Kommentar zu einer versuchten Ästhetisierung der Rotlicht-Szene
Ein Swingerklub in einem Museum! Mit allem Drum und Dran. Und am Abend können Hinz und Kunz die in Reizwäsche amtierende Helvetia flach legen. Und plötzlich ist jeder pro Helvetia. Und jeder ein Patriot. Swing low, sweet Patriot …
Dem dies einfiel ist ein gefeierter Künstler der modernen Kunstszene. Er heisst Christoph Büchel und hat zahlreiche Ausstellungen in Kassel, Tokio, Paris und Sydney hinter sich.
Vor uns haben wir von ihm zurzeit eine die käufliche Geilheit zelebrierende künstlerische Liegenschaft: Die Einrichtung eines Swingerklubs in der Wiener Sezession. Dort, wo Gustav Klimt mit seinem Beethoven-Fries vor dem ersten Weltkrieg für Furore sorgte, weil er entblösste Damen und vor Lust nach hinten gekämmte Augen an die Wand malte, setzt Büchel auf Realismus. Er holt die Nacktheit von den Wänden und macht das Museum zum Bordell. Damit verleiht er den von Pro Helvetia gespendeten Steuergeldern eine neue Dimension.
In der heutigen, medienverseuchten Umwelt wird ja Kunst nur mehr wahrgenommen, wenn sie sich die Prinzipien der Pornographie zu eigen macht. Dort hopst auch alles in einem nie endenden Szenen- und Rollentausch grenzenlos über- und durcheinander. Trotzdem weiss jeder, an welcher Stelle auch immer er in einen solchen Streifen einsteigt, stets ganz genau, was Sache ist.
Und die Nacktheit der flach gelegten Körper zelebriert, weil jede soziale Unterscheidung dahinfällt, die handfeste Gleichstellung – nicht nur der Geschlechter – sondern auch der Kulturen, Rassen, Farben und Klassen.
So ist es auch mit der modernen Kunst. Sie weist nur mehr auf sich selbst und nicht mehr über sich hinaus. Wie der Pornofilm jeden Geschlechtsteil ausleuchtet und grossformatig in Szene setzt, sodass der Zuschauer oft den Bezug zum Körperganzen verliert und der Geschlechtsakt zur rein mechanisch-genitalen Übung verkommt, geht die moderne Kunst mit der Gesellschaft um. Geschaffen wird nichts mehr, es wird nur alles beleuchtet und obszön vergrössert, und damit hat sich‘s.
Wobei der Steuerzahler, der ja von Kunst nichts versteht und erzogen werden muss, noch dafür bezahlt, dass er im Museum das besuchen darf, was er in der realen Wirklichkeit billiger und substantieller bekommen könnte.
Doch was ist schon ein echter Swingerklub gegen das Gefühl, in der Rolle des Verarschten artistisch inszenierte Ärsche begutachten zu können, die im künstlerischen Rotlicht viel erhabener glühen.
So geht Otto Normalverbraucher dank Büchel und Pro Helvetia ganz öffentlich und ungestraft mit der Kunst ins Bett. Denn es wird ihm ein Alibi geliefert: Er ist ja in einem Museum, in dem es beim Bumsen nur um Höheres gehen kann.
Auf diese Weise kommt der grösste Kunstbanause doch noch zu einem künstlerischen Orgasmus und die Kulturszene hätte wieder einmal bewiesen, dass Kunstfertigkeit, Gestaltungskraft, kurz: elitäres Gebaren, im Sumpf des modernen Kunstbetriebs nichts zu suchen hat. Wo alles verflacht und flachgelegt wird, sind keine kreativen Höhenflüge mehr gefragt.
Jetzt bleibt dem Herrn Büchel mit dem Segen der Annonis und Knüsels nur noch eins zu tun: Ein Museum in einem Swingerklub installieren. Das wäre endlich etwas Neues. Statt den Geschlechtsverkehr in ein Ausstellungsobjekt zu verwandeln gäbe man den Ausstellungsobjekten eine geschlechtliche Kulisse. Geld ist ja genug da. Und bei jedem Skandal kann man sich ungestört und medial begleitet in der Rolle des unverstandenen Genies sonnen. Dass auf diese Weise keine Mittel mehr für die Übersetzung wertvoller Romane und Unterstützungsgelder für hochwertige Kunstausstellungen fehlen ist dabei nicht einmal ein unerwünschter Nebeneffekt, nein, er gehört zur bewusst inszenierten und von Pro Helvetia geförderten Obszönität.
Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
Kommentare anzeigen Hide commentsWahnsinn, der 2 Vimentis-SVP Beitrag den ich zu 100% unterstütze.
Muss man eigentlich trennen zwischen der Kunst und dem eigenen Geschmack?
Ich halte auch nichts von so vielen “Ergüssen” der Gegenwartskunst. Ueber die “geklecksten Tapeten” von Jackson Pollock kann ich ebenso nur mit mitleidigem Lachen den Kopf schütteln wie über die “Fettecke” von Joseph Beuys.
ABER: Vieles ist in der Vergangenheit “skandalös”, was wir heute als interessant und beeindruckend einstufen. Und da meine ich nicht nur die Nackten (obwohl ich mich schon auch frage, wie es mit dem Bürgersinn steht, wenn im Pornographie-Prozess gegen Egon Schiele der hilflose Richter damals eine der vorgelegten Zeichnungen im Gerichtssaal verbrannte…)
Was “skandalös” gewesen ist an den Bildern von Edouard Manet, können wir heute nicht mehr nachempfinden. Aber auch damals hätten die meisten darüber geschimpft, wie man so eine primitive Unkultur wie den Manet noch mit öffentlichen Mitteln fördern kann…
Obwohl ich selber mit den meisten Machwerken der Gegenwart nichts anfangen kann (nicht einmal mich darüber aufregen), bin ich vorsichtig mit Einteilungen. Viele künstlerische Darstellungen sind ja auch nur Beleg dafür, wie es in der jeweiligen Epoch zu und her gegangen ist…
http://textepollert.wordpress.com/2010/11/23/achim-h-pollert-das-ist-aber-nicht-schon-gemalt-pablo-2/
Was ist Kunst. Darüber wird wohl immer gestritten. Vorsicht, ganz sicher dürfen wir diese Entscheidung nicht der Politik überlassen. Wir besuchen heute das Klee-Museum in Bern. Seine Bilder wurden von den Nazis als entartete Kunst klassifiziert und verboten. Andere verbrannt. Auch die Kommunisten bestimmten, was Kunst zu sein hat. Eigentlich entscheiden das die Bürger, die Menschen, die Konsumenten. Und das sollte so bleiben.
Die einen besuchen halt solche Kunst-Aktionen, andere besuchen lieber irgendwelche versteckten Treffen blondgelockter Patrioten im hohen Norden, was ist für unser Land und unsere Bewohner besser?
Was ist Kunst?
Kunst ist, den Bürgerinnen und Bürgern Gelder aus der Tasche zu entlocken, Behörden und Politikerinnen und Politiker dahingehend Mundtot zu machen, dass allesammt bei der Vergabe der Unterstützungsgelder nur noch Artig mit dem Kopf nicken und zustimmen.
Die Diskussion ist eine uralte: Was ist Kunst und was nicht?? Was darf gezeigt werden und was nicht? Wer entscheidet überhaupt darüber, was Kunst ist und was nicht??
Auf jeden Fall sollte die Kulturszene sich etwas mehr an der Marktwirtschaft und an Sponsoren orientieren, als an den Fressnäpfen des Steuerzahlers und Staates. Nur noch für Aktionskünstler nackte Tatsachen, Geschlechtsteile und Körperwelten zu finanzieren ist mir auch zu blöde und primitiv. Seine geistigen Ergüsse und die Sexualität soll jeder für sich praktizieren, aber nicht mit umfangreichen Steuergeldern und nicht andauernd an Orten, die der öffentlichen Hand gehören. Ansonsten kann man das Ganze tatsächlich in einen Swinger-Club auslagern, wo fast alles möglich ist, aber nicht unter dem Zwang von Aussenstehenden und Dritten.
@werner witschi: ich schmunzele und stimme dem natürlich zu… trotzdem Vorsicht: bei der Ironie gibt es eine grossen Zahl, die nicht nachkommen…
http://textepollert.wordpress.com/2012/03/28/achim-h-pollert-der-stammtisch/
Kunst und Ästhetik ist eben Geschmacksache und Spiegel der Kultur. Schaut man sich das Video an wo der Freysinniger im Cabaret aufritt kann man sicher sagen das er und seine Meinung keine Referenz ist, respektive lediglich ein subjektiver Erguss sein kann.