1. Finanzen & Steuern

Amtshilfeverordnung: Blitzzement fürs Bankgeheimnis!

Am 1. Ok­to­ber 2010 hat der Bun­des­rat seine Amts­hil­fe­ver­ord­n​ung in Kraft gesetzt. 

In dieser Verordnung wird die Schweizer Amtshilfe  geregelt bei Steuerhinterziehung oder Steuerbetrug im Rahmen der Doppelbesteuerungsabk​ommen nach OECD Musterabkommen:

http​://www.news.admin.ch/​message/index.html?la​ng=de&msg-id=34880

E​in entsprechendes, vom Parlament beschlossenes Gesetz, das eigentlich die Grundlage bildet für eine Verordnung, gibt es nicht, es sei in der Verwaltung noch in Erarbeitung, heisst es.

Das ist eigentlich widersinnig. Denn Gesetzeber ist das Parlament. Der Gesetzgebungsprozess kommt zuerst. Der Bundesrat erlässt anschliessend die Ausführungsbestimmung​en zu einem Gesetz im Rahmen einer Verordnung.

Nicht so bei der Amtshilfeverordnung: Hier schafft der Bundesrat in eigener Kompetenz die Ausführungsbestimmung​en eines Gesetzes, das es noch gar nicht gibt. Dieses Vorgehen ist skurril. Wohl nur möglich, weil Bundesrat und Bankplatz das Bankgeheimnis um jeden Preis zementieren mussten. Möglichst schnell. Möglichst nach Abschluss der Doppelbesteuerungsabk​ommen und vor Eintreffen des ersten Amtshilfegesuches!

W​as also steht in dieser Amtshilfeverordnung: Zusammenfassend folgendes: Wenn mehr oder weniger zweifelsfrei bekannt ist, wer wann, bei welcher Bank und wie  Steuerbetrug begangen hat, leistet die Schweiz unter Umständen Amtshilfe bei der strafrechtlichen Ahndung, falls die notwendigen Daten rechtmässig beschafft worden sind, sämtliche möglichen Rechtsmittelfristen eingehalten sind und das Verfahren trotzdem noch nicht verjährt ist.

Bei gestohlenen Daten erfolgt keine Amtshilfe. Die Rückwirkung gilt nur beim separaten UBS-Abkommen mit den USA.

Die Amtshilfeverordnung ist so gestaltet, dass sie kaum je angewendet werden wird. Mit der Verordnung hat der Bundesrat, wohl in Zusammenarbeit mit dem Finanzplatz,  das Bankgeheimnis zementiert.

Die Doppelbesteuerungsabk​ommen nach OECD Musterabkommen sind Augenwischerei mit der Amtshilfeverordnung des Bundesrates. Nur in den wenigsten Fällen wird es je zur Amtshilfe in Steuerfragen kommen. So hat der Bundesrat das Bankgeheimnis zementiert. Ohne Mitwirkung des Parlamentes, notabene.

Dass es jetzt zum éclat kommt mit Ländern, die vor kurzem in gutem Glauben mit der Schweiz neu ausgehandelte  Doppelbesteuerungsab​kommen unterzeichnet haben, erstaunt mich nicht.

Erst mit Inkrafttreten der Verordnung per 1. Oktober 2010 haben diese Länder gemerkt, dass sie bei der Ahndung der schweizerischen Schwarzgeldaufbewahru​ng keinen Schritt weiter gekommen sind. Trotz Doppelbesteuerungsabk​ommen nach OECD.

Dass Länder wie Indien und Brasilien nun eine Neuverhandlung dieser Doppelbesteuerungsabk​ommen verlangen, liegt auf der Hand. Andere Länder werden folgen. Die graue Liste der OECD ist uns wohl – dank der Amtshilfeverordnung des Bundesrates – wieder einen Schritt näher gerückt.

Der Bundesrat ist gefordert, dem Parlament schleunigst das Amtshilfegesetz vorlegen. Das Parlament seinerseits ist gefordert, eine saubere Gesetzesgrundlage zu schaffen, die Amtshilfe auch tatsächlich in sinnvoller Art und Weise ermöglicht. Dann ist die Reihe am Bundesrat. Er überarbeitet seine Verordnung.  Und die Schweiz geht einen kleinen Schritt weiter Richtung Weissgeld Strategie und weg von möglichen grauen Listen. 

 

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Comments to: Amtshilfeverordnung: Blitzzement fürs Bankgeheimnis!
  • Januar 28, 2011

    Die anderen Staaten werden immer biestiger. Sie akzeptieren es immer weniger, dass ihre Bürger ihr Geld in der Schweiz deponieren und Steuern hinterziehen. Dieser Unmut ist nachvollziehbar.
    Gle​ichzeitig steigt der Franken wie eine Rakete. Das ist Gift für die Exportwirtschaft.
    Je​tzt ist der optimale Moment sich bei den Anlegern unbeliebt zu machen.

    Die Steuerpflichtigen wünschen sich Privatsphäre.
    Die Steuerbehörden brauchen gewisse Angaben für eine gerechte Besteuerung.

    Am einfachsten wäre das folgende System:

    Der Finanzdienstleister (Bank, Versicherung, Treuhänder, …) liefert den Steuerbehörden oder einem Treuhänder die folgenden Angaben:
    Total aller Vermögenswerte per 31.12.
    Total aller Erträge des vergangenen Jahres.
    Die Information ob der Kunde ein Schliessfach oder ein verschlossenes Depot hat.
    Weitere Angaben dürfen die Finanzdienstleister nicht machen.

    Diese Regelung tritt erst mit Verzögerung in Kraft. So haben Steuerhinterzieher die Möglichkeit ihr Geld aus der Schweiz abzuziehen.
    Für die Zeit vor dieser Regelung gilt das bisherige Bankkundengeheimis.

    So bekommen die Steuerbehörden nur die für sie wichtigen Angaben zu Gesicht. Es geht den Steuervogt nichts an wie das Geld angelegt ist. Vom ehrlichen Steuerzahler weiss der Steuervogt so sogar noch weniger als bisher.

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    • März 1, 2011

      Als Antwort zu Herrn Müllers Vorschlag zur einfachsten Lösung:

      · Ein berechtigter Staat gibt die unter bestimmten Bedingungen geltenden Steueransätze bekannt.
      · Die Bank, bei der ein Bürger dieses berechtigten Staates Konti unterhält, belastet diese Konti entsprechend der Steueransätze des berechtigten Staates.
      · Die so einem Konto belasteten Gebühren kommen unumfänglich dem berechtigten Staat zugute.
      · Da aufgrund von Doppelbesteuerungsabk​ommen (siehe z.B. http://de.wikipedia.o​rg/wiki/Doppelbesteue​rungsabkommen ) verschiedene Ansätze gelten, ist der Kontoführer gehalten, seine diesbezüglichen Vorausetzungen der Bank bekanntzugeben, ansonsten werden ihm die höchsten aus diesen Abkommen resultierenden Ansätze verrechnet.
      · Der Inhaber des Kontos bleibt dem berechtigten Staat aufgrund des Bankkundengeheimnisse​s weiterhin unbekannt
      · Legt der Bankkunde dem Finanzhaus gegenüber seine wahren Verhältnisse nicht offen, schadet er sich selbst, da er so die höchstmöglichen Gebühren zahlt und für sich selbst unter Umständen auch die Vorzüge des Doppelbesteuerungsabk​ommens ausser Kraft setzt.

      Ich denke, dieser Ansatz sollte einigermassen realistisch sein, um einerseits einem berechtigten Staat seine Steuereinnahmen nicht vorzuenthalten und gleichzeitig den Bürger vor jedwelcher Willkür und Angriffen auf seine Privatsphäre zu schützen.

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  • Januar 29, 2011

    Schweizer Gesetze wurde erlassen für Schweizer Bürger. So auch das Bankkundengeheimnis. Der CH-Bürger möchte nicht vom Staat durchläuchtet werden können und genau dieses Rechtsverständnis trägt massgeblich zur hohen Steuerehrlichkeit in der Schweiz bei.

    Wenn andere Länder ihre fiskalpolitik nicht unter Kontrolle haben so ist dies nicht unser Problem.

    Das für Ausländer in der Schweiz die gleichen Rechte gelten wie für uns sollte rechtlich unbestritten sein. Wir werden ja auch keiner aus Singapur kommenden Person den Hintern versohlen, nur weil dies in Singapur so praktiziert wird.

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  • Februar 1, 2011

    Aus aktuellem Anlass, wenn auch etwas am Thema vorbei. Sorry!

    Es ist immer der gleiche Ablauf:
    Diktator verduftet
    Diktator hat geraubtes Geld in der Schweiz versteckt
    Diktatoren​konten werden gesperrt

    Das stört mich!

    Man muss davon ausgehen, dass Bewohner von Diktaturen, die die Möglichkeit haben ihr Vermögen in der Schweiz anzulegen, dieses nicht ehrlich erworben haben.
    Darum: Bewohner von Diktaturen dürfen kein Geld in der Schweiz anlegen.

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  • Februar 1, 2011

    Das bestehende Bankkundengeheimnis beruht auf der Ehrlichkeit der Steuerpflichtigen. Leider sind nicht alle Steuerpflichtigen ehrlich.
    Aus diesem Grund ist es leider nötig das Bankkundengeheimnis der Unehrlichkeit der Steuerpflichtigen anzupassen. Das ist schade!
    Es ist unfair, wenn ein Teil der Steuerpflichtigen, die Steuern nicht vollständig zahlt.
    Wenn alle Leute ihrer Steuerpflicht nachkommen würden, könnte der Staat entweder seine Ausgaben erhöhen, das wäre nicht wünschenswert, oder die Steuern senken, das würde ich sehr begrüssen.

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