Mode im Tessin, Tessiner mit mehr Arbeitslosen als die andere Schweiz.
Dank seiner strategischen Lage entwickelt sich das Tessin zu einem internationalen Zentrum der Mode. Die grossen Prêt-à-porter-Modeschauen werden weiterhin in Mailand, Rom, Paris und New York in gezeigt. Man will italienisch oder französisch bleiben.
Doch immer mehr Unternehmen der Modebranche verlegen ihre Logistik aus dem benachbarten Italien ins Mendrisiotto, den südlichen Teil des Sonnenkantons.
Ein Zuzüger ist Giorgio Armani. Das Mailänder Modehaus hat in Mendrisio – auf dem Industriegelände der Firma Solis nahe der Autobahn – sein kommerzielles Zentrum.
Über die zu diesem Zweck gegründete Firma Borgo 21 werden von dort aus die gesamten weltweiten Aktivitäten des Unternehmens im Sektor Bekleidung und Accessoires koordiniert.
Das gilt auch für Gucci. Die Gruppe, die im Tessin präsent ist und in Cadempino, unweit der Landesgrenze, 130 Personen beschäftigt, baut in Bioggio ihr neues logistisches Zentrum.150 Arbeitsplätze sollen in den nächsten Jahren geschaffen werden. Asiatische und amerikanische Gucci-Boutiquen sowie Kunden in Europa und Übersee werden von hier aus bedient.
Doch auch für Gucci geht es nicht nur um die Spedition: «Ein weiterer Schwerpunkt ist die Produktionskontrolle in Italien, Frankreich und der Schweiz», erklärt ein Direktionssprecher. «Die Rahmenbedingungen sind ideal. Das Tessin liegt im Herzen Europas und bietet beste Voraussetzungen für effiziente Transporte per Bahn, auf der Strasse und mit dem nahe gelegenen Mailäner Flughafen, auch in der Luft.
Von diesen 150 Arbeitsplätzen werden 135 an Grenzgänger vergeben werden, die anderen 15 (also 10%) werden von Ansässigen besetzt. Der schweizerische Grenzgängervertrag mit Italien begünstigt solche Machenschaften. Die 15 übrigen Arbeitsplätze werden auch von Ausländern (vornehmlich Italienern)besetzt. Die Modehäuser lassen ihre in Hierarchie höheren Angestellten ins Tessin ziehen, mit Folgen für die Tessiner Bevölkerung
In einem Kanton mit etwa 300 000 Bewohnern machen sie mehr als ein Viertel aller Berufstätigen aus. Auf deutsche Verhältnisse umgerechnet bedeutet dies, dass jeden Tag 2,5 Millionen Tschechen zum Arbeiten nach Bayern kämen. Das sollte sich die EU einmal zu Gemüte führen.
Die italienischen Grenzgänger verstopfen die Strassen, sie parken ihre Autos, wo sie wollen, vor allem aber drücken sie die Löhne und zwingen so junge Tessiner, jenseits des Gotthard in der Deutsch-Schweiz Arbeit zu suchen.
“Schuld sind nicht die armen Grenzgänger, schuld sind die Unternehmen, die nur noch Dumpinglöhne zahlen, und die Politiker, die das erlauben”, sagt Alessandro Conrad. Der 21-Jährige aus Lugano hat mit Gleichaltrigen eine Facebook-Seite mit dem Titel “Basta stare zitti” (Schluss mit dem Schweigen) aufgeschaltet, welche die Notlage junger Tessiner thematisiert. Nicht nur, dass diese neuen Unternehmen Dumpinglöhne zahlen, nein sie kommen in die Schweiz und sparen Steuern. In der Schweiz bleibt davon wenig, wenn man dann noch die Kosten der Infrastruktur rechnet, bleibt gar nichts, manchmal zahlt man drauf.
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