Wird in der Stadt genügend für die Kinder getan, fragen die St.Galler Nachrichten die Stadtparlaments-Kandidaten. Als Teilzeit-Hausmann-Papi in der Probezeit interessiert mich die Frage mehr als auch schon, doch vorerst ist zurück zu fragen: Wer soll was tun, was kann und soll politisch gemacht werden? Liberale, die auf Eigenverantwortung setzten, werfen sozialer Politik oft vor, den Finger auf andere zu zeigen und die Gesellschaft ändern zu wollen, anstatt die Änderung persönlich-individuell umzusetzen. Was mich betrifft, so radle ich beispielsweise unsere Tochter im Kinderanhänger durch die Gegend – ein Auto haben wir keines – nicht aus grünem Zwang, sondern weil ich sportlich-gesund sein mag und Mitmenschen und Umwelt nicht schädigen will. Ich lebe genügsam und investiere dafür in Solar- und Windkraftwerke. Weniger sympathisch sind mir jedoch jene (nicht-grün-)liberalen, die sich gegen ökonomisch-ökologische Anreize wehren, auf Freiwilligkeit setzen und doch nichts freiwillig tun.
Was wünscht sich meine Tochter von der Stadt? Vorerst verlangt sie primär viel von ihren Eltern, und das führt zu der Frage, wie Beruf und Kinderbetreuung organisiert werden kann. Wieso tun sich ArbeitgeberBeim Arbeitgeber handelt es sich um eine Person/Unternehmung... so schwer mit Vätern, die mehr als ein Arbeitstag für die Kinder da sein mögen? Als selbstständiger Unternehmer habe ich das Problem einerseits für mich gelöst, anderseits habe ich ein gewisses Problem-Verständnis, dass zu hohe Mutter-/Vaterschutz-Regelungen dazu führen können, dass wie in Deutschland junge Noch-nicht-Mütter einfach kaum mehr unbefristet angestellt werden. Um den Leistungs- und Wachstumszwang der Unternehmen zu relativieren, halte ich Ideen der Postwachstumsökonomie für verfolgenswert – doch das ist ein Thema für sich.
Was aus meiner Sicht ein GewinnAls Gewinn bezeichnet man die Differenz zwischen Einnahmen (... ist, sind lebhafte Nachbarschaften. Nachbarschaften, in denen man sich kennt und unterstützt. Wenn die alte Dame nebenan mit Liebe unsere Tochter hütet, und wir ihr dafür Rasen mähen und Schnee schaufeln. Das bedarf kaum politischer Förderung; Nachbarschaft muss individuell gelebt werden. In zwei Punkten kann die Stadt als politische Institution jedoch die Entwicklung fördern. Erstens hält das Liegenschaften Amt über 100 Wohn-Immobilien, die genau so gut privat bewirtschaftet werden könnten. Die Stadt kann diese – sinnvollerweise im Baurecht – vorzugsweise für Mehrgenerationenprojekte und gemeinnützige Wohngenossenschaften verkaufen (und dabei durchaus von den aktuell hohen Immobilienpreisen profitieren). Autofreie Siedlungen “hinter den Gleisen” oder am Bahnhof St.Fiden wären eine gute Grundlage für kinderfreundliche Nachbarschaften. Tiefgaragen sind nur unnötig teuer – das ist meine Erfahrung als Nachhaltigkeitsbeirat der ersten autofreien Siedlung in Bern.
Zweitens ist kaum eine Schweizer Stadt derart vom motorisierten Individualverkehr geprägt wie St.Gallen. Fuss- und Veloverkehr beansprucht wenig Raum, fördert die Gesundheit – und verursacht privat und dem Staat keine hohen Kosten. Langsamverkehr soll in der Stadt einen angemessenen Freiraum erhalten, sodass Kinder Spass am Schulweg haben können und Papi besseres Tun kann als Chauffeur zu spielen. Doch auch das ist eine Frage der individuellen Lebenskultur. Sie kann einem konservativen Stimmvolk nicht aufgezwungen werden, doch als liberale Städter können wir uns für eine zukunftsoffene lebendige Stadt engagieren.
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Kommentare anzeigen Hide comments“Familienpolitik – individuelles oder staatliches Engagement”
Das ist nicht ein Entweder-Oder, Herr Lüthi. Es braucht beides. Das Engagement der Eltern und dasjenige des Staates müssen einander sinnvoll ergänzen – zugunsten der Kinder natürlich.
Sehr richtig. Aber Familienpolitik muss nicht nur ein Ruf nach subventionierten Kita-Plätzen sein. Und Mehrgenerationen Wohnen ist nicht nur ein Ansatz für die Kinderbetreuung, sondern auch eine Perspektive für eine alternde Gesellschaft, die nicht ins Altersheim abgeschoben werden mag.
Gute Replik, Herr Lüthi, wirklich gut.
Die Wirtschaft (unsere 1%) welche schlussendlich von der Leistung der Eltern profitiert, könnte auch etwas kreativer, flexibler und Kinderfreundlicher werden und z.B. ab einer gewissen Firmengrösse oder im örtlichen Zusammenschluss, eigene Betreuungsangebote für Kinder bis zum Schuleintritt anbieten. Jedoch ohne, die Kosten komplett auf die Eltern und nicht auf die Mitarbeiterlöhne abzuwälzen. Das würde doch kaum ins Gewicht fallen. Nur freiwillig, geht da halt leider nicht all zu viel. Und die soziale Politik scheint in ihrem Eifer nicht zu merken, dass dem sozialen Mittelstand einfach langsam wirklich die Puste ausgeht, bei all diesen Bedürfnissen und Wünschen. Mir scheint es fehlt der sozialen Politik inzwischen der Blick für das Große Ganze und die Fähigkeit, emotionslos, rational Prioritäten zu setzen. Man kämpft lieber an allen Fronten und Nebenschauplätzen, schießt dabei leider nicht selten auch noch übers Ziel hinaus und verliert dabei im Großen Ganzen.
1:99Z
Noch krasser, kann es ja eigentlich nicht mehr werden.