Hier ein zweiter Beitrag zum “Geburtstag” der Schweiz – diesmal die Hervorhebung des Anteils einer klugen Frau und der Habsburger an der Entwicklung der heutigen Schweiz im damaligen “Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation” (HRR).
(Bild: Königin Agnes von Ungarn mit dem Modell ihrer Klosterkirche Königsfelden)
Von 1317 bis 1364 hielt in Brugg eine Königin u. a. das Gebiet der heutigen Schweiz zusammen: Agnes von Habsburg, die Königin von Ungarn. In Baden/Brugg bildete sie neben Wien das zweite Machtzentrum der Habsburger. Agnes von Habsburg kam 1280 in Baden oder Brugg als Tochter von König Albrecht I. auf die Welt und starb auch dort – im damals biblischen Alter von 84 Jahren. Sie darf also als Schweizerin bezeichnet werden.
Im Gegensatz zu ihren königlichen Eltern und Grosseltern lernte sie lesen und schreiben. 1298 wurde sie neben Andreas I. Königin von Ungarn. Als Königswitwe lebte und wirkte Agnes dann ab 1317, ohne das Gelübde abzulegen, in ihrem Kloster Königsfelden, in der heutigen Gemeinde Windisch. Von da aus entfaltete sie in den sog. Vorderen Landen (Vorderösterreich) eine einflussreiche politische Tätigkeit in Vertretung ihres Bruders Herzog Albrecht II. von Österreich. Die Vorderen Lande lagen im Elsass, in Süddeutschland und in der heutigen Schweiz.
1327 bestätigte König Ludwig IV. von Bayern Uri, Schwyz und Unterwalden die Reichsfreiheit im HRR, und er fügte SZ und Unterwalden zur Reichsvogtei Waldstätten zusammen. Die neue Reichsvogtei wurde vom König in den Bund mit Strassburg, Konstanz, Zürich und Bern eingebunden, was bedeutet, dass die neue Reichsvogtei als gleichberechtigter und handlungsfähiger Partner innerhalb des HRR anerkannt worden ist. Diese Reichsvogtei und dieser Bund sind erst im Nachhinein erste schwache Anzeichen einer entstehenden “Eidgenossenschaft”.
Nach 1330 wurde Königin Agnes sowohl bei Fehden der Städte wie u. a. auch in Konflikten zwischen Habsburg, Savoyen und den reichsfreien Orten immer wieder als Vermittlerin angerufen – vor allem auch in der heutigen Schweiz. Auch Konflikte unter ihren Brüdern konnte sie beilegen.
Kaiser Ludwig IV. verpfändete (!) die oberdeutschen Reichsstädte 1330 an Albrecht II. Die Städte Zürich und St. Gallen lösten sich aber sofort aus. Die Position Habsburgs war im Berner Oberland, von Biel flussabwärts, im St. Galler Rheintal, in der Linthebene, im Zürcher Umland sowie natürlich im Aargau und im Thurgau gesichert. Herzog Rudolf IV. gelang es aber nicht, die habsburgische Hoheit über die Reichsstädte Zürich, Bern, St. Gallen und Solothurn durchzusetzen. Andererseits waren Freiburg und Bern wegen der Bedrohung aus Savoyen wenig an Feindseligkeiten gegen Habsburg interessiert. Kaiser Ludwig IV. bestätigte 1331 die Reichsfreiheit von Uri und der Reichsvogtei Waldstätten. 1334 sprach er jedoch die Reichsvogtei Waldstätten Habsburg zu. Deshalb begann ein Kleinkrieg zwischen den habsburgischen Gebieten und den reichsfreien Orten aus. Hier gab es durch Königin Agnes viel zu schlichten. 1336 konnte sie die Feindseligkeiten beenden. Luzern verblieb zwar im Bund mit Uri und der Reichsvogtei Waldstätten, musste aber weiterhin die habsburgischen Hoheitsrechte anerkennen. 1333 und 1340 vermittelte Agnes u. a. auch zwischen Bern und Freiburg, und 1351 fällte sie einen leider erfolglosen Schiedsspruch zwischen Rapperswil, Zürich und der Reichsvogtei Waldstätten. Mehr hier:
Bruno Meier: Ein Königshaus aus der Schweiz, hier + jetzt, 2008
Königin Agnes sah sich als Nachfolgerin der hl. Elisabeth von Thüringen und deshalb verpflichtet, die pietas Austriaca zu sichern. So entstand ihr bemerkenswerter Beitrag zur Erhaltung des Landfriedens und zur Stabilisierung des HRR im Bereich der heutigen Schweiz.
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9. Januar 2021
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Kommentare anzeigen Hide commentsDie Tagsatzung der eidg. Orte übernahm 1416 das habsburgische Verwaltungszentrum Baden für die Verwaltung der eroberten habsburgischen Gebiete. Dazu gehörten die Abnahme der Jahresrechnungen der Gemeinen Herrschaften, aber auch Entscheidungen über Krieg, Frieden und Bündnisse. Wichtige Verträge, die hier ausgehandelt worden sind, sind der Badener Vertrag von 1585 und die Defensionale von 1668.