Was der Film „Der Verdingbub“ mit dem Budget des Kanton Thurgaus zu tun hat…
Thurgauer Zeitung vom 3. 11. 11: Neuer Kinderschutz: Kantonsräte fordern weniger Stellen
Ich war gestern im Kino und habe mir den Film „Der Verdingbub“ angeschaut. Der Film erzählt die fiktive Geschichte von zwei Verdingkindern, welche exemplarisch für das Schicksal von Zehntausenden von Kindern stehen dürfte. Eindrücklich veranschaulicht der Film, wie sich die Situation der beiden Verdingkinder zunehmend verschlechtert, weil der Armenvater der Gemeinde nicht für die Rechte und grundlegenden Bedürfnisse der Kinder eintritt.
Zum Glück hat sich die Situation seither drastisch verbessert. Tragischerweise ist aber die Rechtsgrundlage (ZGB 360 – 455), auf welcher Kinder verdingt wurden, bis heute weitgehend unverändert in Kraft. Und auch heute noch führen die gleichen Konstruktionsfehler im Recht dazu, dass den Rechten von Kindern aus randständigen Familien oft nicht genügend Rechnung getragen wird.
Nach heutigem Recht ist es die Vormundschaftsbehörde, welche Kindschutzmassnahmen einleitet. In den meisten Gemeinden der Schweiz fungiert der Gemeinderat zugleich als Vormundschaftsbehörde. Für das Kindeswohl hat dies offensichtliche Nachteile:
- Mangelnde Fachkompetenz und Erfahrung: In der Praxis ist es alles andere als einfach für eine konkrete Situation angepasste Kindesschutzmassnahmen zu definieren. Die einweisende Behörde muss ein breites Spektrum abdecken können, welches sowohl rechtliche als auch sozialpädagogische Fragestellungen umfasst. Eine Laienbehörde kann sich diese Kompetenz kaum in der benötigten Qualität erarbeiten.
- Interessenskonflikt bezüglich Gemeindefinanzen: Kindschutzmassnahmen können teuer sein und gerade in kleinen Gemeinden ein beträchtliches Loch ins Gemeindebudget reissen. Als gewählte Behörde hat der Gemeinderat ein nicht unerhebliches Interesse den Steuerfuss tief zu halten. Aufgrund dieses Interessenskonflikts kommt es immer mal wieder zu Entscheidungen bei denen das Kindeswohl offensichtlich mit Füssen getreten wird.
- Wenig Rechtssicherheit: Die Organisation des Vormundschaftswesens in der Gemeinde bis hin zur konkreten Zusammensetzung des Gemeinderates ist entscheidend ob Kindschutzmassnahmen gesprochen werden oder nicht. Dadurch ist eine Gleichbehandlung von vergleichbaren Fällen nicht gegeben.
Glücklicherweise hat sich der Bund dieses Themas angenommen. Dazu hat er das ZGB im Bereich Erwachsenenschutz und Kindesrecht revidiert und per 1. Januar 2013 in Kraft gesetzt. Dieses Gesetz definiert ein umfassendes Massnahmenpaket, welches die bestehenden Missstände zielführend angeht. Dazu gehört unter anderem die Schaffung einer Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) als interdisziplinäre Fachbehörde für welche die Kantone zuständig sind.
Dieses Massnahmenpaket führt unweigerlich zu Mehrkosten auf Kantonsebene. Leider kommt die Umsetzung nun in verschiedenen Kantonen unter finanzpolitischen Druck. So auch im Kanton Thurgau. Überspannt der Rat den Bogen bei seiner Sparübung wird einmal mehr geltendes Recht der Kinder zugunsten eines tiefen Steuerfusses gebeugt. Und da sich keine LobbyUnter Lobby versteht man ein organisierter Zusammenschluss v... für die Rechte der Kinder stark macht, hätte der Grosse Rat sogar gute Chancen damit durch zu kommen.
Es liegt also an uns Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern uns für eine angemessene Umsetzung des neuen Rechts einzusetzen. Ein erster Schritt dazu könnte ein Kinobesuch sein oder indem Sie Ihrer Zustimmung zu diesem Artikel mit einem Mausklick Ausdruck verleihen…
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Kommentare anzeigen Hide commentsSehr geehrter Herr Moos
Dieser Film….. , da könnten unsere Grosseltern und Eltern noch mitreden.
Wir haben ja bereits schon die Anti Autoritären herbeigezüchtet.
Freundliche Grüsse