1. Gesellschaft

Schweizer Stundenpläne sind gnadenlos

Es gibt bei uns wohl nichts Kon­sis­ten­te­res als die In­kon­sis­tenz un­se­rer Stun­den­plä­ne. Sie sehen aus wie Bil­der von Wet­ter­sa­tel­li­ten​ und sind welt­weit ein­ma­lig. Seit Ge­ne­ra­tio­nen bil­den sie DIE Her­aus­for­de­rung für El­tern. Schon meine Mut­ter kam an den An­schlag mit ihren vier Kin­dern und dies zu einer Zeit als eine Haus­frau kaum auf die Idee kam, sie wolle neben der Fa­mi­li­en­ar­beit noch einer Er­werbstätig­keit nach­ge­hen. Ver­ein­bar­keit war in die­sem Zu­sam­men­hang ein un­be­kann­tes Wort.

Welches Land hat sol­che Stun­den­plä­ne? In wel­chem Land schickt man die ers­ten Kin­der um acht Uhr zur Schu­le, die zwei­ten um neun Uhr, die drit­ten um zehn Uhr, zu einem Zeit­punkt, in wel­chem die ers­ten schon wie­der nach Hause kom­men, die dann um zwei Uhr wie­der hin­müs­sen, während die zwei­ten und die drit­ten am Nach­mit­tag schul­frei ha­ben? Was die Ver­ein­bar­keit von Fa­mi­li­en­ar­beit und Er­werbs­le­ben be­trifft, sind un­sere Stun­den­pläne gna­den­los. So gna­den­los wie Ar­beits­zei­ten in Un­ter­neh­men. Nur dass un­ter­des­sen sogar Ar­beit­ge­ber mehr Er­bar­men zei­gen und fle­xiblere Ar­beits­zeit­mo­dell​e an­bie­ten. Wohl weil sie selbst auch El­tern sind. Und El­tern wis­sen: Sie haben sich nach den Schul­zei­ten zu rich­ten und nicht um­ge­kehrt. Warum? Darum!

Viele Ge­mein­den bemühen sich in auf­wän­di­ger Er­gän­zungs­leis­tun​g zur Schule mit Hilfe von Pri­vat­per­so­nen eine Ta­ges­be­treu­ung hin­zu­bie­gen, die ab­so­lut lo­bens­wert ist. Doch in den Ge­nuss einer sol­chen zu kom­men, hängt vom Zu­fall ab, was den Aar­gaui­schen Leh­rer­ver­band dazu be­wo­gen hat, eine In­itia­tive ein­zu­rei­chen, wel­che von allen Ge­mein­den die Si­cher­stel­lung aus­rei­chen­der Ta­ges­s­truk­tu­ren ver­langt. Stos­send an die­ser In­itia­tive ist we­ni­ger das Ob­li­ga­to­ri­um, stos­send sind die hohen Kos­ten und der feh­lende Bei­trag der Schu­len selbst an einer zeit­gemäs­sen Ta­ges­be­treu­ung mit fa­mi­li­en­freund­li​­chen Stundenplänen.

Denn diese bil­den eine Schlüs­sel­rolle bei der Ver­ein­bar­keit von Fa­mi­li­en­ar­beit und Er­werbs­le­ben. Des­halb hat die CVP Aar­gau eine In­ter­pel­la­tion ein­ge­reicht und will vom Re­gie­rungs­rat wis­sen, ob er ge­willt sei un­sere Stun­den­pläne end­lich der heu­ti­gen Zeit an­zu­pas­sen und die Schu­len zu einer fa­mi­li­en­freund­li​­che­ren Ta­ges­ge­stal­tung zu ver­pflich­ten. Oder ob er we­nigs­tens be­reit sei, im Aar­gau flächen­de­ckend Block­zei­ten ein­zu­führen. Al­lein letz­te­res wäre schon ein Ge­winn.

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Comments to: Schweizer Stundenpläne sind gnadenlos
  • Oktober 7, 2015

    Blockzeiten? Womöglich gleitende Schulstunden? Oder hab ich da was falsch verstanden?

    In heutiger Zeit wo immer höhere Anforderungen gestellt werden, wenn Schüler in die Erwerbstätigkeit entlassen werden, sollte man sich eher überlegen, ob man die Schulstunden nicht aufgrund der Klasse in Schritten erhöhen sollte. Lehrstoff wird immer umfangreicher (oder sollte zumindest), Anforderungen nach Schulende steigen – wollen wir unsere Kinder wirklich als “Weichlinge” in die Wirtschaft gehen lassen?

    Es wäre vermutlich logischer, die Schulstundenmenge zu erhöhen, damit die Menge des Schulstoffes nicht in weniger Zeit “eingetrichtert” werden muss. Der “Druck” reduziert sich pro Zeiteinheit und ein effektives Lernen wird ermöglicht. Nicht einfach ein Fach überfliegen und den Rest soll man zu Hause machen.

    Aber es scheint mir, dass man unsere Kids schon in Schulzeit zu gestressten Menschen erziehen muss und will.

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  • Oktober 9, 2015

    Sinnvoll wäre, wenn alle Leute, die in einer Schule mitmachen, direkt oder indirekt – nicht nur Lehrer und Schulleitung, auch Kinder und Eltern – in jeder Schule individuell Lösungen finden können.

    die wichtigste Massnahme wäre, die Mitbestimmung von Kindern und Eltern erst zu entwickeln in Pilotprojekten, und dann institutionell zu verankern.

    Entscheide müssen wo immer möglich von jenen gefällt werden, die direkt betroffen sind, dort, wo es passiert.

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