Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» 

Die Kosten der obligatorischen Krankenkassenversicherung seit deren Einführung 1996 sind stark gestiegen (siehe Grafik unten). Die Initiative will deshalb eine Kostenbremse einführen, damit sich die Kosten im Takt mit der Lohnentwicklung und dem Wirtschaftswachstum entwickeln. Der Bund muss laut der Initiative Massnahmen ergreifen, damit die Kosten nicht überproportional wachsen. Der indirekte Gegenvorschlag sieht vor, dass der Bundesrat festlegt, wie stark die Kosten steigen dürfen und muss bei einer stärkeren Kostenentwicklung Massnahmen prüfen. Der Gegenvorschlag tritt in Kraft, wenn die Initiative abgelehnt und kein Referendum ergriffen wird.

Ausgangslage

Die Krankenversicherung ist in der Schweiz seit 1996 obligatorisch und wird weitgehend über Prämien finanzier. Die Behandlungskosten werden teilweise auch von den Versicherten durch Franchise, Selbstbehalt und Kostenbeiträge getragen. Eine Prämienverbilligung unterstützt zudem einkommensschwache Personen und wird von Bund und Kanton finanziert. Die Kosten sind seit der Einführung der Versicherung stark gesteigen. Dies liegt utner anderem an der demografischen Entwicklung in der Schweiz mit immer mehr älteren Menschen, an der technologsichen Entwicklung von Therapieoptionen, und an Fehlanreizen im Gesundheitssystem.

 

Hinweis zur Grafik nach dem Literaturverzeichnis. Quelle: Bundesrat (2024)

Die Initiative verlangt, dass der Bundzusammen mit den Kantonen, Krankenkassen und medizinischen Leistungserbringern das Kostenwachstum im Gesundheitswesen an die durchschnittlichen Löhne und Wirtschaft koppelt. Konkret sieht die Initiative vor, dass Bund und Kantone kostendämpfende Massnahmen ergreifen müssen, falls das Kostenwachstum zwei Jahre nach Annahme der Initiative mehr als 20 Prozent des Lohnwachstums beträgt. Die Massnahmen müssen im Folgejahr greifen. Die langfristige Kostenbremse wird anschliessend vom Parlament im Gesetz festgelegt.

Indirekter Gegenvorschlag

Bei einer Ablehnung der Initiative greift, solange kein Referendum dagegen ergriffen wird, der Gegenvorschlag. Mit diesem müsste der Bundesrat festlegen, wie stark die Kosten der Krankenversicherung maximal steigen dürften. Allfällige Kostenanstiege müssten vom Gesundheitswesen gerechtfertigt werden. Falls die Kosten stärker als vereinbart steigen würden, müssten entsprechende Massnahmen geprüft werden.

Argumente der Befürworter

Das Initiativkommitee spricht von einer Prämienexplosion, mit Krankenkassenprämien von bis zu 15’000 Franken für eine vierköpfige Familie. Es gebe viele Ineffizienzen im System, weshalb das Kostenwachstum bekämpft werden müsse und alle Beteiligten in die Verantwortung genommen werden müssten.

Die Initiative sei wie die Schuldenbremse aufgebaut: falls die Gesundheitskosten jährlich 20% stärker als die Löhne steigen, müsse der Bund Massnahmen ergreifen. Zwischen 2010 und 2020 hingegen seien die Gesundheitskosten um 400% stärker gestiegen als die Löhne.

Bereits heute könnten dabei 6 Milliarden Franken ohne Qualitätsverlust eingespart werden. Die Initiative habe dabei eine disziplinierende Wirkung auf Fehlanreize. Die Qualität der Gesundheitsversorgung solle dabei aufrechterhalten bleiben.

Argumente der Gegner

Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab. Während sie das Problem der steigenden Prämien ebenfalls anerkennen, sei die Kostenbremse zu starr ausgestaltet. Die Alterung der Bevölkerung und medizinische Fortschritte rechtfertigten zum Teil auch Kostenanstiege. Diese Umstände berücksichtige der Gegenvorschlag.

Die Initiative berücksichtige diese Faktoren hingegen zu wenig. Es müsse differenziert vorgegangen werden, sodass die medizinische Versorgungsqualität aufrechterhalten werden könne.

Der Gegenvorschlag hingegen schaffe Transparenz, da das Kostenwachstum ausgewiesen und gerechtfertigt werden müsse. Darauf aufbauend könnten Ineffizienzen reduziert werden. Gleichzeitig wäre ein  gerechtfertigter Kostenanstieg aufgrund der Alterung oder neuen Therapiemöglichkeiten weiterhin gewährleitstet.


Hier gibts den Artikel als pdf-Version: Kostenbremse-Initiative

Quellen

Bundesrat (2024). Erläuterungen des Bundesrates – Volksabstimmung vom 9. Juni 2024. Gefunden am 20. Mai 2024 unter https://www.admin.ch/dam/gov/de/Dokumentation/Abstimmungen/Juni2024/Erlaeuterungen_Juni_DE_web.pdf.download.pdf/Erlaeuterungen_Juni_DE_web.pdf

Initiative Kostenbremse. (2024). Argumentarium. Gefunden am 20. Mai 2024 unter https://kostenbremse-jetzt.ch/wp-content/uploads/2024/04/Die-Mitte-Schweiz_Kostenbremse-Initiative_Argumentarium_230418_DE.pdf

Parlament (2023). Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung). Gefunden am 20. Mai 2024 unter https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20210067

SRF (2024). Streit um Grafik zur Kostenbreme-Initiative. Gefunden am 20. Mai 2024 unter https://www.srf.ch/news/schweiz/kostenbremse-initiative/abstimmungsbuechlein-streit-um-grafik-zur-kostenbremse-initiative

SRF (2024). Die Argumente für und gegen die Kostenbremse-Initiative. Gefunden am 20. Mai 2024 unter https://www.srf.ch/news/schweiz/kostenbremse-initiative/abstimmungskampf-lanciert-die-argumente-fuer-und-gegen-die-kostenbremse-initiative

Verein Gesundheitswesen mit Zukunft. (2024). Argumentarium. Gefunden am 20. Mai 2024 unter https://nein-zur-kostenbremse.ch/wp-content/uploads/2024/04/20240411_kostenbremse_argumentarium_a5_broschuere_fin.pdf

Hinweis: Die Grafik zeigt die Prämien- und Lohnentwicklungen in Prozenten. Gemäss einer Beschwerde sei diese Darstellung unangebracht, da das absolute Wachstum der Löhne in diesem Zeitraum (+ CHF 349) den Anstieg der Krankenkassenprämien (+ CHF 58) übersteigt. Allerdings ermöglicht die Darstellung in Prozenten die Betrachtung der Kostenentwicklung im Verhältnis zum Einkommen. Vimentis teilt diese Einschätzung zum Verständnis der Grafik mit der Bundeskanzlei, weshalb die Grafik an dieser Stelle gezeigt wird.

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Comments to: Kostenbremse-Initiative
  • Mai 24, 2024

    JA zur Kostenbremse-Initiative: Es gibt viele Hebel!

    Die Kostenbremse funktioniert wie die bewährte Schuldenbremse des Bundes. Steigen die Gesundheitskosten jährlich 20% stärker als die Löhne, ergreift der Bund in Zusammenarbeit mit allen Akteuren Massnahmen zur Kostensenkung. Zwischen 2010 und 2020 sind die Gesundheitskosten in der Grundversicherung um durchschnittlich 3% pro Jahr gestiegen, während die Löhne sich nur um 0,7% erhöht haben. Die Kosten sind also 400 % stärker gestiegen als die Löhne und betragen heute im obligatorischen Bereich über 30 Milliarden Franken pro Jahr. Laut eines Expertenberichts des Bundes könnten im obligatorischen Bereich heute bereits 6 Milliarden Franken pro Jahr ohne Qualitätsverlust eingespart werden.

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  • Mai 26, 2024

    Die \”Kostenbremse\”-Initiative der Mitte bremst die medizinische Versorgung aus und baut sie ab. Niemand will das. Deshalb steht die Mitte mit diesem Vorschlag allein auf weiter Flur. Gut so. Stimmt NEIN!

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  • Juni 3, 2024

    Die Initiative will, dass alle Akteure endlich Verantwortung für die Kostenexplosion übernehmen und der interne Verteilkampf zulasten der Prämienzahlenden aufhört. Während Hausärztinnen, Kinderärzte und Pflegende schon heute die Lasten des Systems tragen, bereichern sich andere schamlos. Nein. Wir wollen weiterhin das beste Gesundheitswesen der Welt. Bei Gesamtkosten von fast 90 Milliarden Franken pro Jahr muss es möglich sein, der Bevölkerung eine gute, bezahlbare und für alle zugängliche medizinische Versorgung zu bieten.

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