Den 100. Geburtstag der CVP haben in den letzten Tagen und Wochen gewisse (sich als bürgerlich verstehende) Medien verschiedentlich zum Anlass genommen, der heutigen CVP wiederholt den Stempel einer Mitte-Links- Partei aufzudrücken. Auf die CVP als bürgerliche Kraft und als Partnerin für eine bürgerliche Politik sei kein Verlass mehr. Vielmehr profitiere die Partei von den anderen bürgerlichen Parteien – so zum Beispiel jüngst bei den Grossratswahlen in Basel-Stadt, als CVP-Kandidierende offenbar besonders erfolgreich „panaschiert“ wurden. Abgerundet wird das negative Bild mit dem teilweise schon fast mit Inbrunst heraufbeschworenen kurz bevorstehenden Untergang der Partei.
Dass an einem Wiegenfest auch kritische Töne angeschlagen werden dürfen, dagegen ist nichts einzuwenden. Doch tun gerade die anderen bürgerlichen Kräfte – durchaus aus eigenem Interesse – gut daran, von der heutigen CVP und deren Politik ein vollständigeres und schärferes Bild zu zeichnen, als dies in den letzten Tagen gemacht wurde. Die CVP hat nach wie vor eine zentrale Bedeutung als Mehrheitsbeschafferin. Und dessen sollten sich vorweg die anderen bürgerlichen Parteien bewusst sein – denn es waren in den weitaus meisten Fällen Mehrheiten für bürgerliche Anliegen, welche die CVP beschafft hat. Und die CVP nimmt diese Aufgabe auch weiterhin wahr – dafür gibt es sowohl auf Bundesebene wie auch in der kantonalen Politik auch in der jüngsten Vergangenheit genügend Beispiele.
Offen und mutig für visionäre Ideen
Dies gilt auch für die Wirtschaftspolitik. Wohl reklamiert die CVP nicht das MonopolEine Unternehmung besitzt auf einem Markt ein Monopol bzw. h... zu haben, die Partei zu sein, wenn es um standort- und wirtschaftspolitische Fragen geht. Doch ist man offen und mutig genug, auch einmal für visionäre Ideen (wie zum Beispiel Gebietsreformen) einzustehen, und dabei weiter zu gehen, als manche Vertreter der anderen bürgerlichen Parteien, die sich aber viel konsequenter als Wirtschaftspartei(en) verstanden wissen möchten. Dass aber auch progressivere Ideen nicht a priori „link“ sein müssen, zeigt das grosse Wohlwollen und die Unterstützung, welche die regionale Wirtschaft beispielsweise den Diskussionen über eine Fusion der beiden Basel entgegenbringt. Würde hiervon der Wirtschaft nicht echtes Potential erkannt, wäre die Unterstützung für dieses Anliegen wohl ähnlich lau wie für die eigentlich als echt bürgerlich portierte „Bürokratie-Stopp-Initiative“.
Die CVP hat in den letzten Jahren gelernt respektive lernen müssen, unter ihrem Dach verschiedenste Richtungen, Anliegen, Hintergründe und Ambitionen zu bündeln, soweit das möglich ist. Dies hat die Partei tolerant und damit auch stark gemacht und letztlich „guten Köpfen“ den Zugang zur Politik erleichtert, die sich anderswo wegen der dort vielleicht strenger geforderten „Linientreue“ abgeschreckt fühlten. Dass CVP-Kandidierende bei den letzten Grossratswahlen überdurchschnittlich auf anderen Listen „aufgetaucht“ sind, hat nichts mit „profitieren“ zu tun, sondern ist vielmehr Ausdruck und Belohnung für die Qualität der CVP-Köpfe.
Beitrag zu nachhaltiger, bürgerlicher Politik
Letztlich ist die lachende Erbin der Schwächung des bürgerlichen Blockes infolge Gezänks in den eigenen Reihen die Linke. Dies befürchtet – zu Recht – auch die Wirtschaft, deren diesbezügliche Bedenken mittlerweile derart gewachsen sind, dass sie diese sogar öffentlich kund tut (vgl. Baz-Artikel vom Samstag, 3. November 2012). Deshalb plädiere ich dafür, dass der wichtige Beitrag der CVP an eine nachhaltig erfolgreiche bürgerliche Politik auch von ihren anderen bürgerlichen Partnern wahrgenommen und in der öffentlichen Kommunikation richtig dargestellt wird. Und zwar auch dann, wenn die CVP nicht immer blind in allen sogenannten bürgerlichen Anliegen als brave „Juniorpartnerin“, sondern als verantwortungsvolle Kraft durchaus eigenständig agiert. Und dieses Plädoyer halte ich nicht aus CVP-Eigennutz, sondern aus Überzeugung für eine nachhaltig erfolgreiche Politik.
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Kommentare anzeigen Hide commentsGratulation zum 100-jährigen Ausharren. Was mich an den meisten Parteien, resp. an deren Leuten in den kantonalen und erst recht in den nationalen Parlamenten ärgert, ist doch die immer schneller zunehmende Profilierungssucht und einer regelrechten Manie möglichst viele Eingaben und Initiativen einreichen zu müssen. Bald gibt es nichts mehr sinnvolles was ihr verlangen könnt, und sicher kommt dann auch jemand mit einer Initiative für Subventionen für beinamputierte Katzen. Ehrenvoller wäre es für Politiker, mal nicht prioritär die öffentliche Hand abzocken zu wollen – bewusst oder unbewusst, denn jede Eingabe generiert nichts als neue Kosten- und sich dafür einsetzen würde, dass der sinnlose völlig überproportionale jährliche Anstieg von Staatsausgaben gestoppt würde! Nicht einfach immer noch mehr Steuer-Einnahmen wollen (die gingen immer nach oben, nie runter, trotz der linken Leier man habe Steuern abgebaut ! Sieh mal in die offiziellen Statistiken !).
Wir haben ja nun die Möglichkeit das Stimmverhalten von Parteien und Politiker(innen) im Internet zu analysieren. Mir erscheint, dass die CVP nur noch wenige bürgerliche Anliegen vertritt.
Die CVP ist eine opportunistische Wankelpartei, die ihr Mäntelchen jeweils in den Wind hängt und dann ihre Politik danach ausrichtet.
Für mich in Vergangenheit und in Zukunft nie wählbar!
Die CVP hat eine interessante, machtabsorbierende Funktion für die anderen Parteien, da sie diesen überall ein paar Stimmen wegschnappt: Den Linken bei sozialen Themen, den rechtsbürgerlichen bei Wirtschaftsthemen und den Grünen bei Ökoanliegen. So gesehen hat die CVP tatsächlich eine staatstragende Rolle, trotz ihrer undefinierbaren Richtungspolitik.
Für die Schweiz ist die breit verteilte Macht ein Erfolgsfaktor und die CVP übernimmt dabei unfreiwillig eine wichtige Rolle. Eine Gefahr für die CVP sehe ich in der allzu dünnen Kaderdecke, ausser der Bundesrätin fällt mir spontan kein CVP Promi ein. Dieses Problem muss die Partei aber intern angehen, will sie weiterhin ein wichtige Rolle in der Schweizer Politik spielen.
Der lächerlichste Vorschlag der CVP war das Einzelpersonen steuerlich mehr belastet werden sollen als Familien. So als ob jeder verpflichtet wäre sich zu vermehren und Sonntags mit den Kinder in die Kirche geht und nachher zum Spaziergang im Wald.
Hat die CVP eigentlich noch andere Ideen aus der fundamentalisten Ecke ?
Sehr geehrte Frau Schneider-Schneiter,
Ja, wo bleiben sie denn, die mutigen, offenen, visionären Ideen? In der Familienpolitik der CVP, wo sich die Politik mehr und mehr in die Erziehung von Kindern einmischt? Die CVP – Garantin für eine erfolgreiche Politik. Wie muss ich das verstehen?
In der Schweiz tauchten wir ein in eine entspannte Gemütlichkeit, für die unruhigen Zeiten, die auf uns zurollen, scheint weder die Politik noch die Gesellschaft gewappnet. Wir geniessen unseren Erfolg, spotten über die EU und lassen uns vom trügerischen Gefühl einlullen, das Glück auf immer und ewig gepachtet zu haben. Wir träumen selig von Umverteilungs- und Grosszügigkeitsplänen. Wer aber schlussendlich die Zeche bezahlt, kümmert uns wenig.
Zukunftsentscheidende Fragen klammern wir aus: Was will die Schweiz in Europa, in der Welt? Wohin will sie und warum will sie dorthin? Unser Land, einst Flaggschiff eines demokratischen Rechtsstaates, schlingert orientierungslos auf weiter See. Unsere Baustellen: Die Zukunft unserer Demokratie, Bildung, Energie, Finanzplatz, Globalisierung, alternde Gesellschaft, Sicherheit usw. Es geht nicht darum, die Vergangenheit zu retten, sondern uns für die Zukunft kommender Generationen zu rüsten.
Welche Rolle spielt in diesen Zusammenhängen die CVP?
Mit freundlichen Grüssen,
Willy Burgermeister