Das Urteil des Bundesgerichts fällt differenziert aus, aber es bleibt ein schaler Nachgeschmack: Da quält ein Bauer wiederholt seine Tiere, und wird dennoch weiterhin Subventionen empfangen können! Obwohl die Bundesgelder, welche nicht die Tierhaltung betreffen, trotz solcher Schandtaten fliessen, kommen Fragen auf: Wenn ein Bauer wiederholt gegen Gesetze verstösst in einem Bereich, macht er dies auch in anderen Bereichen? Wieviele andere Fälle gibt es, wo Bundesgelder in die Landwirtschaft fliessen trotz Gesetzesverstössen? Eine breit angelegte Untersuchung der Vergabe der immerhin rund 3.7 Mrd. Franken, die der Bund in die Landwirtschaft versickern lässt, tut dringend Not.
In einem zweiten Schritt soll der unsägliche Subventionssumpf endlich ausgetrocknet werden durch die Abschaffung der wettbewerbsverzerrenden Unterstützungzahlungen an die Schweizer Landwirtschaft bringen. Denn es ist grotesk: Die Schweiz pumpt immer noch Milliarden in ihre Landwirtschaft und schützt sie mit hohen Zöllen vor der ausländischen Konkurrenz, während die Preise für Lebensmittel in der Schweiz laut Eurostats rund 49% teurer sind als im EU-Durchschnitt. Zugleich klagen die Schweizer Bauern über mangelnde Unterstützung und wehren sich gegen jeglichen Strukturwandels ihres goldenen Käfigs, auf Kosten der Schweizer Konsumenten. Im Gegensatz dazu würde ein baldiger, echter StrukturwandelAls Strukturwandel bezeichnet man eine grundlegende Verände... nicht nur die Konsumenten entlasten, sondern die Bauern auch wettbewerbsfähiger machen und so die Zukunft der Schweizer Landwirtschaft mit weniger, dafür grösseren Höfen langfristig sichern. Je länger der unvermeidbare Wandel hinausgeschoben wird, desto schmerzhafter wird er sein.
Links:
NZZ Online (14.7.2011): „Landwirtschafts-Subventionen auch für Tierquäler“
NZZ (15.7.2011): „Die Schweiz ist ‚Spitze‘ bei den Preisen“
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Kommentare anzeigen Hide commentsHerr Ineichen, sie haben recht. Das Problem der Subventionen in der Landwirtschaft muss endlich angegangen werden. Aber es gibt nicht nur in der Landwirtschaft Subventionen. Es gibt in der Schweiz zu viele Subventionen und Umverteilungsmechanismen. Diese verhindern, dass sich der Markt und die Umwelt jeweils zeitgemäss den jeweils aktuellen Situationen anpassen wird (kann). Der Wettbewerb wird verzerrt und den subventionierten Bereichen wird die Eigenverantwortung entzogen. Diese Eingriffe sind meistens schlecht, da sie die Flexibilität unserer Wirtschaft einschränken. Flexibilität ist aber sehr wichtig in der heutigen Zeit. Wenn man sieht wie schnell sich gewisse Dinge ändern. Hier ein paar Beispiele: Atomausstieg, Frankenstärke, Bevölkerungswachstum in der Schweiz, Finanzkrise usw.
Kurzfristige zeitlich begrenzte Eingriffe des Bundes können in gewissen Situationen gerechtfertigt sein. Aber grundsätzlich sollte ein wirtschaftliches System ohne finanzielle Unterstützung des Bundes und somit der Allgemeinheit funktionieren.
Dazu habe ich vor einiger Zeit einen Artikel im Saldo gelesen. Leider kann auf diesen Artikel nicht frei zugegriffen weden. Für die interessierten: Saldo Nr. 10 Seite 8 “Der Bund verteilt das Geld der Steuerzahler grosszügig”
Herr Steiner, besten Dank fuer Ihren Kommentar. Ich stimme Ihnen zu, es gibt auch noch andere Bereiche, in denen Subventionen vorkommen. Ein Beispiel wären die versteckten Subventionen fuer den genossenschaftliche Wohnbau-Bereich in der Stadt Zürich. Diese haben über die Jahrzehnte v.a. Abhängigkeiten und Begehrlichkeiten geschaffen und damit eine neue Klientel, die ihre Pfründen verteidigen will.
Wollen wir, dass die Schweiz international wettbewerbsfähig bleibt, müssen wir versuchen, die Subventionen abzubauen …. in allen Sektoren.
Staatliche Interventionen könnten ev. dann gerechtfertigt sein, wenn kurzfristig durch Strukturwandel Härtefälle ausgeglichen werden sollten (z.B. wenn wir die Landwirtschaft sofort liberalisieren würden, waäen vermutlich Umschulungskurse für Bauern, die ihren Hof aufgeben wollen, gerechtfertigt).
Ich dachte, dass mit dem Cassis-de-Dyon Prinzip Produkte in der Schweiz billiger wurden. Doch denkste, wir bekommen nun schlechtere EU-Qualität zu den gleichen überhöhten Preisen. Wird das beim Gemüse anders?
Wir bekommen endlich Schmelzkäse mit 50% statt mind. 75% Käsetrockenmasse, Fruchtsirup mit einem Fruchtanteil von 10% statt mind. 30%.
http://www.bag.admin.ch/themen/lebensmittel/10380/10383/index.html?lang=de&download=NHzLpZeg7t,lnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z6gpJCJeIN_f2ym162epYbg2c_JjKbNoKSn6A–
Wäre es nicht besser, zuerst einmal bei den Herstellerkartellen anzufangen, welche in der Schweiz viel höhere Preise festlegen als im Ausland? Der Anteil der Landwirtschaftsartikel am Warenkorbes ist ja mittlerweile bei nur 7%.
Herr Keller
Besten Dank für Ihre Inputs. In aller Kürze
Das Cassis-De-Dijon-Prinzip hat keine KEINE Abstriche bei der Qualität zur Folge (siehe ebenfalls Aussagen von BAG Leuten sowie aus dem Detailhandel).
http://cr.contentx.ch/m/mandanten/175/download/AG5_IGDHS_Factsheet_CdD_110629.pdf
Ihre Beispiele (Fruchtanteilen, Anteile von Käsetrockenmasse) haben nicht a priori mit Qualität (im Sinne von möglichst wenig Bakterien, Unreinheiten etc.), sondern viel eher mit Vorlieben zu tun. Letztlich soll der Konsument entscheiden, welchen Schmelzkäse er lieber hat. Es liegt nicht an der Politik, diese Vorliebe zu beeinflussen.
Kartelle: Ich bin prinzipiell gegen Kartelle. Vielleicht können Sie näher ausführen (Beispiele?), was Sie genau meinen.
Sie haben Recht, für die Durchschnittsfamilie in der Schweiz sind Ausgaben für Lebensmittel relativ klein im Verhältnis zum Einkommen. Aber was für den Durchschnitt gilt, muss nicht für working poor gelten, oder für Studenten, kinderreiche Familien, oder die unteren bis mittelständischen Einkommensschichten.
Aber nochmals: Letztlich soll der Kunde entscheiden, ob er günstige, oder teurere Ware kaufen will. Die Politik hat nur dafür zu sorgen, dass die Lebensmittel möglichst „sicher“ (d.h. nicht gesundheitsgefährdend) sind (wir wollen ja nicht China nachahmen mit Blei-, Melanin- und anderen Skandalen).
Ich dachte immer, dass ein Joghurt mit echten Erdbeeren qualitativ besser ist als ein Joghurt mit künstlichem Erdbeeraroma, im Sinne dass ja nicht ein Joghurt mit künstlichem Erdbeeraroma verkauft wurde. Die Künstlichkeit als besondere Qualität hat bisher noch kein Hersteller in der Werbung herausgestrichen.
Herr Ineichen, Ihr Kommentar fusst auf 2 verschiedenen Gedanken. Da ist zuerst der Landwirt, der trotz Zuwiderhandlung gegen das Tierschutzgtesetz doch noch Flächenbeiträge erhält. Diesen Landwirt zu schützen ist nicht meine Absicht, die Gesetze sind ganz klar einzuhalten. Ihre Fehlannahme ist aber, dass es sich bei diesen Beiträgen um Subventionen handelt, wie Sie ja auch schreiben. Vergessen Sie doch einfach dieses Wort, weil es nicht Subventionen, sondern Entschädigungen für bestimmte Leistungen sind.
Ich bin auch Landwirt und demzufolge auch Bezüger von Direktzahlungen. Jede Art von Direktzahlung ist an eine Leistung gebunden, seien es Erfüllung von politischen Absichten, (z.B. Flächenbeiträge im Zuckerrüben-Anbau, damit der Anbau nicht verschwindet)oder Beiträge für die ökologische, oder die besonders tiergerechte Produktion. Mit diesen Beiträgen werden wir gesteuert, würden sie wegfallen, gäbe es diese Produktionsformen nicht mehr und die “heile-Welt-Schweiz” würde erheblich anders aussehen. Subventionen, also Geld à fonds perdu, habe ich in meiner 20- jährigen Tätigkeit als Landwirt mit einem gut mittelgrossen Betrieb, noch keinen einzigen Franken erhalten!
Bedenken Sie, die schönen Landschaften in unserer Natur sind nicht einfach “gottgegeben”, sondern das Resultat einer nachhaltigen Produktion. Wird auf diesen Flächen nicht mehr produziert, wird das Land zuerst verbuschen, dann verwalden. Diese Flächen wären dann engültig aus der Produktion genommen, wir würden uns von der einheimischen Landwirtschaft verabschieden und vom Ausland leben.
Kein Problem werden Sie sagen, das Ausland produziert genug, und die paar Landwirte sollen eine Umschulung machen. Grosser Irrtum, Herr Ineichen! Erstens wird die Ernährungssituation in Zukunft anders aussehen, da bin ich überzeugt und zweitens denken Sie da nicht an all die Wirtschaftszweige die uns vor- und nachgelagert sind. Ich denke da an die Maschinenindustrie, an die Milchindustrie und an die vielen örtlichen (ländlichen) KMU- Betriebe, die noch dank uns Landwirte überleben können.
All das ginge verloren, und zwar ziemlich endgültig. Wenn das Now-how mal nicht mehr da ist, wird es schwierig sein, wieder zu beginnen.
Das sind so Überlegungen, die man sich machen muss, wenn man so schnell und salopp die “Subventionen” abbauen will.
Herr Siegrist
Besten Dank für Ihren Input und Ihre Differenzierung zwischen Subventionen und Direktzahlungen. Ich habe mir dennoch erlaubt, vereinfachend das Wort „Subvention“ zu benutzen, da dieses Geld ohne direkte Gegenleistung meint. Damit sind Subventionen martkverzerrend.
Direktzahlungen für gewisse Leistungen der Landwirtschaft finde ich in Ordnung, wie zum Beispiel Landschaftspflege.
Ein Problem von Direktzahlungen ist es, für eine gegebene Leistung die Höhe der sinnvollen finanziellen Gegenleistung zu berechnen; oder umgekehrt für eine politisch definierte Summe Geld eine adäquate landwirtschaftliche Gegenleistung zu definieren.
Wie viel soll man an Tierhaltebeiträgen bezahlen? Braucht es überhaupt Direktzahlungen, damit ein Bauer ein Tier hält? Ist dies eine Leistung? Oder sollte nicht eher ergebnis- und wirkungsorientiert Direktzahlungen bezahlt werden? Wie und wie hoch sollen ökologische Direktzahlungen ausgestaltet sein? Etc.
Leider ist es nicht einfach, und deshalb auch nicht unumstritten, adäquate Direktzahlungen zu definieren.
Als die die Schweiz u.a. aufgrund von Entwicklungen bei der WTO ihre Unterstützung für die Landwirtschaft angepasst, und ist dabei in den letzten Jahrzehnten von Subventionen hin zu Direktzahlungen gegangen, dabei aber darauf geschaut, dass die Unterstützung finanziell nicht drastisch schrumpft. Oder anders gesagt: Es wird zuviel bezahlt für die erhaltene Gegenleistung. Dies ist eine indirekte Subvention. Das ist politisch gewollt, aber nur im Graubereich bei WTO-Regeln und ökonomisch wohl nicht immer sinnvoll.
Ich glaube an eine Zukunft der Landwirtschaft in der Schweiz. Die wird aber vermutlich viel weniger Betriebe haben als heute. Grössere Betriebe haben die Möglichkeit, wirtschaftlicher zu arbeiten und sind so wettbewerbsfähiger als viele kleine. Es braucht aber auch einen Abbau von unnötigen Regulierungen in der Landwirtschaft. (Der geneigte Leser möge sich von der Kompliziertheit nur schon bei den Direktzahlungen selbst ein Bild machen und die BLW Website anschauen). Weniger Regulierungen ermöglichen den Bauern auch, wettbewerbsfähiger und flexibler zu sein.
Ob wir in der Schweiz genügend Nahrung für uns produzieren oder nicht, ist unwichtig. Wir müssen auf jeden Fall Produkte importieren, die wir selbst nicht anbauen können. Zudem :Die Nahrungsmittelproduktion auf der ganzen Welt hat in den letzten Jahren zugenommen.
Es kann sein, dass nicht alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Welt auf dem selben Qualitätslevel sind wie jene Produkte aus der Schweiz. Aber dann lassen wir doch die Konsumenten entscheiden! Dafür brauchen wir keine hohen Zollmauern, und auch keine marktverzerrenden Zahlungen an die Schweizer Landwirtschaft, ob sie nun teils als Direktzahlungen getarnt sind oder nicht.
Link UN Food and Agriculture Organization (FAO): Landwirtschaftliche Produktion
http://faostat.fao.org/site/339/default.aspx
Link Bundesamt für Landwirtschaft (BLW): Direktzahlungen und Strukturen
http://www.blw.admin.ch/themen/00006/index.html?lang=de
Landwirtschaft ohne Grenzschutz: Flankierende Massnahmen sind erforderlich!
WTO und die EU fordern, die Stützungszahlungen für den Agrarsektor zu beschränken. Dies geschieht einerseits im Interesse der ärmeren Länder, die volkswirtschaftlich in hohem Masse auf Agrarexporte angewiesen sind, um Devisen für den Import von lebenswichtigen Industriegütern zu erwirtschaften; andererseits um Kosten zur Verwertung der Überschussproduktion in den OECD-Ländern zu vermeiden. Mit der Frankenstärke ist die Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Landwirtschaftsprodukte im Vergleich zu unseren Nachbarn noch geringer geworden. Damit kommt die Produktionsfunktion der Schweizer Landwirtschaft unter Druck. Der dadurch beschleunigte Strukturwandel muss durch geeignete Massnahmen flankiert werden. Prämien für Betriebsaufgaben und Betriebszusammenschlüsse, Landschafts- und Naturschutzbeiträge, Beiträge für den ökologischen Anbau und alternative Arbeitsplätze im ländlichen Raum sind vermehrt zu fördern.