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1:12-Initiative: Zwischen Freiheit und Gerechtigkeit

Die 1:12-I­ni­tia­tive ist der Ver­such der Jung­so­zia­lis­ten, Ge­gen­steuer gegen die in den ver­gan­ge­nen Jah­ren im Wach­sen be­grif­fene Un­gleich­heit der Ein­kom­mens­ver­tei­​lung zu leis­ten. Sie tut dies mit den Mit­teln des di­rek­ten Staats­ein­griffs und schafft damit einen star­ren Rah­men für un­ter­neh­me­ri­sche​ Ent­schei­de. Aus li­be­ra­ler Sicht kann man die­sen An­satz nicht gut­heis­sen.

Die Vision einer Gesellschaft mit nicht allzu grossen Einkommensunterschied​en scheint dabei grundsätzlich äusserst erstrebenswert.

Die Initiative macht ihre mechanische Berechnung an den Geringstverdienenden fest. Ich befürchte, dass dies zur Folge hätte, dass manche Geringverdienende gar nicht mehr angestellt und stattdessen von staatlicher Unterstützung abhängig würden. Wäre nicht der «ehrliche, arbeitsame Berufsmann, oder die Berufsfrau», die 5000 bis 10’000 Franken monatlich erhalten, und dafür all ihr Wissen und Energie in ihre Arbeit stecken, der relevantere Bezugspunkt? Es ist wenig plausibel, dass das Führungspersonal der Grosskonzerne ein Zigfaches an Wert schöpft und damit die exorbitanten Löhne rechtfertigen kann.

Nun kann man argumentieren, dass es Ausnahmetalente gibt, die doch auch entsprechend viel verdienen sollen. Zum Beispiel der IKEA-Gründer Ingvar Kamprad, der bis vor kurzem in der Schweiz wohnte. Sollte er etwa die Früchte des Erfolges seines weltumspannenden Imperiums nicht für sich beanspruchen können? Doch – und er könnte es auch weiterhin, denn Lohn und Gewinnverteilung sind nicht dasselbe. Als Eigentümer könnte er weiterhin Dividenden aus seinen Unternehmensanteilen beziehen. Und ist es nicht so, dass gerade Ausnahmeunternehmer oftmals nicht vom Geld motiviert werden, sondern der finanzielle Gewinn bloss eine Randerscheinung ihrer Tätigkeit ist? Bei Kamprad scheint dies der Fall zu sein.

Mit liberalem Gewissen kann ich die 1:12-Initiative nicht zur Annahme empfehlen. Doch hoffe ich insgeheim, dass sie nicht allzu wuchtig abgelehnt wird, damit die Suche nach Wegen, die zu einer gerechteren Verteilung führen, nicht abgeblockt wird.

Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
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Comments to: 1:12-Initiative: Zwischen Freiheit und Gerechtigkeit
  • Oktober 23, 2013

    Herr Derrer, Sie wissen also ganz genau, dass diese Lohnschere, die einigen wenigen Abzockern die Taschen füllt, nur sozialen Unfrieden bringt, besteht. Aber anstatt als Politiker darauf zu reagieren, hoffen Sie auf möglichst viele Pro-Stimmen wegen Wegen, die vielleicht mal entstehen könnten durch wen auch immer. Hören Sie auf mit liberalem Gewissen, davon hat kein Arbeiter etwas! Wahrscheinlich appellieren Sie noch an das Gewissen der Abzocker, für ihre Untertanen noch ein paar Brosamen abzugeben….

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  • Oktober 23, 2013

    Herr Derrer
    Sie finden die Vision einer Gesellschaft mit nicht zu grossen Einkommensunterschied​en erstrebenswert. Meine Frage: Was konkret haben Sie unternommen, bzw. werden Sie unternehmen, dass diese Vision wahr wird? Schöne Worte allein werden es nicht bringen. Oder, wie schon der gute alte Goethe im Faust sagte: “Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehn.”

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    • Juli 19, 2021

      Ich sehe das Problem vor allem bei den vererbbaren Milliardenvermögen, die sich durch Zinseszinsen exponentiell vermehren und werde mich für eine nationale Erbschaftssteuer einsetzen. Die Managerlöhne sehe ich als Nebenschauplatz, und z.T. eine Folgeerscheinung des ersteren.

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    • Juli 19, 2021

      und ich habe die Minder – Initiative unterstützt.

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