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Abstimmung 30.11.2008: Volksinitiative zu pornografischen Straftaten an Kindern

Das Ziel der Volkinitiative „Für die Unverjährbarkeit pornografischer Straftaten an Kindern“ ist, Kinder besser vor sexuellen oder pornografischen Straftaten zu schützen. Die Initiative wurde vom Verein Marche Blanche, einer Bewegung, die europaweit gegen Pädokriminalität kämpft, eingereicht.

Was würde sich ändern?

Heute verjährt die Strafverfolgung bei schweren Straftaten gegen die sexuelle Unversehrtheit von Kindern unter 16 Jahren nach 15 Jahren. In jedem Fall dauert die Verjährungsfrist aber mindestens bis zum 25. Lebensjahr des Opfers. Auch bestehen heute für Täter unter 18 Jahren erheblich kürzere Verjährungsfristen. Diese reichen je nach Schwere der Tat von 1 bis 5 Jahren. Bereits heute existieren unverjährbare Delikte. Dazu gehören beispielsweise der Völkermord oder bestimmte terroristische Handlungen.

Bei Annahme der Initiative würden diese Taten nicht mehr verjähren. Konkret soll folgender Artikel in die Bundesverfassung aufgenommen werden: „Die Verfolgung sexueller oder pornografischer Straftaten an Kindern vor der Pubertät und die Strafe für solche Taten sind unverjährbar“. Beim Begriff der pornografischen Straftaten ist unklar, ob beispielsweise auch der Besitz und das in Verkehr bringen von Pornografie mit Kindern unverjährbar sein sollen. Ebenfalls ist unbestimmt, wann ein Kind die Voraussetzung „vor der Pubertät“ biologisch gesehen erfüllt. Weiter sieht die Initiative keine Unterscheidung zwischen erwachsenen und Tätern unter 18 Jahren vor.

Indirekter Gegenvorschlag

Mittlerweile haben Ständerat und Nationalrat einem Gegenvorschlag des Bundesrates zugestimmt. Dieser wird umgesetzt, falls die Initiative abgelehnt wird. Der Gegenvorschlag verlangt, dass die 15-jährige Verjährungsfrist erst mit dem 18. Lebensjahr des Opfers zu laufen beginnt. Somit hätte das Opfer bis zu seinem 33. Lebensjahr Zeit, eine Anzeige zu erstatten. Dieser indirekte Gegenvorschlag wurde von National- und Ständerat gutgeheissen.

Auswirkungen

Die Initiative basiert auf folgendem Hintergrund: Studien haben gezeigt, dass der Täter, der sich an einem Kind vergeht, in vielen Fällen ein Familienmitglied ist oder aus dem engeren Umfeld stammt. Die Opfer leben deshalb oft in einem wirtschaftlichen sowie familiären Abhängigkeitsverhältnis zum Täter. Dadurch getrauen sich die Opfer vielmals erst sehr spät, eine Anzeige zu erstatten. Auch die Gegner der Initiative anerkennen dies, finden aber den indirekten Gegenvorschlag die bessere Lösung.

Gemäss den Initianten hat die Unverjährbarkeit eine präventive Wirkung auf die Gesellschaft. Die Abschreckung, eine solche Tat zu begehen, werde höher. Folglich würden weniger Kinder Opfer von Missbrauch. Es ist jedoch zu bedenken, dass die Täter schon heute von den besonders langen Verjährungsregeln nicht zurückschrecken.

Weiter könnten bei Annahme der Initiative Täter gefasst werden, welche bis jetzt auf Grund der Verjährung ungeschoren davonkommen. Diese könnten dann keine weiteren Missbräuche mehr verüben und der Gerechtigkeit kann Folge geleistet werden. Allerdings ist es zweifelhaft, ob die Strafverfolgung einer Person, welche schon sehr lange keine Tat mehr verübt hat, tatsächlich präventive Wirkung hat.

Gemäss den Initianten hat es für die Opfer eine heilende Wirkung auf deren Psyche, wenn die Möglichkeit besteht, Anzeige zu erstatten und ein Strafverfahren einzuleiten. Diese Auswirkung lässt sich mit Studien nicht belegen und Experten sind darüber geteilter Meinung. Ebenso haben sich Kinderpsychiater unterschiedlich dazu geäussert.

Verschiedene Positionen

Befürworter

  • Fälle von Kindesmissbrauch kommen erst sehr spät ans Licht. So trage es zum Schutz des Opfers bei, dass es zu dem Zeitpunkt Anzeige erstatten könne, wenn es sich bereit dazu fühle. Den Täter anzuzeigen sei eine schwere psychische Belastung für das Opfer, weshalb eine längere Bedenkfrist notwendig sei. Anzeige zu erstatten sei ein wichtiger therapeutischer Prozess, der die psychische Verfassung des Opfers verbessere.
  • Weiter werde die Gesellschaft geschützt, indem keine Sexualstraftäter infolge Verjährung unbestraft herumlaufen und weitere Verbrechen begehen könnten.
  • Auch habe die Nichtverjährung eine abschreckende Wirkung auf potentielle Täter, wodurch die Anzahl Kindesmissbräuche sowie die Anzahl Sexualstraftaten an Kindern generell abnehme.

Gegner

  • Die Initiative enthalte problematische Formulierungen. So könne beispielsweise das Kriterium „vor der Pubertät“ bei den Opfern nicht klar bestimmt werden. Dies schon gar nicht wenn die Tat schon sehr weit zurückliege. Im Strafrecht seien jedoch klare Formulierungen besonders wichtig, um Rechtssicherheit zu schaffen.
  • Weiter werde die Beweislage nach so langer Zeit sehr schwierig. Dies könne einerseits zu falschen Urteilen und andererseits zu einer weiteren Traumatisierung des Opfers führen, wenn ein Täter aufgrund der Regel „im Zweifel für den Angeklagten“ freigesprochen würde.
  • Ebenfalls sei es unverhältnismässig wenn sexueller Missbrauch von Kindern mit Völkermord gleichgesetzt werde. Dadurch werde das Verjährungssystem im Schweizer Strafrecht generell in Frage gestellt.

Literaturverzeichnis

Bundesrat (2007). Botschaft zur Volksinitiative „für die Unverjährbarkeit pornografischer Straftaten an Kindern“. Gefunden am 21. September 2008 unter Link

Bundesversammlung. (2008). Abstimmungsparolen. Gefunden am 29. September 2008 unter Link

CVP Schweiz (2008). Ablehnung der Initiative „Für die Unverjährbarkeit von pornografischen Straftaten“. Gefunden am 21. September unter: Link

Kinderschutz Schweiz (2007). Unverjährbarkeit sexueller und pornografischer Straftaten an Kindern. Gefunden am 29. September unter: Link

NZZ Online (2008). Kinderpornografie-Initiative im Nationalrat. Gefunden am 21. September 2008 unter: Link

Radio DRS (2008). Pädophile Straftaten: Unverjährbar? Gefunden am 29. September 2008 unter: Link

20081013_Unverjaehrbarkeit.pdf – PDF

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