1. Gesellschaft

Der grosse Kanton beginnt zu zerfallen.

http://www.blick.ch/n​ews/ausland/umfrage-z​u-staatenwechsel-80-p​rozent-der-schwaben-w​ollen-schweizer-werde​n-id2962950.htmlUmfra​ge zu Staatenwechsel80 Pro­zent der Schwa­ben wol­len Schwei­zer werden

Peitschen-P​eer war ein­mal. Jetzt haben uns die Deut­schen plötzlich gern. Laut einer Um­frage möchten über 80 Pro­zent der 10,5 Mil­lio­nen Ein­woh­ner von Baden-Württemberg zur Schweiz wechseln.

  • Publizier​t: 15.06 Uhr, Aktualisiert: 15.30 Uhr
  • Von Urs Helbling

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So sähe die neue Schweiz aus.pla​y

So sähe die neue Schweiz aus.

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Die Blitz-Liebe begann mit einem vorsichtigen Flirt. Basierend auf OECD-Zahlen berichtete die Internetausgabe der renommierten Zeitung «Die Welt», dass Baden-Württemberg und Bayern «besser zur Schweiz als zu Deutschland passen» (Blick.ch berichtete).

Zehn Tage später funkt es schon gehörig. «Die Gedankenspiele über zwei neue Kantone für die Schweiz stossen auf grosse Resonanz», titelt heute die «Schwäbische Zeitung». Das Ergebnis ihrer Umfrage ist eindeutig. Die Süddeutschen haben genug von ihrem Mitbürgern im Norden und Osten. Sie warten auf unser «Ja, ich will».

Die Schwaben überlegen sich detailliert, wie die Scheidung ablaufen könnte. Es gibt, so die «Schwäbische Zeitung» ein «kleines Hindernis»: «Das ist der Artikel 20 des deutschen Grundgesetzes: Der Austritt einzelner Länder aus der Bundesrepublik ist da nicht vorgesehen.»

Doch wo ein Wille ist, ist ein Weg. Und wenn es darum geht, die Braut zu überzeugen, stellt man sein Licht nicht unter den Scheffel. Das beste Argument der Schwaben: «Die vergrösserte Schweiz hätte schlagartig eine auf europäischer Ebene furchterregende Wirtschaftsleistung.»​

Zum Beispiel, weil sie 18,5, ja sogar 30 Millionen Einwohner (mit Bayern) hätte. Schon «Die Welt» kam ausgehend von den OECD-Zahlen zum Schluss: «Kaum Arbeitslose, hohe Löhne, niedrige Mordraten.

Die Lebensqualität in Bayern und Baden-Württemberg kommt der Schweiz nah – mit Nord- oder Ostdeutschland ist der Süden kaum vergleichbar.»

Der​ zurückbleibende Teil von Deutschland wäre der grosse Velierer. Also auch Peer Steinbrück (ein geborener Hamburger), der sich gegenüber der Schweiz immer wieder als Grosskotz profiliert hat. Die «Schwäbische Zeitung» ist überzeugt: «Für den deutschen Rest würde es zappenduster aussehen, wenn die Südländer sich für Rösti entschieden.»

Ein Schwabe meint: «Bin dabei, wenn i weider schwäbisch schwätze derf!»

Aus schweizerischer Sicht kein Problem. Denn Sprachenvielfalt ist für uns Alltag: Schliesslich haben wir das Französisch, das Italienisch, das Rätoromanisch und unser Schwiizerdütsch – den Dialekt, den wir so viel lieber sprechen als das Schriftdeutsch, das den nördlichen Teil unseres Nachbarn geprägt hat. 

Der grosse Kanton beginnt zu zerfallen. Wir freuen uns, dass wir neuerdings wieder ein begehrter Bräutigam sind. Und wir fiebern der Volksabstimmung entgegen, bei der es um die Spätzle-Röschti-Heira​t geht.

Habt Ihr es gemerkt, Ihr lieben Schwaben? Wir sprechen von Röschti und nicht von Rösti. Ein paar Dinge müsst ihr schon noch lernen, bevor wir «Ja» sagen.

 

 

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Comments to: Der grosse Kanton beginnt zu zerfallen.
  • Juli 4, 2014

    Mit Verlaub: das gäbe eine Katastrophe. Die Tradition und das selbstbestimmt selbstverantwortliche​​ Denken und Handeln ist in der Schweiz weit tiefer verankert als in Bayern und BW.

    Es würde also zu einem völligen Stimmübergewicht der Bayern und BW kommen. Was die Tessiner und Westschweizer Kantone dazu sagen, kann ich mir lebhaft vorstellen. Fragen der schweizer Neutralität wären massiv tangiert.

    Allerdin​​gs könnte eine politische Lage entstehen, die eine solche Entwicklung erzwingen könnte bzw. dynamisiert.

    Gerad​e Bayern und BW sind jene deutschen Bundesländer, die sehr viel Länderausgleichszahlu​​ngen in die nördlichen Bundesländer leisten müssen. In Bremen, Berlin und Schleswig Holstein z. B. ist seit Jahren kaum eine Besserung der finanziellen Lage erkennbar. NRW ist nicht weit davon entfernt.

    Im Gegenteil, von dort wird z. B. in Richtung Bayern mehr als nur permanente Häme ausgeteilt.

    Eigent​lich zeigt sich hier eine Bruchlinie in der Bundesrepublik Deutschland in Sachen seriösem Haushalten, zu Werteverständnisfrage​​n und zur dortigen Demokraite usw.

    Nein, zur Zeit neige ich eher dazu, dass die BW und Bayern dafür sorgen, dass Deutschland zunächst eine durch Volkswahl bestätigte Verfassung bekommt, die das Provisorium Grundgesetz ablöst oder legitimiert.

    Sodan​n sollten sie dafür sorgen, dass Deutschland einen Friedensvertrag bekommt und der WK II damit beendet wird. Derzeit herrscht dort de facto nämlich nur ein Waffenstillstand. Dass wissen viele Deutsche leider nicht.

    Erst dann sind die Voraussetzungen gegeben, darüber abzustimmen, ob man in der EU verbleiben und den EURO behalten will.

    Es ist aber auch nicht mehr undenkbar, dass alle diese Frage über Nacht vom Tisch gefegt werden, weil Deutschland sich ganz anderen Herausforderungen stellen muss. Mag etwas sybillisch tönen. Aber wer die europäische Gesamtlage im Auge hat, kann nichts mehr ausschliessen. Leider.

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    • Juli 19, 2021

      Lars von Lima

      Dass ein grosser Teil der Süddeutschen gerne eine Verfassung wie die unsere hätte ist unbestreitbar. Was die Süddeutschen (nicht aber die Norddeutschen, insbesondere nicht die Sachsen, denn dort ist der Kommunismus noch tief in den Menschen verwurzelt) vermissen, ist insbesondere das Initiativrecht. Allerdings, ob die Süddeutschen wenn es drauf und dran kommt, sich wirklich der Schweiz anschliessen würden, bezweifle ich. Zumindest der Widerstand seitens der Schweizer (insbesondere der Rätoromanen, Welschen und Tessiner) wäre zweifellos gross. Diesbezüglich stimme ich Ihnen zu. Eine so grosse Deutschschweiz würden die schon aus rein politischen Gründen ablehnen

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  • Juli 5, 2014

    Lieber Sardinien als Bayern.

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    • Juli 19, 2021

      Felix Kneubühl

      Als Koch würde ich südliche Länder auch vorziehen 😉

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    • Juli 19, 2021

      Schweizer Küchen Bailout kann ich mir gut vorstellen, aber nicht jene der sardinischen Küche!

      Aber schweizer Finanz Bail-out, also die Übernahme von südlichen Schulden bei den dortigen Wertevorstellungen entschieden nicht. Und die werden sich kaum ändern.

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    • Juli 19, 2021

      Ich bin gegen die Aufnahme von Bayern weil sie nur schon vom Wesen her nicht zur Schweiz passen. In Sardinien haben wir einen bequemen Hafenanschluss als Hub für den Welthandel. Die Bevölkerung dort liegt nur bei 1,64 Millionen Einwohner, die Sprache und die Kultur passt zu Schweiz. Für viele Schweizer ideal ihren Lebensabend dort zu verbringen. Die Küche ist nicht wesentlich anderst. Spaghetti wird auch in der Schweiz gekocht.

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    • Juli 19, 2021

      Na ja, mit der Gastfreundschaft und der Küche in Sardinien habe nicht unbedingt gute Erfahrungen gemacht. Die Bedienung und das Interesse auch in 4 Sternehotels war oft lausig.

      Bayern und BW haben imHintergrund noch immer Fürstenhäuser und in diesem Snne dort eine lange Tradition, die wir hier in dieser Form nicht kennen.

      Ganz generell würde eine Aufnahme in die Eidgenossenschaft ein langer Prozess sein,

      – Herauslösung aus der BRD. Ob das überhaupt ohne Schrammen geht?
      – Ich erinnere nur an die Juraprozedur, die hier Jahrzehnte dauerte.

      Bis ein solcher Prozess überhaupt nur in die Realitätsnähe rückte, wären Jahre ins Land gegangen und die Ausgangslage dann allenfalls völlig anders. Und so wäre es auch bei Sardinien, ein Land, dass schon geographisch viel zu weit weg von der Schweiz liegt und völlig andere Werteansätze hat. Landschaftlich ist das ein schönes Land, wie BE und Bayern übrigens auch.

      Also, da ganze ist, gelinde gesagt, eine Schnapsidee. Übrigens, spielen Sie da auf eine US Fander Stratocaster via Marshallverstärker? Aber das hat mit dem Thema nichts zu tun.

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    • Juli 19, 2021

      Ja meine alte Fender, wobei ich habe schon seit 20 Jahren nicht mehr richtig gespielt. Die schwierige Spielweise habe ich verloren, meine Finger sind nicht mehr so flink. Spiele nur wenn ich Besuch habe.

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    • Juli 19, 2021

      So geht es mir mit meinen 35 Jahre alten Schlagzeugkenntnissen​.

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  • Juli 5, 2014

    Ob die BW und Bayern unsere Verfassung kennen, stelle ich in Frage.

    Herr Safado haten aber in Sachen Initiativrecht recht.

    Erinnern Sie sich an Stuttgart 21? Dort hat man am Schluss eines langen Evaluationsverfahrens​ diese Abstimmung durchgeführt. Zu was das in BW geführt hat, wissen wir: zu Polit.-Multi Kulti und sonst nichts. Natürlich verstehe ich die Menschen dort.

    In der Schweiz wäre es vermutlich so gelaufen: Projektkredit des Bundesrates, eine Botschaft zur Vernehmlassung, Ausmarchung in den Parteien und in der Öffentlichkeit, Volksabstimmung und Umsetzung.

    In BW haben die die VA nachträglich erzwungen und damit war der Salat perfekt. Die tausenden von Einsprachen zur Bahnlinienführung in Süddeutschland als Folge der NEAT sind u. a. eine Protesthaltung gegen die aufgedeckten Machenschaften innerhalb Stgrt. 21! Aber so geht das leider auch nicht und auch nicht, dass dort nun die Schweiz in Grenznähe deutsche Anschlusswerke gratis finanziert. Das erzeugt in BW keine Freude, höchstens weiteren Widerstand, weil man sich über den Tisch gezogen fühlt!

    Dass bei uns in diesem Abläufen und später nicht alles rund läuft, sehen wir an der NEAT Kostenexplosion. Solche Projekte sind immer mit Unwägbarkeiten versehen. Allerdings haben wir in diesen Fragen ein anderes Verständnis, weil in der Schweiz sehr viel Geld zur Verfügung steht. Und wie das dann in einer neuen Beitrittskonstellatio​n ausfällt, ist mehr als offen!

    Die wohl katastrophalsten Vorzeigeprojekt in Deutschland sind zur Zeit die Ewigbaustellen Willy Brandt Flughafen, Berlin und der Philharmonieneubau in Hamburg, um nur einige zu nennen. Es gibt Weitere und niemand ist für die gigantischen Kostenüberschreitunge​n zuständig oder verantwortlich! Die Menschen dort sind mehr als frustriert und wenden sich in breitem Masse von einer solchen Politik ab! Sie sehen das alles spiegelbildlich ebenso in der EU, aber mit noch viel grösseren Folgen.

    Was ich sagen will: der deutsche Steuerzahler ist völlig geknebelt. Die steuerpolitische ‘Verdeutschlandisieru​ng’ der BR EWS ist eine Fehlentwicklung, die in der Schweiz m. E. aufgehalten werden muss.

    Wenn ich mir aber in übergeordneter Sicht vorzustellen beginne, dass die Bayern und die BW hier in der Regierung sässen, können wir die heutige Schweiz vergessen. Und ‘Bern’ als Bundeshauptstadt dann sowieso.

    Ferner ergäbe sich ein neuer Staat, mit vermutlich mehr als 30 mio. Menschen und das wäre eine neue machtpolitische Situation mitten in Zentraleuropa, mit unabsehbaren Folgen.

    Ob die BW und Bayern bei einem Eintritt in die Eidgenossenschaft vorher die EU verlassen würden, ist eine andere sehr brisante Frage.

    Das alles sind für mich unwägbare Wunschvorstellungen!

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