Religion ist Privatsache, deshalb schreibt und spricht man nicht gern darüber. Selten sind Reaktionen so emotional, wie wenn es um den Glauben geht. Die Mohammed-Karikaturen in der dänischen Presse sind uns noch gut in Erinnerung. Aber, Religion ist auch eine öffentliche Angelegenheit. Wir sehen das im Kantonsrat, wenn die Vertreter der Evangelisch-reformierten Landeskirche, der Römisch-katholischen Körperschaft, der Christkatholischen Kirchgemeinde sowie jene der zwei anerkannten jüdischen Gemeinschaften, der Israelitischen Cultusgemeinde und der Jüdischen Liberalen Gemeinde auftreten, um ihre Jahresberichte zu vertreten. Der Kanton Zürich treibt für die drei kantonalen kirchlichen Körperschaften der Reformierten, Katholiken und Christkatholiken die KirchensteuerDie Steuer ist eine öffentliche Abgabe und bildet die wicht... ein und überprüft deren Leistungen. Alle anerkannten Glaubensgemeinschaften geniessen besondere staatliche Zuwendungen, wie z.B. den Gebrauch von Räumlichkeiten. Werfen wir einen Blick ins Statistische Jahrbuch des Kantons Zürich, teilen sich die 1‘344‘866 Angehörigen der Wohnbevölkerung im Jahr 2009 wie folgt auf: 476‘786 Reformierte, 387‘827 Katholiken, 1‘753 Christkatholiken, 478‘500 andere/ohne. 1998 sahen die Zahlen wie folgt aus: Wohnbevölkerung: 1‘184‘002, reformiert: 516‘959, katholisch: 377‘605, christkatholisch: 1‘729, andere/ohne: 287‘709. Wir erkennen, dass die Gruppe der anderen/ohne in ihren Missions-Bemühungen besonders erfolgreich war. Die Katholiken legten zu, was uns einen Hinweis auf die Migration gibt. Unter „andere/ohne“ erfasst die Statistik jene ohne Glauben, Juden, Muslime und auch Angehörige von Freikirchen, die sich nicht zur Evangelisch-reformierten Landeskirche zählen mögen. Diese Woche erlebte Zürich im Hallenstadion eine Predigt der Superlative. Aufgrund des 15 jährigen Bestehens der Zürcher Freikirche International Christian Fellowship ICF trat Reinhard Bonnke auf. Gemäss dem Sektenspezialisten Hugo Stamm, der den Auftritt für den Tages Anzeiger kommentierte, seien zwischen 6000 und 7000 Gläubige in den Wädlitempel gepilgert. Am Gedenktag für den Frauenstreik bliesen gerade mal rund hundert unentwegte Blaustrümpfe auf ihren Pfeifen. Im Vergleich liegt Kraft. Der Kantonsrat führte schon Debatten darüber, ob die Bibel in der Genesis wörtlich zu nehmen sei, womit dem Kulturama, dem Museum für die Entwicklung des Menschen, keine öffentlichen Gelder zukommen sollten. Wenn der Staat die einen Religionsgemeinschaften gesetzlich anerkennt, schliesst er damit andere aus. Wir stellen fest, dass die Zahl der anderen/ohne steigt. Der Druck nimmt zu, weitere Religionsgemeinschaften zu bevorteilen. Wo ist die Grenze? Es ist absehbar, dass die Trennung zwischen Kirche und Staat wieder aufs Tapet kommen wird. Bisher war die SVP dagegen. Sollte Religion nicht Privatsache sein?
Personen haben auf diesen Beitrag kommentiert.
Kommentare anzeigen Hide commentsIch bin auch ‘ohne’. Nämlich konfessionslos. Wieviel der Zunahme sind auf diese zurück zu führen?
Der Staat hat neutral zu sein, deshalb ist Religion auch Privatsache.
Neue Glaubensrichtungen kommen und einige der Neuen sind noch nicht so domestiziert wie unsere christlichen Kirchen, und es ist zu befürchten, dass extreme dieser neuen Religionen, in Zukunft, Einfluss auf den Staat und die Gesetze, in ihrem religösen Verständnis, nehmen wollen.
Deshalb muss der Staat schon heute klar definieren wie sich religiöse Gruppen im Staate und in der Gesellschaft zu verhalten haben. Da währe das Vereinsrecht eigentlich das Richtige. Keine Religion ist zu bevorzugen.
Auch die Schulen haben sich Neutral zu verhalten, das ist wichtig!
Wir haben zu viele Katholiken, zu viele Protestanten, zu viele Neuapostolen, zu viele Zeugen Jehovas und, und, und. Aber wir haben viel zu wenig wirkliche Christen!
Ja, lieber Herr Schneider, das sind Menschen, die sich auch so verhalten wie Christen! In Irland hat es scheinbar nicht allzuviele davon…
Grundsätzlich sollte Ihnen die Bibel eigentlich Antwort darauf geben.
Es sind aber definitiv nicht jene, die jeden Sonntag in der Kirche sitzen, denn wahre Christen brauchen keine Kirche!
Diejenigen, die sich eben nicht bekämpfen! :-)Die von Ihnen erwähnten sind eben Katholiken und Protestanten, aber scheinbar keine Christen, denn, liebe Deinen Nächsten…
Herr Schneider, ich bin mir sicher, dass Sie meine Aussage sehr wohl verstanden haben.
Kirche und Staat sind vollständig und endgültig zu trennen. Die Kantone dürfen keine Mitgliederbeiträge für die Kirchen eintreiben. Entschädigungen für soziale Projekte dürfen nicht direkt fliessen, sondern über ein Auktionsverfahren nur den besten Projekten zugeteilt werden.
Das führt zu einer Stärkung der Kirche:
1) Um Mitgliederbeiträge von ihren Gemeindemitgliedern zu erhalten, müsste die Kirche wieder näher am Gemeindemitglied sein. Der Pfarrer wäre wieder mehr in der Kirche anzutreffen. Er müssten den Menschen Antworten auf ihre Fragen liefern. In einer verständlichen Sprache und realitätsbezogen. Er würde mit Konfirmanden oder Firmlingen tatsächlich auch über Gott sprechen müssen und müsste ihnen aufzeigen, dass eine Glaube nicht mit der Konfirmation endet, sondern Antworten auf alle Lebensfragen bieten kann. Heute werden 15-jährige in die Welt entlassen und müssen das ganze Leben mit dem Glauben eines 15-jährigen (eines Kindes) meistern. Die Kirche müsste aber in Abwesenheit der Kirchensteuer ständig an der Kundenbindung und -treue arbeiten. Heute wirken Priester und Pfarrer mehr wie Staatsbeamte.
2) Um im “Markt” der Religionen zu bestehen, müssten Religionsgemeinschaften deshalb wieder an Profil gewinnen. Neue Formen von Glauben und Gottesdienste entwickeln sich. Die Vielfalt würde zunehmen. Aktuell führt das Regime mit den Kirchensteuern dazu, dass Kirchen keine Anreize haben, sich zu entwickeln. So wird aus der Vielfalt ein Einheitsbrei. Konservative Blockierer können junge, interessante Ideen verhindern. Die kundenferne Kirchensteuer wirkt wie eine Subvention gegen die Veränderung. Veränderung meint aber nicht nur “Modernisierung”. Es kann auch sein, dass man sich wieder auf das alte, dem Zeitgeist geopferte, zurückbesinnt.
3) Fragen wie der Pflichtzölibat, Laienbeteiligung oder Frauenordination würden auch auf dem Markt entschieden. Die einen Gemeinden überleben gerade, weil sie konservativ sind und nur lateinisch beten, die anderen wachsen, weil die neue “Priesterin” es schafft, auf Bedürfnisse einfach und unterhaltsam einzugehen und Fragen ihrer Gemeindemitglieder aufgrund ihrer Lebenserfahrung (z.B. der Erziehung ihrer 2 Kinder) beantworten kann. Eine am Markt ausgesetzte katholische Kirche müsste sich fragen, ob sie es sich weiterhin leisten kann, den grossen Talentpool der verheirateten Männer oder der Frauen ingesamt zu verschmähen.
4) Die Abschaffung der Kirchensteuer würde auch bedeuten, dass der Staat und damit auch Nichtmitglieder, weniger bis keinen Einfluss mehr nehmen können auf die Kirchen. Die Kirche würde sich, um es mit einer Metapher auszudrücken, aus der babylonischen Gefangenschaft des Staatskirchendaseins befreien. Sie könnte wieder freier agieren und könnte so der Verwässerung der Botschaft (des Marktprofils) entgegenwirken. Sie wäre wieder ein Teil der Zivilgesellschaft.
Eigentlich wäre Religion Privatsache.
Privatsache, zwischen mir und einer (Schöpfung einer Ur Kraft). Heute muss man ja bereits aufpassen, bei der Namensgebung, dass nicht wieder jemand beleidigt ist.
Es heisst dann weiter, zumindest wurde mir das so erklärt, im Unterricht für diese Religion, dass ich überall und jederzeit mit dem Obersten, dieser Macht, in Kontakt treten könne.
Freiwillig könne ich auch zusammen, mit anderen an einem bestimmten Ort darüber sprechen, jederzeit, überall. Wichtig, dass das was ich sage, der Wahrheit entspricht.
Es steht nirgends, dass ich jemanden dafür bezahlen muss, in Form von Steuern, durch den Staat eingetrieben. Jedoch sieht es so aus, als dass es unsere Kirchen geschafft haben, als erste, den Staat als Eintreiber solcher Solidarität Beiträgen zu bewegen.
Kommt mir fast so vor wie bei SF DRS, das Programm mag ich nicht, bezahlen soll ich doch, solidarisch.
Mir hat übrigens das Programm nicht mehr gefallen, also habe ich mich mal verabschiedet, bin ausgetreten. Was nicht heisst, dass ich gegen diese Schöpfung etwas habe. Genau so wenig wie ich generell etwas gegen das TV schauen habe.
Meiner Ansicht nach haben sich diverse Vertreter dieser Religionen zu sehr von Ihrer Eigenen Botschaft entfernt. Zu sehr in den Staat eingemischt, die ganzen Gesetzes Bücher sind ja voll von ursprünglich eben diesen Ansichten. Was man genau darf, was nicht.
Ach ja Herr Bruno Dreier, von da her bin ich dann wieder froh, ist wenigstens der Platz besetzt, und kann nicht einfach so von Neuen eingenommen werden.
So gesehen würd ich es einfach wieder so belassen, wie das kulturell gewachsen ist. Ist bequemer.