Das Jahr 2011 ist Ge­schichte – und wird un­sere Po­li­tik trotz­dem wei­ter be­ein­flus­sen. Denn während wir vor einem Jahr vol­ler Hoff­nun­gen und Er­war­tun­gen in das neue Jahr ge­st­ar­tet sind, star­ten wir nun in das Jahr mit der Ge­wiss­heit, dass wir viele Er­eig­nisse des Jah­res 2011 erst noch zu ver­ar­bei­ten und für die Zu­kunft zu nut­zen ha­ben. Fu­kus­hi­ma, der ara­bi­sche Frühling und die Eu­ro­krise wer­den uns wei­ter­hin beschäftigen, un­ge­ach­tet des Jah­res­wech­sels.

 

Quartalus horribilis

Im ersten Quartal 2012 werden die hochverschuldeten Eurostaaten Griechenland, Italien, Portugal und Spanien mehrere hundert Milliarden Euro rekapitalisieren müssen. Bedenkt man, dass Italien mit der letzten (als erfolgreich bezeichneten) Versteigerung von Staatsanleihen rund 7 Milliarden eingenommen hat, dann ist das eine Herkulesaufgabe. Europa wird also weiter strampeln, der Euro wird weiter unter Druck stehen und unsere Nationalbank wird weiterhin ihren Krieg gegen den starken Franken führen müssen.

 

Während die Schweiz und ihre Währung bei den Anlegern als Fluchtburg dient, wird sie dasselbe für die Aufständischen des arabischen Frühlings bleiben. In Syrien ist man weit davon weg, das Regime zu stürzen, in Ägypten, Lybien und Tunesien sind die jungen Menschen so perspektivlos wie eh und je. Wir wären töricht zu glauben, diese aussichtslose Lage würde nicht den einen oder anderen dazu bewegen, sich in Richtung Schweiz aufzumachen. Es werden Menschen aus der arabischen Welt zu uns flüchten, soviel ist sicher. Fraglich ist einzig, wie viele es sein werden und über welchen Zeitraum sie bei uns eintreffen.

 

Die alten Stimmen vom vollen Boot

Flüchtlinge aus Nordafrika, Arbeitsuchende aus dem Euroraum und dazu eine sich abkühlende Konjunktur auch in der Schweiz: Da ist vorprogrammiert, welches Thema 2012 mit populistischem Kalkül auf die politische Agenda gedrückt wird. Die alten Stimmen vom vollen Boot werden im nächsten Jahr wohl lauter zu vernehmen sein. Ich rate davon ab, diese Stimmen zu ignorieren. Aber ich rate genauso davon ab, diesen Stimmen mit einfachen Mitteln entgegen zu kommen. Mit Abschottung werden wir unseren Wohlstand nicht halten können.

 

Vielmehr gilt es, jene nachhaltigen Massnahmen zu ergreifen, mit welchen wir unser Boot erhalten können. Eine Schiene mit diesen Massnahmen ist im ersten, wichtigen Geschäft zu finden, welches ich als Mitglied der vorberatenden Kommission des Nationalrats zu behandeln habe: Die Revision des Raumplanungsgesetzes.​ Um beim Bild zu bleiben: Wenn unser Boot schon so begehrt ist, dann sollten wir die wenigen Plätze darauf auch möglichst geschickt nutzen. Das heisst: Boden soll nicht leichtfertig verbaut, Kulturland soll gesichert, Lebensraum erhalten werden. Das Mittel der Wahl hierzu heisst Mehrwertabschöpfung. Ich werde mich dafür einsetzen, dass diese auch im Nationalrat eine Mehrheit findet.

 

Während die Raumplanung als Instrument zur Sicherung der Landreserven zweifelsfrei taugt, ist sie in einem anderen Bereich noch völlig ratlos: bei der Bewältigung der Energiewende. Voraussichtlich im Sommer werden wir in Bundesbern „en détail“ darüber beraten, wo nach Abschaltung der Kernkraftwerke Strom produziert werden soll. Egal, zu welchen Resultaten man schlussendlich gelangt, eines ist klar: Die Landschaft wird mit den Ausbauplänen für Wind- und Wasserkraft unter Druck geraten – und ich damit in einen Zielkonflikt. Die Lösung dieses Konflikt wird nicht eine einfache Formel, sondern das Resultat langer Diskussionen sein.

 

Gefragt 2012: Der Blick fürs Ganze

Und so hängen viele unserer grossen Aufgaben 2012 zusammen. Die Währungspolitik mit der Zuwanderung, die Zuwanderung mit der Raumplanung, die Raumplanung mit der Energiefrage. Lösungen werden folglich nur dann möglich sein, wenn wir den Blick fürs Ganze bewahren. Eine grosse Aufgabe – ich freue mich darauf.

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Comments to: 2012 – Eine Vorschau
  • Januar 1, 2012

    “Vielmehr gilt es, jene nachhaltigen Massnahmen zu ergreifen, mit welchen wir unser Boot erhalten können.”

    “Boden soll nicht leichtfertig verbaut, Kulturland soll gesichert, Lebensraum erhalten werden.”

    Wie sollen wir die ganze Migration aufnehmen? Mit weniger Bauen? Bitte erklären genau, was für Massnahmen sie in Bern fordern!

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  • Januar 1, 2012

    Viel nebulöse Weihrauchpredigten und die Polit-Saläre hat man sich Ende Jahr auch noch erhöht!!

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NEIN zur Individualbesteuerung: Splitting-Modell ist tauglicher zur Abschaffung der Heiratsstrafe. Die Heiratsstrafe gehört zwar endlich abgeschafft – aber nicht via Individualbesteuerung. Die Individualbesteuerung ist extrem kompliziert und bestraft den Mittelstand. Die Individualbesteuerung würde auf einen Schlag 1.7 Millionen zusätzliche Steuererklärungen auslösen, die alle bearbeitet und kontrolliert werden müssen. Damit wären in der ganzen Schweiz weit mehr als 2’000 neue Steuerbeamte nötig, die keine zusätzliche Wertschöpfung bringen, aber die Staatsquote zusätzlich erhöhen würden. Doch auch auf anderen Ämtern würde der administrative Aufwand stark steigen. Hinzu kommt: Die Individualbesteuerung privilegiert die Aufteilung der Erwerbstätigkeit zu je 50%. Ehepaare, die eine andere Aufteilung wählen, werden durch die Progression steuerlich massiv benachteiligt. Dies wäre ein Angriff auf den Mittelstand. Die Individualbesteuerung ist nicht praxistauglich. Mit dem SPLITTING haben wir eine Lösung, die sich bereits in zahlreichen Kantonen bewährt hat. Sie ist unkompliziert und schafft keine neuen Ungerechtigkeiten. Diese Lösung zur Abschaffung der Heiratsstrafe kann problemlos auch bei der direkten Bundessteuer eingeführt werden.
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Warum so viele Beschwerden gegen Planungen und Baugesuche? Um das Bauen in der Schweiz voranzutreiben, hat der Bund via Raumplanungsrecht die Vorgaben an die für die Raumplanung zuständigen Kantone so verschärft, dass diese gezwungen sind, diesen Druck via Richtplanung an ihre Gemeinden weiterzugeben. Diese müssen dann die kantonalen Vorgaben in ihrer Ortsplanung umsetzen. Wer sich gegen Bauvorhaben erfolgreich wehren will, muss dies heute auf der Ebene des Baugesuchs tun. Das wird leider von offizieller Seite dann einfach als Querulantentum abgetan. Warum so viele Beschwerden gegen Planungen und Baugesuche? Um das Bauen in der Schweiz voranzutreiben, hat der Bund via Raumplanungsrecht die Vorgaben an die für die Raumplanung zuständigen Kantone so verschärft, dass diese gezwungen sind, diesen Druck via Richtplanung an ihre Gemeinden weiterzugeben. Diese müssen dann die kantonalen Vorgaben in ihrer Ortsplanung umsetzen. Wer sich gegen Bauvorhaben erfolgreich wehren will, muss dies heute auf der Ebene des Baugesuchs tun. Das wird leider von offizieller Seite dann einfach als Querulantentum abgetan.

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