«Unser Bedürfnis nach Platz, in dem Kultur jenseits von Konsum und kommerziellen Hintergedanken entstehen kann, ist in Zürich nicht gestillt.» Dieser Satz stand auf einem Flugblatt der Besetzer der ehemaligen Krause-Senn Liegenschaft am Stauffacher. In der Stadt Zürich sind gegenwärtig so viele Liegeschaften besetzt, wie schon lange nicht mehr. Gleichzeitig werden am Wydäckerring im Triemliquartier durch die Stadt Asylbewerber in Liegenschaften einquartiert, deren Eigentümerin den teilweise alt eingesessenen Mietern zuvor gekündigt hatte. Jetzt wird über die Asylbewerber hergezogen. Der Tages Anzeiger hat, vermutlich um die Diskussion in eine andere Richtung zu lenken, die Eigentümerin ins Visier genommen. Es handelt sich um eine Stiftung, die Immobilien verwaltet und deren Präsident mit Franz Steinegger eine prominente FDP-Zielscheibe abgeben könnte. Aus Sicht des Schreibenden ist der Fokus in beiden Fällen falsch. Die Asylbewerber müssen irgendwo untergebracht werden. Wie alle anderen Gemeinden, muss auch die Stadt Zürich ihren Teil beitragen und entsprechend ihrer Grösse Asylbewerber unterbringen. An diesem Grundsatz kann kaum gerüttelt werden, schliesslich wird die Stadt ja zusätzlich für die Übernahme zentralörtlicher Lasten durch die übrigen Gemeinden, bzw. den Kanton entschädigt. Die Diskussion müsste in diesem Fall richtigerweise darüber geführt werden, warum überhaupt so viele Asylbewerber unterzubringen sind. Das würde uns zur Asylpolitik des Bundes führen und über diese haben wir uns auch an dieser Stelle schon aufgeregt. Die andere Schiene führt zur Baubewilligungspolitik der Stadt und des Kantons. Die private Stiftung muss als Eigentümerin dafür sorgen, dass sie im Moment, in dem die Baubewilligung erteilt wurde, möglichst rasch mit dem Bau beginnen kann. Sonst vergeudet sie das Geld ihrer Stiftung. Um bauen zu können, muss das Objekt leer stehen. Dass das – aufgrund der umfangreichen Einsprachemöglichkeiten – nicht so einfach ist, erfährt die Stadt gegenwärtig beim Toni-Areal, wo der Club Rohstofflager als Mieter den Bau bis vor Bundesgericht verzögert hat, was die Allgemeinheit Millionen kostet. Mieter rechtzeitig raus ist also aufgrund der drohenden Rechtsmittel eine Notwendigkeit aus Sicht des Eigentümers. Steht die Liegenschaft leer, drohen Besetzer. Bestes Mittel, um das abwenden zu können: Asylbewerber. Die Stadt bezahlt die Miete und wird zeitgerecht räumen, wenn die Baubewilligung vorliegt. So wird ein Ganzes aus verschiedenen Puzzleteilen. Hätten die Eigentümer der Liegenschaften eine Gewissheit, dass ihre Interessen gewahrt würden, könnten die Mieter bis unmittelbar vor dem Baubeginn im Objekt wohnen bleiben und würde andererseits eine leerstehende Liegenschaft nicht sofort illegal besetzt, bräuchte es keine Alternativnutzung.
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