Kürzlich haben die Gewerkschaften gefordert, die AHV auszubauen, und dabei tief in den Giftschrank für populistische Projekte gegriffen. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) will mit dem Projekt „AHVplus“ zwischen 3 und 11 Milliarden Franken pro Jahr mehr in die AHV stecken! Dies alleine würde rund 10-35% mehr kosten als bisher. Aber aufgepasst: Aufgrund der demografischen Veränderungen dürften die Kosten für dieses Vorhaben in der Zukunft jedoch noch steigen, da immer weniger Beitragszahlern immer mehr Leistungsempfängern gegenüber stehen.
Der SGB argumentiert, dass der Teuerungsausgleich in der zweiten Säule nicht gewährleistet sei und will deshalb mit der AHVplus-Forderung die erste Säule ausbauen. Dies ist sachlich völlig unlogisch und faktisch nicht gerechtfertigt. Zum einen sollen Baustellen bei der 2. Säule auch dort angepackt werden, und nicht anderswo. Zum anderen hat die Schweiz seit Jahren praktisch keine InflationUnter Inflation (auch Teuerung) versteht man in der [[Volksw..., und damit gibt es auch keine Notwendigkeit eines Teuerungsausgleiches im grossen Stil.
Noch mehr Geld in die AHV bedeutet höhere Kosten für ArbeitgeberBeim Arbeitgeber handelt es sich um eine Person/Unternehmung... und -nehmer. Dies macht Arbeiten in der Schweiz kostspieliger und deshalb unattraktiver. Diese höheren Lohnnebenkosten würden unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit erheblichen Schaden zufügen und damit unseren Wohlstand und unsere Sozialwerke erst recht gefährden.
Europa reformiert, die Schweiz nicht
Während in den letzten Jahren haben die meisten europäischen Länder das reguläre Rentenalter erhöht haben und einige Länder darüber hinaus mit alternativen Modellen experimentieren, herrscht in der Schweiz bei den Sozialwerken Reform-Stillstand. Seit rund zehn Jahren wird an einer 11. AHV-Revision gebastelt, wobei die letzte Version nicht mal im ParlamentDas Parlament ist in demokratischen Verfassungsstaaten die V... durchgekommen ist. Obwohl vor rund einem Jahr Schätzungen des Bundesamtes für Sozialversicherungen ergeben haben, dass die AHV ab 2020 Defizite schreiben wird, sind Lösungsvorschläge in Bern im Gefrierfach, falls sie überhaupt existieren. Indem wir an unseren bewährten, aber auf Dauer nicht tragbaren Sozialwerken stur festhalten, gefährden wir mutwillig deren Existenz und damit unsere WohlfahrtUnter Wohlfahrt (=Gemeinwohl) versteht man das Mass, mit dem...!
Wir brauchen deshalb dringend liberale Reformen für unsere Sozialwerke!
Da die Lebenserwartung weiter wächst, ist eine Erhöhung des Norm-Rentenalters unausweichlich. Eine Option ist, das Norm-Rentenalter abhängig zu machen vom Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentenbezügern. Daneben ist die Einführung einer Lebensarbeitszeit und damit eine weitere Flexibilisierung des Rentenalters zu prüfen.
Ein weiteres Puzzleteil einer Lösung könnte die (Teilzeit-)Altersarbeit sein. Für viele ist der Schritt von einem 100%-Job zur Pension innerhalb weniger Tage kaum machbar. Deshalb sollten flexible Altersarbeitsmodelle forciert werden. Mögliche Anwendungsgebiete dafür gibt es genug: von Teilzeit-Positionen beim bisherigen ArbeitgeberBeim Arbeitgeber handelt es sich um eine Person/Unternehmung... bis hin zu Volunteering-Modellen für Quartier-Kinderkrippen.
Schliesslich ist ernsthaft zu prüfen, wie mehr private Eigenverantwortung ins Renten-System eingebaut werden kann: Zum einen ist das heutige Giesskannensystem zu überdenken (Milliardäre brauchen vermutlich keine AHV), zum anderen soll jeder vermehrt selber wählen können, wie er seine Renten ansparen will (u..a. ist mehr Markt bei der 2. Säule gefragt).
Reformieren wir also jetzt unsere Sozialwerke, solange wir noch können! Aus Liebe zur Schweiz und aus Liebe zu unseren künftigen Kindern.
Adrian Ineichen
Präsident Jungfreisinnige Stadt Zürich (JFZ)
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Kommentare anzeigen Hide commentsAHV neu finanzieren
Die AHV sollte in Zukunft nicht wie bisher weitgehend über Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge finanziert werden. Ergiebige neue Finanzquellen wie zum Beispiel eine Finanztransaktionssteuer, eine Erbschaftssteuer für sehr Reiche oder eine Luxussteuer sind zu prüfen. Aber auch eine Umlagerung der bestehenden Ausgaben von Bund und Kantonen zugunsten der AHV ist diskutierbar.
Mit der Liberalisierung ist einzig und allein das “Verlangen nach noch mehr” des Kapitalismus gemeint!
Wir Reformieren nicht, weil alle Reformen einzig und alleine die Bürger zu tragen haben. Im glaube eine Rentenaltererhöhung wäre mehrheitsfähig, wenn auch Leute über 60 eine Chance auf eine Bewerbung hätten.
Das andere sind die 2.Säule. Das ist ein Selbstbedienungsladen für die Finanzbranche. Da wurden Milliarden an Überschüssen abgezweigt die jetzt fehlen. Abgesehen davon wird das ganze jetzt an die Wand gefahren. Die Finanzkrise ist nicht nicht vorbei.
Ich sehe das so. Für die AHV gehen uns die Jungen aus und von der 2. Säule wird nach der Finanzkrise nicht mehr viel da sein. Da hilft einzig die Selbstvorsorge. Aber mit Geld umzugehen ist nicht jedermanns Sache.
Bereits Bewerber/innen über 50 haben keine Chance auf eine Stelle.
Sehr geehrter Herr Ineichen
Um mal bei Ihrer letzten Forderung nach mehr Markt im Sozialwesen nachzuhaken: die unsägliche Geschichte mit den Krankenkassenprämien hat eindrucksvoll gezeigt, wohin mehr Markt hier führt. Hören wir also auf, immer nach der ach so hochgejubelten Marktregulierung zu schreien; die ist im Moment daran, ganze Staaten abzuschaffen.
Immer wieder interessant ist: die SUVA hat keine Konkurrenz, schreibt aber schwarze Zahlen. Wohl kaum trotz des fehlenden Marktes, sondern wohl eher deswegen.
Aber ich gebe Ihnen – zumindest fast – recht. Wir sollten endlich grundlegende Reformen anpacken und das bedingungslose Grundeinkommen für alle einführen. Da dabei die Sozialbeiträge auf Arbeitsplätze wegfallen, würde die Arbeit wesentlich verbilligt und der Arbeitsstandort Schweiz gefördert. Der ganze, milliardenteure Verwaltungsapparat der Sozialwerke würde auf ein Minimum zusammenschrumpfen.
Sie wollen ältere Menschen nicht mehr automatisch in Rente schicken? Woher wollen Sie die bezahlte Arbeit nehmen, um damit dann auch tatsächlich AHV-Ausgaben einsparen zu können???
Unbezahlte Arbeit gibt es mehr als genug, und ja, diese kann theoretisch von Pensionierten gemacht werden. Wenn diese aber kein Geld für Ihre Arbeit erhalten, brauchen sie AHV/Pension. Denn auch im fortgeschrittenen Alter lässt sich von der (Menschen-)Liebe allein nicht leben.
Ältere Menschen in den dringend benötigten Kinderkrippen? Das Schweizer Fernsehen hat erst kürzlich darüber berichtet, was geschieht (geschehen kann), wenn liebevolle und engagierte, aber in Kleinkindererziehung nicht ausgebildete Menschen mit Stress-Situationen in Kinderkrippen konfrontiert werden. Da nützt ein gutmütiger Opi oder eine liebenswerte Omi unter Umständen weniger, als sie schadet.