölle und andere Schutzmassnahmen (s. Kasten) den internationalen Handel behindern.

Für die Schweiz ist der internationale Handel sehr wichtig, denn mittlerweile machen die Exporte bereits über 53% (2006) des Bruttoinlandprodukts (BIP) aus. Das bedeutet, dass die Schweiz mehr als jeden zweiten Franken im Ausland verdient. Wie in Abbildung 1 zu sehen ist, wachsen die Schweizer Exporte weiterhin stark an:


Abb. 1: Entwicklung der Exporte an wichtigste Handelspartner (Quelle: BFS)

Der mit Abstand wichtigste Handelspartner der Schweiz ist die EU. Vor allem in den letzten drei Jahren sind die Schweizer Exporte in die EU nochmals stark angestiegen. Im Vergleich zu 1988 konnten die Schweizer Unternehmen 2006 in den heutigen EU-Ländern sogar mehr als doppelt soviel absetzen. Mit nur einem Fünftel des EU-Volumens ist das zweitwichtigste Exportland der Schweiz die USA, gefolgt von Japan. China und Indien machen heute einen zwar nicht unbedeutenden, aber vergleichsweise kleinen Anteil der Schweizer Exporte aus. Das Wachstum ist bei diesen beiden Ländern jedoch sehr hoch. In den letzten vier Jahren haben sich die Exporte nach China verdoppelt und nach Indien sogar verdreifacht.

Die Abbildung 2 zeigt, dass die Schweiz vorwiegend Chemikalien, Maschinen & Elektronik sowie Bank- und Tourismus-Dienstleistungen im- und exportiert.


Abb. 2: Zusammensetzung Schweizer Im- und Exporte 2006 (Quelle: EZV, SNB)

Diese Daten zeigen, welche Bedeutung der internationale Handel für die Schweiz inzwischen hat. Um noch stärker vom Handel profitieren zu können, möchte der Bundesrat daher über Freihandelsabkommen weitere Handelsbarrieren abbauen. Freihandelsabkommen bieten grosse Chancen, sind aber auch mit einigen Nachteilen verbunden.

Auswirkungen von Freihandel

Chancen

Die wichtigste Chance des Freihandels ist, wie bereits erwähnt, das Wirtschaftswachstum. Dies entsteht einerseits durch die erwähnte Spezialisierung, andererseits wird der Wettbewerb zwischen einzelnen Firmen durch die Öffnung der Grenzen verstärkt. Die Hersteller verspüren so einen grösseren Druck, ihre Preise tief zu halten und innovativ zu sein.

Auch insbesondere für die Schweiz hat der Freihandel positive Effekte. Zum einen ist die Schweiz als rohstoffarmes Land auf Rohstoffimporte angewiesen. Wenn es, wie das bereits heute der Fall ist, kaum Zölle oder andere Importbeschränkungen für Rohstoffe gibt, können die Schweizer Unternehmen Rohstoffe günstiger einkaufen und somit günstigere Produkte herstellen. Noch wichtiger ist aber freier Handel für die vielen führenden Schweizer Unternehmen z.B. im High-Tech-Bereich. Für die oft sehr spezialisierten Produkte dieser Branche ist der Schweizer Markt zu klein. Sie sind auf Exporte angewiesen.

Für Entwicklungsländer bietet Handel zudem die Möglichkeit, Kapital und Wissen ins Land zu holen und damit ihre Entwicklung zu beschleunigen.

Risiken

Freihandel ist aber auch mit Risiken verbunden. Speziell für Entwicklungsländer ist z.B. der Aufbau von eigenen Unternehmen schwieriger, da sie von Beginn an mit der internationalen Konkurrenz mithalten müssen. Auch sind Zölle für Entwicklungsländer eine wichtige Einnahmequelle, welche durch den Freihandel wegfällt. Die Beispiele von China oder Indien zeigen jedoch, dass für viele Entwicklungsländer die Vorteile überwiegen. Für die Schweiz gibt es andere Probleme, so ist das meist genannte Risiko bei der Einführung von Freihandel der Arbeitsplatzverlust bei Unternehmen, die im Vergleich zum Ausland nicht konkurrenzfähig sind. Ein solcher Arbeitsplatzverlust wird in der Schweizer Landwirtschaft befürchtet, falls es zu einem Freihandelsabkommen mit der EU kommt. Im Gegenzug entstehen natürlich auch Arbeitsplätze in Branchen und Unternehmen, die gegenüber dem Ausland besser sind, wie z.B. bei Banken oder in der High-Tech-Industrie. Allerdings kann man den Grossteil der entlassenen Angestellten aus einer Branche wie z.B. der Landwirtschaft nicht so einfach umschulen, um sie in einem anderen Bereich wie z.B. bei Banken einzusetzen. Für die betroffenen Arbeiter bedeutet dies ohne Umschulung daher oft eine kurz- bis mittelfristige Arbeitslosigkeit.

Ein weiterer Nachteil von verstärktem Handel ist der damit verbundene Verkehr. Dieser führt zu einer höheren Umweltbelastung, was angesichts des Klimawandels problematisch ist.

Nicht nur der Verkehr, sondern auch das Umgehen von strengen Umweltschutzgesetzen erhöht die Umweltbelastung. Speziell Entwicklungs- und Schwellenländer haben oft keine oder nur sehr tiefe Umweltschutz– und Arbeitssicherheitsvorschriften. Dank der weniger scharfen Vorschriften können Unternehmen in solchen Ländern günstiger produzieren und haben dadurch einen Vorteil gegenüber Unternehmen in der Schweiz.

Freihandelsabkommen der Schweiz

Aktuelle Situation

Die Schweiz ist international eng vernetzt und hat heute im Rahmen der europäischen Freihandelszone (EFTA) mit 22 Ländern ein Freihandelsabkommen (s. Kasten). Ein weiteres soll mit Kanada in den nächsten Monaten unterzeichnet werden. Unabhängig von der EFTA hat die Schweiz neben den Färöer Inseln auch mit der europäischen Gemeinschaft (EG) seit 1973 ein Feihandelsabkommen.

In den meisten dieser Abkommen wurden die Zölle etc. aber nur für Industriegüter und teilweise für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte (Pommes-Chips, Käse etc.) abgeschafft. Bei den Dienstleistungen gibt es oft weiterhin bedeutende Handelshemmnisse.

Die Schweiz deckt damit mit ihren Abkommen insgesamt ca. 40% des weltweiten Bruttoinlandprodukts ab.

Verhandlungen über zukünftige Abkommen

In seiner Aussenwirtschaftsstrategie hat der Bundesrat Kriterien und Prioritäten für zukünftige Freihandelspartner festgelegt. Aufgrund des sehr grossen Marktpotenzials für die Schweizer Unternehmen möchte der Bundesrat in nächster Zeit vor allem mit drei der vier BRIC-Länder (s. Kasten) nämlich China, Indien und Russland Gespräche im Hinblick auf ein Freihandelsabkommen im Rahmen der EFTA führen.

Wegen der enormen wirtschaftlichen Bedeutung wäre ein Freihandelsabkommen mit den USA, die alleine knapp 28% des weltweiten BIP ausmachen, besonders interessant. Weil die Erfolgsaussichten aber gering waren, wurden 2006 noch keine Verhandlungen aufgenommen. Ein neu gegründetes Zusammenarbeitsforum sucht aber nach Möglichkeiten, um den Handel mit den USA weiter zu liberalisieren und eventuell zu einem späteren Zeitpunkt Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen aufzunehmen. Zudem führt die Schweiz zurzeit Gespräche mit Japan und erstellt eine Machbarkeitsstudie für ein Freihandelsabkommen mit China. Ebenfalls geprüft wird, welche Auswirkungen eine Ausdehnung des Freihandels mit der EU auf den Agrarsektor haben könnte.

Ausserdem verhandelt die Schweiz im Rahmen der EFTA zurzeit mit neun weiteren Ländern über ein Freihandelsabkommen.

Wenn alle diese Abkommen zustande kommen (ohne USA), hätte die Schweiz bereits mit Ländern ein Freihandelsabkommen, die zusammen insgesamt ca. 61% des weltweiten Bruttoinlandprodukts abdecken.

Seit 1995 ist die Schweiz zudem auch Mitglied bei der Welthandelsorganisation WTO, die sich für eine weltweite Liberalisierung des Handels einsetzt. Die aktuelle Verhandlungsrunde (Doha-Runde) wurde 2001 gestartet und hätte anfangs 2005 abgeschlossen werden müssen. Hauptziele dieser Runde sind der Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen sowohl bei Industriegütern als auch bei Landwirtschaftsprodukten. Vom Abbau der Zölle bei den Agrarprodukten würden vor allem die Entwicklungsländer profitieren können, während bei einer stärkeren Marktöffnung bei den nicht-landwirtschaftlichen Gütern in erster Linie die Industrieländer profitieren würden. Wegen der unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Länder sind die Verhandlungen vorerst blockiert. Wann die Doha-Runde abgeschlossen sein wird, ist derzeit noch unklar.

Fazit

Freihandel hat nicht nur grosse Vorteile, sondern bringt auch gewichtige Nachteile mit sich. Trotzdem sind Experten, Bundesrat und Parlament überzeugt, dass für die Schweiz die Vorteile überwiegen. Bereits heute ist die Schweiz international eng eingebunden und der Bund arbeitet daran, die Exportmöglichkeiten für Schweizer Firmen weiter zu verbessern.

Literaturverzeichnis

Bundesamt für Statistik (BFS) (2007). Bruttoinlandprodukt. Abrufbar unter: Link

Eidgenössische Oberzolldirektion (2007).Schweizerische Aussenhandelsstatistik – Export Wert in Fr.

Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) (2007). Aussenhandelsstatistik – Warenart. Abrufbar unter : Link

Krugman, P.R. & Obstfeld, M. (2006). International Economics – Theory and Policy. Pearson Internationanl Edition.

Schweizerische Nationalbank (SNB) (2007). Zahlungsbilanz der Schweiz 2006. Abrufbar unter: Link

Schweizerischer Bundesrat (2007). Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2006 sowie Botschaften zu Wirtschaftsvereinbarungen. Abrufbar unter: Link

Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) (2007). Aussenwirtschaft – Freihandelsabkommen / EFTA. Abrufbar unter: Link

Weltbank (2007). Data & Statistics – GDP and GNI. Abrufbar unter: Link

World Trade Organization (WTO) (2007). Understanding the WTO: The Doha Agenda. Abrufbar unter: Link

Freihandelstext_final.pdf – PDF

Neuste Artikel

  1. Gesellschaft
Ist NR Andreas Glarner ein «Gaga-Rechtsextremist»? Sollten sich mutmasslich ehrverletzende Schimpfwörter, wie sie Hansi Voigt gebrauchte, als rechtmässig in Kauf zu nehmende Kollateralschäden für gewählte Politiker:innen durchsetzen, würden hierzulande einige Dämme brechen. Die Entschädigung, welche Nationalrät:innen beanspruchen dürfen, wäre dann in der Tat endgültig eine «Schafseckelzulage», wie sich der verstorbene frühere Bildungsdirektor Alfred Gilgen jeweils auszudrücken pflegte.
  1. Gesellschaft
Die Meinungsfreiheit ist in Deutschland gefährdet. Meinungsfreiheit, die keine falschen Tatsachenbehauptungen zulässt, ist eben keine. Nur eine Gesellschaft, in der es sogar erlaubt ist, zu lügen, ist wirklich frei. Die Lüge mag moralisch verwerflich sein. Ein Rechtsvergehen darf sie in einer freien Gesellschaft niemals sein. Dass die neue Koalition in Deutschland offensichtlich an eine Medienaufsicht zur Wahrheitskontrolle denkt, macht die Sache noch schlimmer. Vor allem aber gestehen die rot-schwarzen Koalitionäre mit der Planung einer staatsfernen Medienaufsicht selbst ein, dass sie Meinungen unterhalb der Schwelle des Strafrechts sanktionieren wollen. Doch in einem Rechtsstaat ist alles erlaubt, was nicht verboten ist. Wer an diesem Grundsatz rüttelt, öffnet das Tor zu einer autoritären Gesellschaft.
  1. Politisches System
Die FDP verliert ständig Wahlen. Das generelle Problem der Mitte-Parteien (FDP, Die Mitte, EVP und GLP) ist ihre schwankende Position zu politischen Schwerpunktthemen wie zur EU-, Migrations-, Asyl- oder Neutralitätspolitik. Die Wählenden und Abstimmenden wissen nie genau, wie sich diese Parteien und ihre Vertreter:innen positionieren. Das ist der Hauptgrund für ihr tendenziell schwaches Abschneiden bei Wahlen und Abstimmungen.

Bleiben Sie informiert

Neuste Diskussionen

Willkommen bei Vimentis
Werden auch Sie Mitglied der grössten Schweizer Politik Community mit mehr als 200'000 Mitgliedern
Tretten Sie Vimentis bei

Mit der Registierung stimmst du unseren Blogrichtlinien zu