Schon lange ist klar, dass die Herstellung von Atomstrom technisch unzählige Risiken birgt. Risiken, die viel zu hoch sind und Risiken, für die niemand die Verantwortung übernehmen kann!. Die Liste der Reaktorprobleme und –unfälle ist lang: Der Versuchsreaktor von Lucens (1965) und der erste grössere Unfall in Harrisburg (1979) haben klar gezeigt, wie schwierig die Kettenreaktionen in Brennstäben zu steuern sind und wie störanfällig das System trotz den vielen Sicherheitsmassnahmen ist. Die Ereignisse in Fukushima haben nun erneut gezeigt, wie rasch das System ausser Kontrolle geraten kann und die Kernspaltungen ungesteuert weiter gehen, und durch die schier unglaubliche Energie Kernschmelzen entstehen können und die todbringende Radioaktivität schier ungehindert nach draussen dringt. Und gänzlich ungelöst ist die sichere Lagerung von radioaktiven Abfällen. Schon beim Bau des ersten Testreaktors in der Schweiz hätte man den Glauben an die neue Technologie aufgeben können und sich den erneuerbaren Energien zuwenden können. Doch der Fortschrittsglaube für diese Technik hielt an. Ein kleiner Vertrauensbruch nach Tschernobyl (1986) und nun endlich ein grösserer Vertrauensbruch seit den Reaktorunfällen in Fukushima lässt wieder hoffen.
Wie einfach und überschaubar ist demgegenüber das System der Sonnenkollektoren. Eine harmlose Technologie – es braucht die schwarzen Sonnenkollektoren, einige Meter wärmeisolierter Leitungen und einen Speicher, der die Energie aufnehmen und in warmes Heiz- oder Brauchwasser umwandeln kann. Und weil es so einfach und wirksam ist, habe ich mir auch 10m2 Sonnenkollektoren geleistet – aus Überzeugung. Das einzige Problem, das entstehen kann, sind undichte Leitungen (ich weiss was das bedeutet – wir hatten zwei undichte Stellen, und jede Menge Aerger bei der Inbetriebnahme der Anlage) und am Ende der Lebensdauer müssen die Sonnenkollektoren fachgerecht entsorgt werden. Aber was ist das schon im Vergleich zu einem Rückbau eines AKWs und der unmöglichen Suche nach einem Endlager hochradioaktiver Abfälle?
Sonnenkollektoren erzeugen keinen Strom, aber Sonnenkollektoren können zum Beispiel die stromabhängige Warmwassererzeugung, wie dies mit Elektroboilern immer noch gemacht wird, ersetzen. Bei der optimalen Dimensionierung der Anlage können bis zu 70% des jährlichen Energiebedarfs für Heiz- und Brauchwasser mit Solarwärme gedeckt werden.
Mit Investitionen in erneuerbare Energien und saubere Technologien können wir zudem in der Schweiz eine neue, nachhaltige Wirtschaftsbranche und regionale Arbeitsplätze schaffen. Bis zu 100’000 Menschen könnten so in den nächsten Jahren eine Arbeitsstelle mit Perspektive finden und nachhaltige Werte für unser Land schaffen. Wo ist der Pioniergeist unserer Vorfahren geblieben? Es ist höchste Zeit umzudenken und Neues zu wagen.
Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
Kommentare anzeigen Hide commentsSehr geehrte Frau Zybach
Die grosse Mehrheit des Schweizer Volkes unterstützt eine starke Förderung der erneuerbaren Energien. Doch wir brauchen eine realistische Abschätzung, ob wir beim Verzicht auf neue Kernkraftwerke nicht in eine unerfreuliche, von uns allen nicht gewünschte Abhängigkeit von Gaskombikraftwerken und wachsenden Stromimporten aus Frankreich (von AKW) geraten. Leider sieht das so aus. Das sehen wir bereits an den für die Schweizer Politik massgebenden Berechnungen von Prognos im Auftrag des Bundesamtes für Energie. http://www.bernerschach.ch/AKW-Ersatz.pdf
Für uns interessant ist auch die Entwicklung in Österreich mit einer vergleichbaren Ausgangssituation wie in der Schweiz. Die Anstrengungen in Richtung erneuerbare Energien sind dort sehr gross. Auf eigene AKW verzichtet Österreich ganz. Doch offensichtlich gelingt die Umstellung auf erneuerbare Energien nicht wie gewünscht. Zwar kann man wie die Schweiz einen grossen Teil der Stromversorgung mit Wasserkraft abdecken (mit 60,7% sogar noch etwas mehr), doch die neuen erneuerbaren Energien bringen erst 8,3%. Österreich ist zunehmend von fossilen Kraftwerken und von Stromimport (Mix aus Kohle- und Kernkraftwerken) abhängig.
Wir können die erneuerbaren Energien stark fördern, doch ohne zukünftige inhärente Kernkraftwerke geht es nicht. Die von Ihnen, Frau Zybach, erwähnten Kernschmelzen sind bei solchen Reaktoren von der Auslegung her gar nicht mehr möglich. Der „Atommüll“ wird in Zukunft nur noch eine überblickbare Halbwertszeit haben, welche eine resistente „Verpackung“ ermöglicht und somit kein unlösbares Problem darstellt.
Lesen Sie, Frau Zybach, doch bitte auch meine anderen Beiträge. Als ETH-Ingenieurin haben Sie gute Voraussetzungen, auch etwas anspruchsvollere Beiträge von Gegnern der „Energiewende“ zu verstehen. Solange Sie nur AKW-feindliche Beiträge lesen, bleiben Sie in Ihrem Wissen sehr einseitig orientiert stehen.
Sehr geehrter Herr Jorns
Vielen Dank für Ihre geschätzte Rückmeldung zu meinem Beitrag. Ihrem Punkt, dass der Atomausstieg gut geplant sein muss, stimme ich vollkommen zu! Und es wäre natürlich Augenwischerei, wenn wir unsere Atomkraftwerke abstellen, um Atomstrom zu importieren. Deshalb ist es so wichtig, dass wir das scheinbar Unmögliche möglich machen.
Gerne mache ich Sie auf die Dokumentation des Energiegesprächs – Thesen zur Energiezukunft der Schweiz aus Sicht der Wissenschaft vom 2. Sept. 2011 an der ETH Zürich aufmerksam. Unter folgendem Link http://www.cces.ethz.ch/energiegespraech/ETH-Energiegesprach_2011_Thesen.pdf
sind die spannenden Thesen und Vorträge zu finden.
Diese zeigen ganz klar auf, dass der vom Bundesrat beschlossene und nun vom National- und Ständerat bestätigte schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie unter bestimmten Bedingungen realisierbar ist und dass eine Energiestrategie ohne Kernkraft bedeutende Chancen namentlich in Forschung und Innovation verspricht.
Somit keine SP Flausen sondern wissenschaftlich fundierte Überlegungen.
Mit freundlichen Grüssen
Ursula Zybach
Sehr geehrte Frau Zybach
Danke für den Link. Die “Thesen zur Energiezukunft der Schweiz” habe ich durchgelesen und sie liegen ausgedruckt zum genauen Studium bereit. Meine Abklärungen werden einige Zeit dauern. Von meinen Freunden weiss ich einzig, dass es an der ETH und am Paul Scherrer Institut unterschiedlich denkende Gruppen gibt. Hier vorerst meine heutige möglichst objektiv und neutral gehaltene Sicht und einige Überlegungen zur Vorgehensweise bei solchen Prognosen.
Es fällt auf, dass die sich vom bisher statistisch erfassten Trend entfernenden Prognosen durchwegs völlig daneben gehen. So gibt es nicht die geringsten Anzeichen in der Statistik, dass unser Gesamtenergieverbrauch pro Kopf durch die bereits einige Zeit laufende schrittweise Verbesserung der Energieeffizienz in Richtung 2’000 Watt-Gesellschaft gehen könnte. Es sieht eher so aus, dass eine Stabilisierung auf 5’000 Watt pro Person realistisch zu erwarten ist. Die schon von mir erwähnte Entwicklung in Österreich, das dieselben Voraussetzungen hat wie wir, schon seit je den Weg ohne AKW geht, die Neuen Erneuerbaren Energien stark fördert und keine befriedigenden Fortschritte macht, ist eindrücklich. http://www.bernerschach.ch/Strom-Oesterreich.pdf Sie sehen ganz unten rechts in der Grafik, wie klein der Beitrag von Windenergie, Fotovoltaik und Geothermie noch ist.
Beängstigend ist auch die weltweit immer noch stark zunehmende Abhängigkeit von den fossilen Energiequellen http://www.bernerschach.ch/IEA.pdf Experten erwarten unter Berücksichtigung der möglichen Verbesserung der Energieeffizienz eine noch lange wachsende Zunahme des weltweiten Gesamtenergieverbrauchs und erst noch zusätzlich einen Anstieg des Anteils der Fossilen auf gegen 90%. Die heutigen Fortschritte sowohl bei den erneuerbaren Energien wie auch bei der Nukleartechnik sind viel zu klein, um die sich abzeichnende unhaltbare Situation noch abwenden zu können. Niemand kann heute abschätzen, in was für eine Wirtschaftskrise wir da, wenn wir so weiter machen, hineinlaufen und welches die Konsequenzen sein werden. Wer erneuerbare Energien und Kernenergie gegeneinander ausspielt, hat den Ernst der Situation noch nicht begriffen: Wir brauchen alle drei: Energieeffizienz, erneuerbare Energie und Kernenergie (inkl. Kernfusion). Und wenn wir bei deren Weiterentwicklung nicht noch einen Zacken zulegen, kommen wir leider zu spät!
Falls Forschung und Entwicklung in allen Bereichen der Energieversorgung, wie unbedingt erforderlich ist, verstärkt wird, schätze ich zur Zeit die zukünftige weltweite Gesamtenergieversorgung wie hier dargestellt ein:
http://www.bernerschach.ch/Gesamtenergie.pdf
http://www.bernerschach.ch/Erneuerbare.pdf
http://www.bernerschach.ch/Kernenergie.pdf