Sehr geehrter Herr Präsident, geschätzte BehördenvertreterInnen und –vertreter, liebe Delegierte der SP Kanton Zürich
Besten Dank, dass Sie den Initianten der Kirchensteuerinitiative die Möglichkeit geben, ihren Standpunkt bei Ihnen darzulegen. Mit einem Ausschnitt aus dem aktuellen Parteiprogramm der SP Schweiz stimme ich gerne auf das Thema ein. Ich zitiere:
„Staat und öffentliches Bildungswesen sollen gegenüber allen Religionen strikte Neutralität wahren, auf Vorgaben zum ‹richtigen› Glauben verzichten und in öffentlichen Gebäuden und Schulen das Zurschaustellen religiöser Symbole unterbinden.“
Die Kirchensteuerinitiative, welche die Abschaffung der Kirchensteuern für Unternehmen fordert, geht in diese Richtung. Die heutige Situation ist absurd. Ein Unternehmen kann weder getauft noch beerdigt werden und hat nicht – wie natürliche Personen, also Sie und ich – die Möglichkeit, aus der Kirche auszutreten. Nein, sogar der muslimische Geschäftsherr von dem Kebabladen nebenan bezahlt für sein Unternehmen Kirchensteuern, ob er es will oder nicht.
Wir sind der Meinung, dass der Staat sich gegenüber sämtlichen Religionen neutral zu verhalten hat. Es darf keine Diskriminierung einzelner Religionen stattfinden, wie dies heute getan wird. Religion ist Privatsache und da hat der Staat nichts zu suchen.
Einige Kantone in der Schweiz kennen seit Langem keine Kirchensteuern für juristische Personen. So beispielsweise unsere Nachbarn Aargau und Schaffhausen. So viel ich weiss, besteht auch dort einen sozialen Zusammenhalt, auch wenn die Kirchen nicht mit Unternehmenssteuern unterstützt werden.
Seit der neuen Kirchengesetzgebung dürfen Kirchensteuern von juristischen Personen nur noch für Leistungen eingesetzt werden, die einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen haben resp. keine kultischen Zwecke verfolgt. Wenn eine private Organisation öffentliche Gelder erhält, knüpft der Kanton bzw. Gemeinde die Vergabe an strenge Qualitätsmerkmale und Kontrollen, um sicher zu stellen, dass die Gelder auch nach dem gegebenen Zweck eingesetzt werden.
Hier werden die Kirchen gegenüber den nicht gewinnorientierten Vereinen also definitiv bevorzugt, denn bei ihnen reicht es, wenn die Gelder für einen “gesamtgesellschaftlichen Nutzen” ausgegeben werden. Wie dehnbar der Begriff des gesamtgesellschaftlichen Nutzens ist, zeigt die katholische Kirche in ihrem Tätigkeitsprogramm.
So werden zwei Drittel der Abschreibungen sowie zwei Drittel der kirchlichen Liegenschaften als nicht-kultische Ausgaben deklariert. Schwer vorstellbar, dass dies bei anderen Vereinen, die öffentliche Gelder erhalten, von Gemeinde oder Kanton akzeptiert würde. Die heutige Situation ist insofern unbefriedigend, dass weder eine Leistungsvereinbarung zwischen Kanton und Kirche noch eine detaillierte Kontrolle über die Ausgabe der Gelder besteht.
Die Kirchensteuer benachteiligt alle nicht gewinnorientierten Hilfsorganisationen und Vereine. Denken Sie an Amnesty International, an Pro Juventute, an die Sans-Papier Anlaufstelle oder an sämtlich andere Hilfswerke, die Gutes leisten. Wieso erhalten diese keine Steuergelder aus dem Topf der juristischen Personen? Folgt man der Argumentation der Gegner, so stehen die sozialen Leistungen der Kirche im Zentrum. Fragt man dann die Kirche ob sie dazu bereit wäre, den Topf mit anderen Institutionen zu teilen, weist sie den Vorschlag ab.
Die privaten Hilfswerke müssen sich um ihre Spendengeldern bemühen, sie müssen sich der Öffentlichkeit zeigen und für ihre Leistungen freiwillige Spender motivieren. Dies muss die Kirche nicht, und hat somit auch keine Motivation, Leistungen zu verbessern oder sich zu modernisieren. Als Mitglied der reformierten Kirche wünsche ich mir eine moderne und offene Kirche. Dies ist jedoch ein Widerspruch zur heutigen Ordnung, in der Kirche und Staat nicht getrennt sind.
Bereits der Gründervater der Sozialdemokratie, August Bebel, hat sich für eine Trennung von Kirche und Staat ausgesprochen. Mit der vorliegenden InitiativeDie Initiative ist in der Schweiz ein politisches Recht der ... können Sie einen ersten Schritt in die richtige Richtung machen. Ganz im Sinne von „Bebel statt Bibel“ bitte ich Sie, die Kirchensteuerinitiative zu unterstützen. Besten Dank.
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Kommentare anzeigen Hide commentsWenn die Kirchensteuer abgeschafft wird, dann werden die Ausfälle auf die Kantons- und Gemeindesteuern überwälzt. Steuererhöhungen für jeden sind die Folge, auch für juristische Personen. Die Kirchensteuer ist dazu da, auch das historische Kulturgut der Schweiz zu erhalten. Für den Schweizer-Tourismus sinnvoll. St. Gallen hat sehr viele Touristen von weit her nur wegen der Klosterkirche. Der Nebeneffekt ist, das Gastgewerbe und die Hotellerie profitiert. Der beste Weg ist aus der Konfession austreten. Dies finde ich eigenverantwortlicher und gesellschaftsliberaler. Der Effekt dazu ist, dass die Kirchensteuer erhöht würde. Der Kostenwahrheit somit näher. Was ich befürworten würde, ist, das religiöse Angebot der heutigen Nachfrage anzupassen. Es gibt viele Kirchen, vor allem Neubauten, die gar nicht richtig genutzt werden.
“Wenn die Kirchensteuer abgeschafft wird, dann werden die Ausfälle auf die Kantons- und Gemeindesteuern überwälzt. “
Das wäre tatsächlich die Folge, Herr Kneubühl, aber manche mögen das nicht hören und weitersagen.
Nein, Herr Kneubühl. Es ist ein vollkommenes Unding, um dieses Wort zu benutzen, wenn Juritische Personen, die bekanntlich kein Glaubensbekenntnis ablegen können, Kirchensteuern bezahlen müssen.
Ausserdem, via die Steuern bezahlt heute jeder Schweizer indirekt bereits an die Kirchen mit, egal ob Mitglied oder nicht.
Und da kann so nicht gehen. Diese Kirchensteuer zementiert leider auch Strukturen, die so oder so nicht zu halten sind.
Die sogenannten Kulturgüter haben wir. Aber würden Sie aus dafür plädieren, wenn wir hier alte Römer- oder Griechentempel hätten?
Eine ‘Kirche’ wird nicht von Gebäuden getragen, sondern von dem Glaubensleben samt den Inhalten durch deren Mitglieder.
Was z. B. diese Bischofsstühle für gewaltige Vermögen geäuffnet haben, vollkommen unversteuert am Staat vorbei, wurde in der Diskussion um den Fall Tebartz-van Elst publik.
Allein dort >EURO 150 mio. Die Katho. Kirche besitzt in Deutschland 90 öffentliche Spitäler, deren Betrieb aber die deutsche Öffentlichkeit berappt und zwar in Milliardenhöhe. Der Staat hat aber in Sachen Führung die Spitäler nicht zu sagen. Von den 22000 Liegenschaften und Erträgen daraus nur in Deutschland will ich nicht vertiefend anfangen.
Soweit ich weiss, wurden unter Napoleon die Kirchenbesitztümer enteignet und als Kompenstation die Kirchensteuern eingeführt, also seit ca. 200 Jahren. Zu welchem absurden Konstrukten das geführt hat, können wir fast täglich in den Medien nachlesen.
Das Thema muss breit diskutiert werden. Die Zemtierung von bestehender Kirchtumpolitik und Theologiegebäuden wird sonst nie in Frage gestellt. In Holland wurden hunderte von Kirchengebäuden inzw. verkauft oder umgestaltet. Ob wir das wollen, ist eine andere Frage. Aber ein marodes goldgeschmücktes Kirchenrelikt um des Gebäudes wegen zu erhalten ist allenfalls Buchhaltung oder nicht Glaubensinhalt. Wenn also die Kirchen zunehmend leer sind, muss doch die Frage erlaubt sein, was die Gründe sind.
Eine Auslegeordnung über die ‘Leistungen’ der Staatskirchen fehlt vollkommen und ob diese Leistungen gewünscht bzw. nachgefragt werden ist ebenfalls ohne Nachweis, wie deren angebliche Kosten.
Die ehemalige NR tin Zapfel von der CVP hatte vor Jahren die Idee, von allen Einkommen 4% als sog. Kulturabgabe zu verlangen und diese den Kirchen zuzuschanzen. Damit erlitt sie eine Abfuhr und zwar zu Recht.
Der Staat bekommt durch die Abschaffung ein Problem: Eine ETH-Studie fand heraus, dass es 2,5 mal so viel kosten würde, die sozialen Engagements der Kirche via Staat zu finanzieren.
Willibald von Wildenstein
Der Staat bekommt durch die Abschaffung ein Problem: Eine ETH-Studie fand heraus, dass es 2,5 mal so viel kosten würde, die sozialen Engagements der Kirche via Staat zu finanzieren.
Gut wäre es gewesen, Sie hätten die Studie verlinkt.
Aber es ist richtig. Das soziale Engagement der Kirchen ist gross. Nicht nur vom finanziellen her. Und zudem muss auch berücksichtigt werden, dass Beamte gar nicht bereit sind, dieses soziale Engagement zu erbringen. Und gerade in der heutigen Zeit verursachen Unternehmen immer mehr soziale Probleme. Man denke zum Beispiel nur an die vielen älteren Arbeitnehmern, die 10 und 15 Jahre vor Pensionierung auf die Strasse gestellt werden (50+) oder die Weigerung der Arbeitgeberschaft, Behinderte einzustellen.
Ich bin deshalb dezidiert gegen eine Aufhebung der Kirchensteuerpflicht für Unternehmen.